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Vorlesungsreihe „Brasilien. Land der Zukunft oder der Vergangenheit?“
Im Jahr 1941 schrieb Stefan Zweig im brasilianischen Exil das Buch „Brasilien. Ein Land der Zukunft“. Der Buchtitel galt in Brasilien für Jahrzehnte als Beiname des Landes. Gerechtfertigt wurde dies, da trotz massiver Probleme die Bevölkerung auf ausländische Besucher stets Hoffnung – also Zukunft - ausstrahlte. Oft wurde von den Brasilianern und Brasilianerinnen der melancholisch-ironischen Zusatz angefügt … eine Zukunft, die wir nie erreichen werden.
Dann geschah das Unwahrscheinliche. Mit der Wahl des linken Kandidaten Luiz Inácio Lula da Silva zum Präsidenten, der sein Amt am 1.1. 2003 antrat, hatte Brasilien seine Zukunft erreicht. Die ersten Jahre seiner Regierung waren von einem breiten gesellschaftlichen Aufbruch und Zukunftsgestaltung geprägt. Die Ernüchterung trat ein. Derzeit wird Brasilien von einem rechtsradikalen Präsidenten regiert. Von Aufbruch und Hoffnung ist wenig zu spüren. Seine Wiederwahl würde Brasilien zum Land der Vergangenheit machen. Aber was könnte die Zukunft sein?
Alle Veranstaltungstermine:
(jeweils Do. 18 – 20 Uhr, Hörsaal 4, Arnold-Bode-Straße 12)
Do. 12.5. Christian Russau: Mit wem bist du noch solidarisch?
Die einst so starken sozialen Bewegung Brasiliens, die anziehend und faszinierend für viele politisch Engagierte waren, stehen heute enorm unter Druck, viele Politikerinnen und Politiker, denen vertraut wurde, waren in Korruptionsskandale verwickelt. Was fasziniert und begründet heute noch eine engagierte Solidarität und mit wem überhaupt?
Christian Russau war 1989 zum ersten Mal im Rahmen seines Studiums in Brasilien. Dort lernte er das Land und seine Menschen schätzen. Seitdem ist er engagiert in verschiedenen Solidaritätsnetzwerken mit Brasilien. Er arbeitet als freier Journalist und Campaigner.
Do. 19.5. Hat der Cerrado eine Zukunft? Buchvorstellung
Der brasilianische Cerrado ist die artenreichste Savanne der Erde. In wenigen Jahrzehnten wurde die Hälfte des Cerrado vernichtet. Seine traditionellen Völker und Gemeinschaften sind bedroht. Das Buch Cerrado möchte eine breite wissenschaftliche, gesellschaftliche und politische Debatte über diese wichtige, aber übersehene Weltregion in Gang setzen.
Do. 2.6. Clarita Müller-Plantenberg: Was wollen die Indigenen noch?
Die Indigenen in Brasilien hatten Erfolge und sind gleichzeitig bis heute bedroht. Von Beginn der Eroberung sank ihre Zahl von etwa fünf Millionen auf unter 200.000 in den 1960er-Jahren. Direkte und indirekte Genozide gegen diese ältesten Bewohner des heutigen Brasiliens konnten in den Folgejahren gestoppt werden. Viele der ca. 300 indigenen Völker erlebten eine demografische Erholung. Bei der letzten Volkszählung 2010 wurden knapp 900.000 gezählt. Zudem gelang es vor allem in Amazonien viele indigene Territorien auszuweisen, die heute ca. eine Millionen Quadratkilometer umfassen. Aktuell versucht die Regierung allerdings, durch verschiedene Gesetzesinitiativen, die wirtschaftliche Ausbeutung und damit das Eindringen in die Territorien wieder zu ermöglichen.
In dieser schwierigen historischen Phase wird Clarita Müller-Plantenberg versuchen die Frage zu beantworten, was die Indigenen noch wollen und wie ihre Zukunftsperspektiven aussehen könnten. Die Soziologieprofessorin lehrte von 1981 bis 2009 an der Universität Kassel. Einer ihrer Forschungsschwerpunkte waren der Amazonasraum sowie die Indigenen Brasiliens. Sie ist bis heute engagierte Verteidigerin indigener Rechte und kehrt mit diesem Vortrag an ihre alte Wirkungsstätte zurück.
Do. 9.6. Thomas Fatheuer: Gibt es eine politische Zukunft?
Brasilien steht im Oktober eine Schicksalswahl bevor. Die Wiederwahl des derzeitigen Präsidenten wäre eine Katastrophe und der Weg in eine weitere Zerstörung von Umwelt und Demokratie. Kann es eine hoffnungsvolle Zukunft mit anderen politischen Konstellationen in einer verwirrenden Parteienlandschaft geben? Wie sehen die politischen Alternativen aus, für welche Perspektiven stehen sie? Diesen Fragen wird Dr. Thomas Fatheuer nachgehen. Er hat über 20 Jahre in Brasilien gelebt und meistens in der Entwicklungszusammenarbeit: für den DED in Belém, für die die GtZ im Umweltministerium in Brasília und zuletzt sieben Jahre für die Heinrich-Böll-Stiftung in Rio de Janeiro. Er ist einer der profundesten deutschsprachigen Kenner der politische Szenerie Brasiliens. Derzeit schreibt er regelmäßig Berichte über das aktuelle Wahlkampfgeschehen.
Do. 30.6. Dieter Gawora: Brasilien Land der Zukunft oder der Vergangenheit?
Der Versuch der Beantwortung einer Frage.
Anmeldung:
Die Teilnahme ist für max. 100 Personen in Präsenz möglich. Für die Teilnahme per Zoom melden Sie sich bitte bei Frau Klein an: p.klein[at]uni-kassel[dot]de.
Kontakt
Dr. Dieter Gawora
FB 05, Gesellschaftswissenschaften
Didaktik der politischen Bildung, Soziologie der Entwicklungsländer
Nora-Platiel-Str.5
D-34109 Kassel
Telefon: (0561 )804 – 3385
e-mail: gawora[at]uni-kassel[dot]de