Prof. Dr. Bernhard Hörning

Beratung und Forschung für eine artgerechte Tierhaltung

Dem Witzenhäuser Fachbereich bin ich sowohl über das Studium (1984-1991), als auch als ehemaliger Mitarbeiter (1993-2005) eng verbunden.

Im Zuge der steigenden gesellschaftlichen Debatte über Umweltprobleme (Waldsterben, Ozonloch, Atomkraft) ab den 1970er Jahren wuchs auch das Interesse an Alternativen zur konventionellen Landwirtschaft. Anfang der 1980er war der Ökolandbau aber noch ein zartes Pflänzchen; es gab erst etwa tausend Bio-Betriebe und nur wenige Bioverbände, die EU-Bio-Verordnung kam erst 1991.

Prof. Dr. Bernhard Hörning - Diplome Agrarwirtschaft und Ökologische Umweltsicherung, Abschluss 1991. Aktuell: Fachgebietsleiter für Ökologische Tierhaltung, Hochschule für nachhaltige Entwicklung Eberswalde.

Volle Hörsäle in den 1980er Jahren

Die 1981 in Witzenhausen eingerichtete erste Professur für Ökolandbau motivierte viele zu einem Studium in Witzenhausen. So waren wir eine bunte Mischung aus „Ökos“, „Internationalen“ und den klassischen Hofnachfolgern. Die Studienbedingungen waren anders als heute. Wir waren 220 im Jahrgang, die Hörsäle daher oft überfüllt. Als Lehrform dominierte die Vorlesung. Die Lehrinhalte im Grundstudium waren sehr konventionell, es gab zum Teil heftige Diskussionen mit den Professoren.

Daher haderte ich lange, ob ich das Studium beenden sollte, und versuchte, mich mit Wahlfächern zu motivieren. Die Wende kam dann mit dem Praktikum im 5. Semester. Dies absolvierte ich beim Verein für eigenständige Regionalentwicklung. Die VER-Berater*innen halfen Betrieben, die sich für damals sehr seltene Einkommensalternativen wie hofeigene Verarbeitung, Direktvermarktung oder Alternativenergie interessierten. Neu motiviert ging ich dann ins Schwerpunktstudium Tierproduktion, wo es dann auch andere Lernformen gab. Positiv in Erinnerung geblieben sind mir die Umstellungsübungen, die von Mitarbeitern von Prof. Vogtmann betreut wurden, oder das Seminar Tierproduktion, wo unsere Referate gemeinsam von den drei Tier-Professoren Biedermann, Boehncke und Burgstaller zur Diskussion gestellt wurden. Im Hauptstudium fand ich dann auch zu meinem eigenen Interessensschwerpunkt, der artgerechten Tierhaltung (Projekt- und Diplomarbeit, Gründung eines studentischen Arbeitskreises).

Von der Beratung zur Forschung

Im Anschluss an das Studium baute ich daher 1989 ein Beratungsbüro mit auf, die Beratung Artgerechte Tierhaltung (BAT). Wir berieten bundesweit Landwirt*innen zum Stallumbau, hielten Vorträge und wirkten an verschiedenen Projekten mit. Im Rahmen eines Buchprojektes zur artgemäßen Hühnerhaltung lernten wir Dr. Detlef Fölsch von der ETH Zürich kennen. 1993 konnte ich dann wissenschaftlicher Mitarbeiter an seinem neuen Lehrstuhl in Witzenhausen werden, aufgrund meines Aufbaustudiums Ökologische Umweltsicherung hatte ich die Promotionsberechtigung. Der Beginn von Prof. Fölsch war 1993 zugleich Startpunkt für den neuen Studienschwerpunkt Ökolandbau. Während meiner Tätigkeit an der damals sogenannten GhK (Gesamthochschule Kassel) wirkte ich in Gremien zur Entwicklung der Studiengänge, des Fachbereichs und des Versuchshofs Frankenhausen mit. In der Forschung beschäftigte ich mich vor allem mit alternativen Haltungssystemen (z. B. eingestreute Haltungssysteme für Rinder oder Schweine, Ausläufe für Legehennen).

Mit dem Auslaufen meiner Qualifikationsstellen kam die Ausschreibung einer Tier-Professur im neuen Studiengang zum Ökolandbau an der Fachhochschule Eberswalde gerade recht, die ich dann 2005 besetzen konnte. In der Lehre musste ich mehr Themen als zuvor behandeln, wodurch aber auch Querbezüge sichtbar wurden. In der Forschung beschäftige ich mich weiterhin mit artgerechten Haltungssystemen (z. B. Mobilställe für Hühner), zunehmend auch mit Alternativen in der Tierzucht (z. B. langsamer wachsende Hähnchen, Zweinutzungshühner). Für den Praxisbezug sorgt ein Netzwerk von Partner-Biobetrieben.

Positiv in Erinnerung geblieben ist mir vom Agrarstudium in Witzenhausen (neben dem starken Praxisbezug), dass trotz des Pflichtprogramms genug Freiraum blieb, um sich auszuprobieren und eigene Interessensschwerpunkte zu finden. Als Mitarbeiter habe ich vom Erproben alternativer Lernformen profitiert. Insgesamt denke ich gerne an meine lange Zeit in Witzenhausen zurück und finde auch immer mal wieder den Weg ins schöne Werratal.

Kommentare

Hubert Weissmantel: Schön, dass du in deinem Bericht den Verein für eigenständige Regionalentwicklung in Hessen erwähnst. Dieser Ansatz wurde ja ab 1987 systematisch von der Politik (übrigens auch von den hessischen Grünen ab Anfang der 90iger Jahr) abgelehnt und auch die ausserparlamentarischen Akteure brachten nicht mehr die Kraft auf, eine "eigenständige" Entwicklung für den ländlichen Raum einzufordern. So blieb und bleibt es bei Stückwerk---hier ein bischen EuFörderung mit Leader, dort Ökolandwirtschaft , woanders Dorferneuerungprogramme usw. alles schön politisch unter Kontrolle und was ENTWICKLUNG bedeuten könnte oder sein könnte--wird über staatliche Förderprogramme definiert und durchgesetzt. Viele Grüsse von einem ehemaligen Regionalberater aus deiner Praktikumszeit

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