Langzeitüberwachung

Langzeitüberwachung von großen
solarintegrierten Wärmeversorgungsanlagen

Solaranlagen zur Trinkwassererwärmung und zur Heizungsunterstützung sind im Ein- und Zweifamilienhausbereich in großer Anzahl im Einsatz. Bei diesen Systemen gilt die Technik als ausgereift. Obwohl die spezifischen Systemkosten mit zunehmender Größe der Solaranlagen abnehmen, sind Anlagen mit über 100 m² Kollektorfläche bisher noch nicht sehr verbreitet. Diese Systeme werden im Gegensatz zu den o.g. Kleinanlagen weniger „von der Stange“ gekauft, sondern meist individuell geplant. Dabei ist eine besondere Sorgfalt bei der Dimensionierung und Abstimmung der einzelnen Anlagenkomponenten aufeinander wichtig.

Im BMU-Forschungsprogramm Solarthermie 2000 (Teilprogramm 2) wurden solche Systeme detailliert vermessen und untersucht. Dabei wurden an einer Vielzahl von Anlagen Mängel gefunden, die den Systemertrag stark negativ beeinflussen können. Weiter wurde festgestellt, dass viele dieser Mängel ohne intensive Vermessung und zeitaufwändige Auswertung der Messdaten womöglich nie erkannt worden wären. Da diese detaillierte Betreuung nur im Rahmen von Forschungsprojekten möglich ist, ist ein kostengünstiges Verfahren zur Langzeitüberwachung großer solarunterstützter TWW-Bereitungssysteme erforderlich.

Allerdings sind die Schwierigkeiten für die Langzeitüberwachung eines solarthermischen Systems deutlich größer als bei vielen anderen Anlagen. So ist z. B. der Betrieb dieser PV-Zelle bei Kenntnis der zugehörigen Wirkungsgradkennlinie und bei Messung von solarer Einstrahlung und Zellspannung schon in einer einfachen Form kontrollierbar.

Hingegen hängt die Leistungsfähigkeit eines großen solarintegrierten Wärmeversorgungssystems unter anderem von folgenden Faktoren ab [Rem98]:

-          Bauart der Kollektoren, deren Aufstell- und Ausrichtungswinkel

-          solarer Deckungsgrad und Systemnutzungsgrad,

-          Wetter- und Solarstrahlungsbedingungen im betrachteten Zeitraum am Standort,

-          Auswahl, Zusammenspiel und Funktionsfähigkeit der einzelnen Komponenten des Systems.

Jeder einzelne Faktor kann die Gesamtleistung des genannten Systems stark beeinträchtigen.

Grundlage des in diesem Forschungsvorhaben durchgeführten Feldtests war ein Überwachungskonzept, bei dem die Auswertung der Messdaten und damit die eigentliche Funktionskontrolle nicht am Anlagenstandort selber, sondern auf einem sich zentral in den Räumen der Univ. Kassel befindlichem Rechnersystem ablief (s. Abb. 1 ). Dieses Vorgehen verspricht eine universelle Überwachung aller Systeme, die Messdaten in einer datenbank­importgerechten Form zur Verfügung stellen können.

 


Abb. 1 : Schema der Messdatenaufnahme und -speicherung

Das im Rahmen dieses Forschungsvorhabens vorgeschlagene Überwachungsverfahren besteht aus den Teilverfahren

  1. (Sensor)ausfallprüfung
  2. Plausibilitätsuntersuchungen mittels Messdatenauswertung
  3. Simulationsgestützte Ertragskontrolle

Zu 1.: Die (Sensor)ausfallprüfung identifiziert ausgefallene Messsensoren und detektiert Datenlücken in den Messdaten.

Zu 2.: In dieser Prüfung werden programmierte Algorithmen dazu benutzt, die Messdaten auf unplausible (fehlerhafte) Systemzustände hin zu untersuchen.

Zu 3.: Abschließend wird eine Nachsimulation des Anlagenbetriebs durchgeführt, bei der die Messdaten von Einstrahlung und Zapfprofil als Eingangsgrößen eingehen. Der Vergleich zwischen simulierten und gemessenen Tageserträgen lässt wiederum Rückschlüsse auf die Korrektheit des Anlagenbetriebs zu. Abb. 2 zeigt ein Auswertungsbeispiel. Die durchgezogene blaue Kurve zeigt gemessene Tagesenergieerträge am Solarwärmeübertrager. Die gleichfarbig gestrichelt dargestellten Kurven verbinden gemessene Tageserträge unter der Annahme, dass sich Messfehler jeweils zu einem Maximal- bzw. Minimalwert kumulieren. Sie spannen somit einen Vertrauensbereich auf, in dem sich der simulierte Wert befinden sollte. Zur Überprüfung wird dieser Vertrauensbereich der Messung mit unter gleichen Randbedingungen simulierten Daten verglichen. Dazu wurde ein weitgehend standardisiertes TRNSYS-Deck an das installierte System angepasst, wodurch der Anpassungsaufwand für neue Systeme gering gehalten werden konnte. Auch die Simulationsergebnisse sind fehlerbehaftet. Durch differentielle Sensitätsanalysen konnten die bzgl. des Solarertrags einflussreichsten Parameter und Eingangsdaten ermittelt werden.  Für diese Größen werden jeweils plausible Toleranzen angenommen und damit ein Vertrauensbereich der Simulation berechnet. An einem Tag mit ungestörtem Anlagenbetrieb müsste daher eine Überschneidung zwischen simuliertem und gemessenem Vertrauensbereich vorliegen. In dem in Abb. 2 dargestellten Zeitraum ist der gemessene Ertrag bis zum 20. Juli unterhalb der Erwartung, danach wurde die Anlage repariert und funktionierte anschließend fehlerfrei.


Abb. 2 : Berechneter und simulierter Energieertrag am Solarkreiswärmeübertrager einer großen Solaranlage in Leipzig (Joh.-R.-Becher-Str.)

Das Gesamtverfahren wurde bisher an eigenen Messdaten getestet. An Messdaten aus dem Forschungsprogramm Solarthermie 2000 (Teilprogramm 2) konnte angesichts der gröberen Zeitauflösung nur das Teilverfahren der „simulierten Ertragskontrolle“ erprobt werden. Dabei konnten eine Reihe von kleineren Fehlern wie z. B. Regelstörungen, aber auch schwerwiegende Funktionsstörungen detektiert werden. Desweiteren konnte festgestellt werden, dass Störungen z. T. erhebliche Ertragseinbußen nach sich zogen, aber häufig nicht zu einem dauerhaften vollständigen Systemausfall führten. Dabei sind besonders Störungen, die nur in bestimmten Betriebszuständen auftreten, ohne (automatisierte) Funktionskontrolle kaum oder gar nicht detektierbar. Für eine breite Anwendung sollte anstelle des PC-Systems als Datenlogger (Mess-PC in Abb. 1 ) eine für das Problem angepasste Lösung gefunden werden.

Projektförderer sind die Rudolf Otto Meyer-Umwelt-Stiftung sowie die Firma Wagner & Co. Solartechnik Cölbe. Dank gilt auch an Thomas Freitag und Jens Göring von der TU Chemnitz, sowie Lars Staudacher vom ZAE Bayern für die Überlassung von Messdaten.