Kunstmühle (Papiermühle)

 

 

Im Jahr 1568 unterbreitete ein Papiermacher aus Lemgo (womöglich der Geselle Jost Richter) den Vorschlag eine Papiermühle in (Ober-)Kaufungen zu errichten. Da er es sich nicht selbst leisten konnte, ließ Landgraf Wilhelm die Papiermühle auf seine Kosten bauen.

 

1572 wurde die Mühle fertig gestellt und der Papiermacher nutzte sie in Pacht, die er allerdings erst ab 1577 zu zahlen hatte. Vorher hatte er sein hergestelltes Papier zu entrichten.

 

Der Standort der Mühle ist am östlichen Rand von Oberkaufungen, südlich der Leipziger Straße. Die Wasserspeisung erfolgte über einen künstlich angelegten Mühlgraben, der von der Losse abging.

 

Ein Riesumschlag (Schutzpapier für mehrere hundert Bögen Papier, meist mit Aufdruck des Herstellers/Papiermachers) von 1647 lässt aufschließen, dass die Papiermühle zu diesem Zeitpunkt noch zur Papierherstellung genutzt wurde.

 

Es ist teilweise nicht ganz eindeutig, wer die Besitzer der Papiermühle waren. In Streitigkeiten zwischen der Gemeinde Oberkaufungen und den Obervorstehern des Kaufunger Stifts über das Steuerkontingent aus den Jahren 1660/61, behauptet das Stift, dass die Papiermühle schon seit ewiger Zeit in deren Besitz ist.

 

Aus einem Lehnsbrief des Stifts ergeht, dass um 1706 Augustin Reiffenberg, 1734 sein Sohn Heinrich Reiffenberg und 1764 Johann Christoph Brücher (Schwiegersohn des Zweitgenannten) Pächter der Papiermühle waren.

Ca. 1795 wurde der Papiermacher/-müller Johann Gottfried Roeper Eigentümer der Mühle, nach ihm Christoph Roeper (Papierfabrikant) um 1823 und Conrad Roeper (Papierfabrikant) um 1835.

Eine andere Quelle nennt den Pächter um 1777 Christoph Prüger (möglicherweise ist der o.g. Johann Christoph Brücher gemeint).

 

Um 1830 wurden in Hessen Dampfmaschinen für die Herstellung von Papier eingesetzt. Zudem kam es, dass 1839 in Niederkaufungen eine Maschinenpapierfabrik gegründet wurde und weitere im Umkreis. Die Oberkaufunger Papiermühle schien sich nicht mehr zu rentieren und wurde 1840 zu einer Mahlmühle umgewandelt.

 

Ca. 1850 hat der Faktor Jean Euler die Mühle übernommen und um 1880 wurde der Müller Hermann Euler Besitzer, der ab dem Jahr 1900 zusätzlich Strom für die Lungenheilanstalt (heute DRK) lieferte. Im Jahr 1911 erwarb (…) Lederhose, Kassel die Mühle. Der Name Papiermühle änderte sich in „Kunstmühle“.

 

1928 ging die Kunstmühle in den Besitz von Karl Brübach über. Die Mühle wurde zum Mahlen von Getreide genutzt. Während des Zweiten Weltkrieges kam der Betrieb zum Erliegen. In den 1950er Jahren wurde er allerdings durch seinen Sohn Gottlieb Brübach bis 1989 wieder aufgenommen. Nach dessen Tod ging der der Betrieb an seinen Sohn Karl Brübach, der dort heute einen Landwarenhandel für Futtermittel betreibt. Der Mahlbetrieb ist noch möglich, wird aber nur selten genutzt.

