Veröffentlicht | Projekt: Stadtwende Auf dem Weg zum „Zukunftszentrum“ in Halle (Saale)
Projekt: Stadtwende
Auf dem Weg zum „Zukunftszentrum“ in Halle (Saale)
Das größte Bauvorhaben des Bundes in diesem Jahrzehnt wird in die Stadt an der Saale kommen, das „Zukunftszentrum deutsche Einheit und Europäische Transformation“. Diese Institution ist ein Reflex auf die „Wende“ von 1989/90 und soll die bisherige Transformation würdigen, zugleich aber aktuelle Umgestaltungen in Europa befördern. Ob dafür die Chiffren Energiewende, Verkehrswende, Agrarwende, Klimawende oder Stadtwende stehen, gilt es zu ergründen. Das Zentrum soll dazu beitragen, gängige Pfade zu verlassen, um die Zukunft mit europäischer Perspektive demokratischer, ökologischer, nachhaltiger, sozialer, sicherer usw. zu gestalten. Ausgangspunkt sind die Transformation in der DDR, die „Wende“, und die deutsche Einheit. Dabei spielt die Stadt eine mehrdimensionale Rolle, was gerade in Halle prägnant erlebbar wird.
Stadtwende-Halle
Neben dem Schlüsselort für den Beginn einer Stadtwende in der DDR ab 1970, Altstadt Greifswald, gewinnt Halle (Saale) die Bedeutung als eine Modellstadt für das Lernen von Stadt-Transformation. Die Ausstellung Stadtwende-Halle, als Teil des Forschungsprojektes Stadtwende, bot dafür einen wichtigen Trittstein auf dem Wege zur Bewerbung um das Zukunftszentrum. Diese Ausstellung im Stadtmuseum Halle fungierte als ein Experiment, das komplexe Thema Transformation von Stadt und Region als baulicher und historischer Lernort, als Reallabor der agierenden Stadtgesellschaft und als transformativer Erfahrungsraum, darzustellen, Menschen zum Mittun einzuladen und Brücken zwischen Generationen zu bilden. (Kegler u.a. 2022) An der Ausstellung wirkten Bürgerinitiativen von vor 1989 ebenso mit, wie Schülergruppen, Studierende, Fachleute oder Stadt-Interessierte von heute. Es wurden keine fertigen Antworten präsentiert, sondern zur Entdeckung, zum Diskurs und zum Weiterdenken eingeladen.
Europäisches Transformationszentrum
Am 15. Februar 2023 entschied eine prominent besetzte Jury den Wettbewerb für den Standort des „Zukunftszentrums deutsche Einheit und Europäische Transformation“, den die Bundesregierung ausgelobt hatte, nach Halle (Saale) zu vergeben und dort bis 2028 zu bauen. (bundesregierung.de) Die Stadt erfüllte die Kriterien der Auswahl optimal und ist selbst – auch zusammen mit der Region – ein beredter Lernort der Transformation, vor und nach der „Wende“. (Kegler 2020, 224)
Es handelte sich zwar um einen Wettbewerb, bei dem der Standort erkoren wurde, doch nun rücken Kooperation und Austausch zur Deutung von Geschichte und Suche nach adäquaten Zukunftsstrategien für ein demokratisches Europa in den Mittelpunkt. Das Zukunftszentrum kann Katalysator eines solchen Prozesses werden, welches Funktionen wie etwa die eines Resilienzzentrums mit Forschung und Visionsbildung, eines anregenden Kommunikationsortes für Schulklassen und Fachleute, eines Ortes der Meinungsbildung für die Stadtgesellschaft und ein Anlaufpunkt für Touristen vereint. Die konkreten Funktionen werden aber noch im Dialog zu erringen sein. Die avisierte Architektur des Bauwerks am Riebeckplatz in Halle soll eine nachhaltige Botschaft für eine demokratische Stadtwende senden. Die Ansprüche sind zurecht hoch gesetzt, es kommt darauf an, sie kooperativ auszufüllen.
Harald Kegler, Prof. Dr. habil., SRL, Universität Kassel, Lehrgebiet Planungsgeschichte / nachhaltige Raumplanung
Auszug aus der Veröffentlichung der PlanerIn 2_23 im April 2023, S. 40-41