13.08.2013 | ITeG

13.08.13, Wettbewerb: Informatik-Teams ermitteln den perfekten Vornamen fürs Kind

Soll das Kind nach Opa Gustav heißen oder nach Fußballstar Ronaldo? Informatiker der Uni Kassel koordinieren einen internationalen Wettbewerb für eine Namenvorschlagsmaschine im Netz. Dahinter stehen Algorithmen, die auch Internet-Kaufhäuser verwenden.

Ob Bub oder Mädchen - wie schwer es sein kann, einen passenden Vornamen für das eigene Kind zu finden, erlebte der Kasseler Informatiker Folke Mitzlaff, als vor einem Jahr die Geburt seiner jüngsten Tochter anstand. „Anders als früher beziehen Eltern heute eine Vielzahl von Faktoren in die Entscheidung mit ein“, sagt Mitzlaff, der wissenschaftlicher Mitarbeiter am Fachgebiet Wissensverarbeitung der Universität Kassel ist: „Folgen wir dem Trend oder missachten wir ihn bewusst? Gleichzeitig sind Rollenmodelle, Vorbilder oder auch abschreckende Beispiele durch die globale Vernetzung viel präsenter als noch vor zwei Generationen.“ Auch seien manche Eltern durch Berichte über soziale und wirtschaftliche Benachteiligung von Kindern aufgrund ihres Vornamens verunsichert.
 
Der Informatiker Mitzlaff wendete Methoden der Wissensverarbeitung auf das Problem an. Dabei entstand Anfang 2012 die Vornamensuchmaschine Nameling (http://nameling.net), die werdenden Eltern Empfehlungen unterbreitet. Die Suchmaschine erweitert nun ihre Funktionen und greift dabei auf ein Verfahren zurück, wie es auch erfolgreiche Internet-Kaufhäuser anwenden: „Kunden, die diesen Artikel angesehen haben, kauften auch…“, heißt es da häufig. Nun soll es heißen: „Eltern, denen Gustav gefällt, gefällt auch ….“

Schon bisher konnte nameling.net mehr als ein klassisches Vornamen-Lexikon: Die Suchmaschine führte Vornamen nicht alphabetisch an, sondern fragte den Nutzer nach einem Namen, der ihm gefällt und schlug Alternativen vor, die im Internet in ähnlichen Kontexten auftauchen. Nun gehen die Kasseler Informatiker noch einen großen Schritt weiter. „Wir können die Vorschläge jetzt personalisieren“, erklärt Mitzlaff. Die Nutzer erhalten Empfehlungen nun nach Suchprofilen – dem eigenen oder denen von früheren Nameling-Nutzern. Also: Viele Nutzer, die nach Gustav suchten, haben vielleicht auch nach Theodor oder Emil oder Adalbert gesucht und positiv bewertet. „Nach einem Jahr Betrieb von namling.net haben wir dafür jetzt genügend Daten“, so Mitzlaff: Bisher haben über 65.000 Nutzer aus über 40 Ländern Nameling verwendet, in den meisten Fällen werdende Eltern. Zudem bietet Nameling nun die Möglichkeit an, Namensvorschläge zu einer eingegebenen Liste mehrerer Namen anzuzeigen. So können Nutzer zum Beispiel gezielt nach passenden Vornamen zu den Namen der Eltern oder Geschwister suchen.

Wie genau die Suchmaschine programmiert wird, ist Gegenstand eines wissenschaftlichen Wettbewerbs, an dem sich 17 Forscherteams oder einzelne Wissenschaftlerinnen oder Wissenschaftler aus aller Welt beteiligen. In Zusammenarbeit mit Jun.-Prof. Dr. Robert Jaeschke vom Forschungszentrum L3S in Hannover, Prof. Dr. Andreas Hotho von der Universität Würzburg und seinen Kasseler Kollegen Stephan Doerfel und Jürgen Müller hat Mitzlaff die Ausschreibung für die Ausrichtung der 15. „Discovery Challenge“ gewonnen; das ist ein jährlicher internationaler Wettbewerb im Rahmen der „European Conference on Machine Learning and Principles and Practices of Knowledge Discovery“, die zum nächsten Mal im September 2013 in Prag stattfindet. Als Koordinator des Projekts ruft er nun Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler aus aller Welt dazu auf, werdenden Eltern bei der Suche nach einem passenden Vornamen zu helfen.

Die teilnehmenden Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler programmieren dafür konkurrierende Module, die jeweils die Beantwortung von Anfragen übernehmen können. Anfragen werden dann anonymisiert zu den Teilnehmenden nach Brasilien, in die USA oder nach Deutschland weitergeleitet und müssen vom jeweiligen Modul in weniger als einer Sekunde beantwortet werden. Es gewinnt das Forschungsteam, dessen Empfehlungssystem die besten Vorschläge geliefert hat, das heißt dessen Ergebnisse den Nutzern von Nameling am besten gefallen haben. Für die Nutzer ist der Wettbewerb hinter der Suchmaschine unsichtbar. Der Wettbewerb läuft seit dem 1. August und noch bis zum 23. September.

Systeme wie Nameling können werdenden Eltern die Entscheidung, welches der richtige Name für das eigene Kind ist, nicht abnehmen. Sie können jedoch bei der Suche helfen und auch Alternativen zu allzu populären Namen anbieten. Die Wissenschaftler am Fachgebiet Wissensverarbeitung denken aber bereits über neue Herausforderungen bei der Vornamensuche nach: Sie wollen untersuchen, wie sich mittels Opinion Mining die subjektive Wahrnehmung von Namen aus öffentlichen Daten sozialer Plattformen wie Twitter ableiten lässt. Dann könnte Nameling in Zukunft beispielsweise einen Hinweis zu geben, wenn ein Name in einem kulturellen oder geographischen Kontext mit negativen Vorurteilen behaftet ist.

Weitere Informationen unter http://nameling.net

Kontakt:
Folke Mitzlaff
Universität Kassel
FB 16 – Elektrotechnik/Informatik
Fachgebiet Wissensverarbeitung
Tel.: +49 561 804-6254
E-Mail: mitzlaff@cs.uni-kassel.de