 

 

 

 

Text von: Maren Witte (11.12.2007)

 

 

Quellen:

 

Arbeitskreis Heimatbuch: Wroz, Winfried et al (1985): 975 Jahre Kaufungen, 1011 – 1986. Hg. Gemeindevorstand der Gemeinde Kaufungen (Gesamtherstellung: Eiling & Roth)

 

Zeihe, Wolfgang (1967): Das Niederkaufunger Dorfbuch. Hg. Gemeinde Niederkaufungen

 

Brübach, Karl. Heutiger Besitzer der Kunstmühle. Gespräch vom 11.12.2007

 

 

 

 

Scholz, Th. Hans-Dieter,

“Wasser- und Windmühlen im Landkreis Kassel - Eine Bestandsaufnahme",

herausgegeben vom Regierungspräsidium Kassel,

Kassel 1996

 

Die Kunstmühle ist die oberste der sechs Wasserkraftanlagen in Kaufungen, die bis etwa 1980 an einem Betriebsgraben gelegen haben. Das zum Betrieb erforderliche Wasser wurde der Losse entnommen. Der Antrieb des Werkes erfolgt durch zwei Turbinen.. Die nutzbare Kraft beträgt ungefähr 70 PS = 29,8 kW. Betrieben werden bzw. wurden drei doppelte Walzenstühle, zwei Mahlgänge, ein Schrotgang, eine Putzerei, eine Kreissäge, ein Dynamo, eine Aspirationsanlage, ein Starkstrommotor, zwei Plansichter und eine Glattstuhl. An der Ableitungsstelle liegt ein automatisches Klappenwehr, das stets festgestellt ist. Die Stauhöhe ist auf 222,43 m ü. NN festgelegt. Das Niederschlagsgebiet beträgt für die Anlage 79,6 km². Das Eichpfahlprotokoll wurde am 3. Mai 1855 gefertigt. Danach wurde die Wasserkraft durch zwei Wasserräder genutzt. Der Betriebsobergraben ist 732 m und der -untergraben war 215 m lang. Er ist vor der Ortslage verkürzt worden. Der ursprünglich oberhalb der Kunstmühle bis unterhalb der Bunten Mühle verlaufende Betriebsgraben ist 1983/84 vom Schwimmbad ab bis zur Einmündung in die Losse verfüllt worden; das von der Kunstmühle genutzte Wasser wird nun dem früheren Abschlagsgraben zugeführt.

 

Über die Papiermühle in Oberkaufungen macht Fr. von Hössle im “Papierfabrikant”, Fachwissenschaftliche Beilage 1928, S. 339, folgende Angaben, die auch Bruno Jacob in seiner Arbeit über “Die (kur-) hessischen Papiermühlen” zitiert:

 

