Der BBSR Research Prototype 2022 ist ein experimenteller Forschungsdemonstrator in der Schnittstelle aus KI-Algorithmen, digitalen Konstruktionsprinzipien und automatisierten Fertigungsprozessen. Das Verbundforschungsprojekt 3DWoodWind Research Prototype von der Universität Kassel wurde beauftragt, die Holzdachstruktur zu entwickeln und als Messestand für die DigitalBAU 2022 zu realisieren.

Mit diesem anwendungsbezogenen Forschungsprojekt möchte das Innovationsprogramm Zukunft Bau den Wissenstransfer von Forschungsergebnissen in die praktische Anwendung stärken. Dabei sollen die digitalisierten Bau- und Planungsprozesse, neue Materialien und Techniken sowie architektonische Gestaltungsqualitäten und Zukunftsperspektiven angesprochen werden. Mit dem Forschungsprojekt sollen die wissenschaftlichen Erkenntnisse über neue und innovative digitale Prozessstrukturen in der Gestaltung, Fertigung und Montage an einem real erlebbaren Forschungsdemonstrator für die (Fach-) Öffentlichkeit auf der Messe digitalBAU 2022 sichtbar gemacht werden. Das Forschungsprojekt hat das Ziel, innovative und durchgängige digitale Prozessketten in einem Leuchtturmobjekt mit hoher architektonischer und räumlicher Qualität zu manifestieren. Dabei liegt der Fokus auf einer durchgängigen digitalen Prozesskette und einer Multifaktorenoptimierung von verschiedenen Kriterien mittels (KI-)Algorithmen. Die experimentelle Dachstruktur soll exemplarisch zeigen, wie sich die Prozessketten über den gesamten Lebenszyklus von der Ideenfindung über Gestaltung, Entwicklung, Konstruktion, Montage bis zum Rückbau durch intelligente und innovative Planungs- und Fertigungswerkzeuge verändern können und welche Potentiale dadurch entstehen.

Für dieses anwendungsbezogene Forschungsprojekt wurde ein wettbewerblicher Dialog mit offenem Teilnahmewettbewerb durchgeführt. Als Siegerentwurf hat das interdisziplinäre Preisgericht das Verbundforschungsprojekt 3DWoodWind Research Prototype der Universität Kassel ausgewählt. Das Ergebnis wird während der Fachmesse digitalBAU 2022 in Köln mit einem innovativen Ausstellungskonzept vom BBSR präsentiert und durch Fachvorträge begleitet.
 

Konzept und erste Projektergebnisse

Forschungsleitfragen:

  1. Wie verändert sich der Gestaltungs- und Entwicklungsprozess durch Maschinelles Lernen?
  2. Welche neuen architektonischen Qualitäten und Ausdrucksformen ergeben sich durch KI und automatisierte Fertigungsprozesse?
  3. Wie können durch Algorithmen verschiedene Faktoren mit unterschiedlichen Zielparametern optimiert werden?


Der 3DWoodWind Research Prototype hat zum Ziel eine neue Generation von additiven Technologien im Holzbau aufzuzeigen: Dreidimensionale robotische Wickelverfahren für materialeffiziente Hohlprofil-leichtbauteile. Dabei ermöglicht eine KI gesteuerte Entwurfslogik die intelligente Kombination und Auslegung modular aufgebauter Bauteile zu mehrgeschossigen Strukturen, die durch ihre hohe Leistungsfähigkeit in Zukunft als Substitution von Beton- oder Stahlsystemen dienen können.  Der Entwurf des BBSR Research Prototype Realisierungswettbewerbes basiert auf einer roboterbasierten Bautechnik im Zusammenspiel von Nachhaltigkeit und Tragwerk mit Methoden des Maschinellen Lernens. Dazu wurde ein Verbund aus drei Partnern gebildet, welcher die Kompetenzen zu Architektur und Digitaler Fabrikation (Prof. Philipp Eversmann), Maschinellem Lernen als Entwurfswerkzeug für Nachhaltigkeit (Prof. Dr.-Ing. Philipp Geyer), und Tragwerksentwurf und materialeffizienter Optimierung (Prof. Dr.-Ing. Julian Lienhard) ideal kombiniert.


Additive Fertigung im Holzbau

In der Baubranche sind zunehmend ressourceneffiziente Bauweisen gefragt. Das von Zukunft Bau geförderte Forschungsvorhaben 3DWoodWind untersucht additive Auftragsmethoden von Furnierholz-Endlosbändern, um neuartige Leichtbaukonstruktionen zu ermöglichen. Diese dreidimensionalen Wickelprozesse haben ein hohes Innovationspotenzial, da Hohlbauteile aus Furnierholz mit angepassten strukturellen Eigenschaften entwickelt werden können. Hierzu wird die natürliche Faserrichtung des Holzes ausgenutzt und strukturell optimiert, woraus nicht nur hoch performante Bauteile resultieren, sondern gleichzeitig auch äußerst materialeffizient und nachhaltig mit der aktuell immer knapper werdenden Ressource Holz umgegangen wird. Innerhalb des Forschungsprojekts werden Fragestellungen zu einem geeigneten Materialsystem im Bezug zur automatisierten Prozesstechnik, resultierender Oberflächenqualität, Skalierbarkeit und Bauteilpräzision, möglichen Bauteilformen, sowie generellen Möglichkeiten und Grenzen dieser Herstellungstechnik untersucht. Aktuell werden schon die ersten großmaßstäblichen Prototypen in dem Forschungslabor für Architektur Produktion gefertigt, einem DFG Großgerät des Fachgebiets von Prof. Eversmann. Begleitet werden die fertigungstechnischen Aspekte von Fachspezialisten der Firmen Heitz Furnierkanten (Furniere), Jowat (Klebstoffe) und Oest (Dosiertechnik).


In dem direkt angrenzenden Labor von Prof. Lienhard wird die strukturelle Leistungsfähigkeit der Bauteile im Prüfstand in den nächsten Wochen präzise ermittelt, um die bereits über Finite Elemente berechnete Dimensionierung des Tragwerks zu validieren und die mechanischen Kennwerte in der Berechnung zu präzisieren. In weiteren Schritten werden dann über die Materialexperimente das Tragwerk und seine Verbindungstechnik schrittweise auf Materialeffizienz optimiert.


Maschinelles Lernen als nachhaltiges Entwurfswerkzeug

Um ressourceneffizientes Bauen zu unterstützen, entwickelt die Gruppe von Prof. Geyer im Projekt 3DWoodWind eine parametrische digitale Modellierung und KI als Entwurfsassistenz. Diese Methoden bilden ein System, das den Entwurf solcher, innovativer Strukturen als Gebäudesystem unterstützt und hilft, besonders effiziente Varianten zu entwickeln. Maschinelles Lernen (ML) dient dazu, das Verhalten der Tragstruktur aber auch das energetische Verhalten in einem datengestützten Modell abzubilden, das den Entwurfsprozess in Echtzeit unterstützt. Dies ist die Grundlage für ein ML-gestütztes Assistenzsystem, das direkt in die Entwurfsumgebung eingebettet entsprechend der gewählten Randbedingungen interaktiv Vorschläge liefert, die in Bezug auf die relevanten Faktoren optimiert und effizient sind zugleich jedoch den Gestaltungswünschen gerecht werden. Auf diese Weise wird es möglich, diese anspruchsvolle, filigrane und nachhaltige Bautechnik so wie andere Bautechniken für Büro- und Wohngebäuden einzusetzen.