Querschnittsaufgabe Kulturelle Bildung für angehende Lehrkräfte institutionalisiert

Kurzbeschreibung

Dieses Studienprofil fördert eine experimentierfreudige Haltung und betrachtet Lernen als eine erlebnisorientierte Erfahrung. Teilnehmende haben die Gelegenheit, durch vielfältige Differenzerlebnisse ihre Perspektiven zu erweitern und kreative Ansätze zu erforschen. Dieses Projekt bietet eine inspirierende Umgebung, in der die individuelle Komfortzone erweitert werden kann, um pädagogische Fähigkeiten zu entwickeln. Dabei stehen Reflexion und Modifikation von Überzeugungen und Handlungsmustern im Zentrum, ohne den akuten Handlungsdruck einer Unterrichtssituation innerhlab der ästhetisch-künstlerischer Praxis.

Hochschuldidaktische Innovation

Im Zentrum des Projekts stand die Entwicklung und wissenschaftliche Begleitung eines Seminarkonzepts zur Förderung einer experimentierenden Lernhaltung, in dem Lehramtsstudierende der Bereiche Kunst, Musik, Sport und „Ästhetische Bildung und Bewegungserziehung“ Erfahrungen mit ergebnisoffenen Gestaltungsprozessen sammeln und diese reflektieren konnten. Ziel des Projekts war es, hochschuldidaktische Potenziale auszuloten und im Rahmen der Seminarentwicklung fruchtbar zu machen, die sich aus der interdisziplinären Zusammenarbeit für die Lehrer:innenbildung in den ästhetischen Fächern ergeben. Darauf aufbauend wurde das Studienprofil KuPra (Kulturelle Praxis an Schulen) entwickelt. Hier haben Studierende, unabhängig davon, welches Fach sie studieren, die Möglichkeit, Erfahrungen in ästhetisch-künstlerischer Praxis (z.B. Literatur, Bildende Kunst, Musik, Tanz, Theater) zu sammeln. Die angehenden Lehrkräfte werden vorbereitet, Kinder und Jugendliche bei der Entfaltung ihrer ästhetisch- expressiven Potenziale, interdisziplinär und multiprofessionell zu unterstützen. Die Studierenden qualifizieren sich für Aufgaben im Bereich der kulturellen Schulentwicklung und lernen Kulturelle Bildung auch als nicht fachgebundene Querschnittsaufgabe von Schule und Unterricht kennen.

Ausgewählte Forschungsbefunde

  • Interdisziplinäre Fächerverbindung kann einen besonderen Beitrag zur Professionalisierung von Lehramtsstudierenden in den ästhetischen Fächern leisten
  • Frühzeitige Fokussierung auf schuldidaktische Perspektive und Produktorientierung erschweren ein Einlassen auf offene gestalterische Prozesse
  • Sicherheits- und Zugehörigkeitsgefühl als Voraussetzung für das gemeinsame Experimentieren und Gestalten
  • Materialien wie der „Tanzsack“ können förderlich für Explorations- und Zeigebereitschaft sein

Die qualitative Begleitforschung zum Projekt hat gezeigt, dass die interdisziplinäre Fächerverbindung einen besonderen Beitrag zur Professionalisierung von Lehramtsstudierenden in den ästhetischen Fächern leisten kann.  Es wurden durch das interdisziplinäre Arbeiten vielfältige Anlässe für Differenz-Erlebnisse gegeben, die zur Reflexion und zur Modifikation bestehender Überzeugungen und Handlungsmuster anregen (Voss & Freytag, 2022). Dabei haben sich verschiedene Faktoren als unterstützend bzw. hemmend für die Explorationsbereitschaft der Studierenden erwiesen. Als unterstützend hat sich erwiesen, in den Gestaltungsprozessen fließende Übergänge zwischen den Spartengrenzen zu ermöglichen, eine frühzeitige Fokussierung auf die schuldidaktische Perspektive zu vermeiden und den Fokus stärker auf den Prozess und dessen Reflexion als auf die Produkte zu legen. (vgl. Freytag, Mutschall, Voss, 2019).

Als besonders relevant für das Gelingen der interdisziplinären Zusammenarbeit hat sich das Sicherheitserleben bei den Studierenden zu Beginn der gemeinsamen Arbeit herausgestellt (vgl. ebd.). In Bezug auf Exploration im (kreativen) Tanz gibt es Hinweise darauf, dass der Einsatz von Materialien bei Einsteiger:innen einen wichtigen Beitrag dazu leisten kann, sich auf offene improvisatorische Prozesse einzulassen. (vgl. Freytag & Voss, 2022). Durch das Improvisieren im Tanzsack gelang es den Studierenden bemerkenswert schnell, ungewohnte Bewegungs- und Improvisationsaufgaben zu erproben. Der Tanzsack wirkte sich positiv auf das Erleben von Anonymität und Schutz aus und die besondere Materialität des Tanzsacks, die wir Flexible Widerständigkeit nennen, unterstützte in einigen Fällen die Explorationsbereitschaft (ebd.).

Weiterführende Informationen

Studienprofil Kulturelle Praxis an Schulen (KuPra)

Publikationen

Freytag, Verena & Voss, Christiana (2022): Irgendwas hat der Tanzsack bewirkt“ - Eine qualitative Studie zum Einsatz von Tanzsäcken in der Bewegungsimprovisation. In: KULTURELLE BILDUNG ONLINE. doi.org/10.25529/sa54-vj51.

Freytag, Verena., Mutschall, Frauke, & Voss, Christiana (2019). Förderung einer experimentierenden Lernhaltung – Lehrer(innen)handeln in offenen gestalterischen Prozessen. In: M. Hartmann, R. Laging & C. Scheinert (Hg.): Professionalisierung in der Sportlehrerbildung – Konzepte und Forschungen im Rahmen der Qualitätsoffensive Lehrerbildung (S.84–96). Baltmannsweiler: Schneider Verlag Hohengehren.

Voss, Christiana & Freytag, Verena (2022). Interdisziplinarität als Chance Ästhetisch-künstlerische Praxis in Musik, Tanz und bildender Kunst erproben und reflektieren. In: DiMawe – Die Materialwerkstatt, Heft 4/4, S. 23–32. https://doi.org/10.11576/dimawe-4910

Ansprechpersonen

Projektleitung:

Prof. Dr. Verena Freytag
freytag@uni-kassel.de


Beteiligt von 2015-2018:
Prof. Dr. Frauke Heß

Prof. Dr. Tanja Wetzel
TanjaWetzel@uni-kassel.de

Frauke Mutschall
frauke.mutschall@uni-kassel.de

Christiana Voss