“... In dem Messinghammer, den 1528 Landgraf Philipp hatte anlegen lassen zur Verarbeitung des Kupfers aus dem Höllental am Meißner und der etwa 1560 nach Bettenhausen verlegt wurde in die Faustmühle, ließ Landgraf Wilhelm IV. um 1570 eine Papiermühle entstehen. Die Arbeiten müssen sich auf die Jahre 1568 bis 1572 erstreckt haben. Ein Schreiben aus der Kanzlei des Landgrafen, gez. Otto Plain, an den Sekretarius des Landgrafen Ludwig IV. zu Marburg vom 12. Juni 1578 gibt einige Nachricht über die Begründung jener Papiermühle. Den Anstoß zu ihrer Einrichtung gab ein Papiermacher aus Lemgo, dessen Name leider nicht genannt ist. Er hatte 1568 den leerstehenden Messinghammer besichtigt und vorgeschlagen, hier eine Papiermühle einzurichten. Da er aber mittellos war, führte Landgraf Wilhelm die Arbeit auf seine Kosten durch. Die Baukosten beliefen sich bei Fertigstellung im Jahre 1572 auf 150 fl. 2 alb. 11 Hlr., die der Landgraf vorschoss, respektive nur zum Teil dem Papiermacher mit 80 fl. in Rechnung stellte. Dieser hatte seine Erzeugnisse zunächst ausschließlich an die Kanzlei abzuliefern, wobei die Papiere wie folgt berechnet wurden: Der Ballen bestes Papier wurde mit 10 fl., der Ballen gewöhnlichen Papiers mit 7 fl., der Ballen grauen Papiers mit 3 fl. berechnet, der Gulden zu 27 alb. Für die ersten fünf Jahre war de Papiermacher frei von jedem Pachtgeld, von da ab leistete er jährlich 20 fl. á 27 alb. Es ist wahrscheinliche, dass ein Jost Richter, der 1577 vorkommt, identisch ist mit jenem Gesellen, der 1568 den Anstoß gab, die Papiermühle zu errichten. Dann ist er es auch der, der dem Landgrafen Wilhelm IV. den Vorschlag machte, die Pachtsumme zu verdoppeln, wenn man ihm gestatte, das für den Hof, die Hofküche und die Rentkammer zu liefernde Papier, statt zu den obigen Preisen so zu berechnen, wie er es am freien Markt verkaufen könne. Doch wir wissen nicht, ob das bewilligt wurde, da später noch die Papiermühle Bettenhausen gleichfalls zu festen Preisen an die Regierung zu liefern hatte. Dann aber schweigen für ein rundes Jahrhundert die Nachrichten über die Papiermacher. Erst wieder der Umschlag für ein Rieß, der im Staatsarchiv zu Marburg aufbewahrt wird, gibt uns Nachricht über einen Papiermacher. Der Umschlag trägt neben dem hessischen Löwen noch den Aufdruck: ;Register Pappier / gemacht zu Kauffungen / bey M. Hans Laubermann Pappier Macher daselbe’... Laubermann ist uns für die Jahre 1673/74 in Kaufungen bezeugt. Der nächste dort genannte Papiermacher ist Hermann Spieß im Jahre 1704. Er war vorher Papiermacher in der den Herren von der Schulenburg bei Hehlen gehörigen Papiermühle gewesen und bewarb sich um die Papiermühle zu Bettenhausen. Für das Jahr 1734 ist für Oberkaufungen wieder Heinrich Reissenberg bezeugt. Dann fehlen wieder die Namen, bis 1832 Papierfabrikant Karl Ludwig Röper zu Oberkaufungen als Taufpate im Kirchenbuch zu Friedewald vorkommt. 1836 ist dieser schon verstorben und seine Witwe leitet den Betrieb. Etwas später scheint ein Papierfabrikant Carl Gottfried Schröder dort zu arbeiten und 1847 wird ein Papiermüller Rösser von Oberkaufungen genannt, wenn es sich hier nicht um einen Leserfehler für einen Röper handelt.

 

Pfister, Landeskunde, S. 131, Landau, Kurfürstenthum, S. 167, sagt ,.die frühere Papiermühle wird jetzt in einen Eisenblechhammer umgeschaffen’. Laut Kirchenbuch Bettenhausen erscheint unterm 18. Mai 1719 der Papiermacher Peter Joh. Henrich Reiffenberg zu Oberkaufungen als Pate des Johann Henrich Becker, Sohn des Andreas Becker, Papiermacher zu Bettenhausen. Am 6. Mai 1722 wird im Kirchenbuch Bettenhausen der verstorbene Papiermacher Joh. Bierwolf als Vater des Schuhmachers Franz Bierwolf genannt.

 

Am 12. Okt. 1723 wird laut Kirchenbuch Bettenhausen der verstorbene Papiermachergeselle Andreas Hollenbacher als Vater des Schneiders Stephan Hollenbach erwähnt.

Im Saalbuch des Amts Kassel von 1588 wird die ,Bappeir moelen’ auf den Landgrafen zuständig genannt, sie gibt 20 fl. á 27 alb. Zins.

Die obige Bemerkung Landaus scheint irrig und sich auf Bettenhausen zu beziehen. Nach Gilsa, Kaufungen, S. 36 Anm., zahlte die Papiermühle an das Stift 50 fl. im Jahresdurchschnitt 1708 - 1716.”

 

Quelle:

Wasserbuchakten des Reg.-Präs. Kassel - 42.2 WNr. Fulda A1c/150 - 154. Fulda A 5/363 und Fulda A5/336; Erhebung 1956, Bruno Jacob

Eigentümer: Gottlieb Brübach, Kunstmühle, 34260 Kaufungen, Hess

davor: Philipp Pfeil, Heinr. Lederhose, Hagelsieb (1855)

TK 25 4723 Oberkaufungen R 35 45 100 H 56 82 720