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EU-Regionalitätssiegel als Aushängeschilder von Kulturlandschaften
Das sogenannte g.U.-Siegel steht für eine geographisch „geschützte Ursprungsbezeichnung“ und wird von der EU seit 1992 nach strengen Qualitätsstandards zum Schutz und zur Förderung regionaler landwirtschaftlicher Erzeugnisse vergeben. Ein Forschungsteam der Universitäten Kassel und Göttingen hat nun zusammen mit Kollegen aus Leipzig und Lissabon alle 638 g.U.-geschützten Lebensmittelprodukte in der EU kartiert.
Daraus ergab sich eine Übersicht der Verteilung dieser Produkte innerhalb der EU, sowie ein sogenannter g.U.-Score („PDO-Score“ in der englischsprachigen Publikation), der angibt, wie viele g.U.-Produkte in einer bestimmten Region Europas registriert sind.
„Neben dem offensichtlichen Ergebnis, dass mehr als 80 % aller g.U.-Produkte in den acht ans Mittelmeer angrenzenden Ländern zu finden sind, waren wir dennoch überrascht, dass sich bestimmte Hotspots der g.U.-Produktionen so deutlich abhoben“, so Lukas Flinzberger, Doktorand in der Forschungsgruppe Sozial-Ökologische Interaktionen in Agrarsystemen. „Entlang der Grenze zwischen Spanien und Portugal, in Südfrankreich, Norditalien und dem zentralen Festland Griechenlands existieren einzelne Regionen, in denen mehr als neun g.U.-gekennzeichnete Produkte hergestellt werden dürfen.“
Zusammenhänge zwischen g.U.-Produkten und sozial-ökologischen Werten
Um Aussagen über die Zusammenhänge zwischen g.U.-Produkten und sozial-ökologischen Aspekten treffen zu können, wurden in den betroffenen Regionen Daten zu 13 sozial-ökologischen Indikatoren gesammelt, darunter Informationen zu Natura-2000-Gebieten, touristischen Übernachtungsplätzen oder zum Durchschnittsalter der Bevölkerung. Außerdem wurden die Unterschiede zwischen Mittelmeer- und anderen europäischen Ländern, sowie zwischen den vier wichtigsten Produktkategorien untersucht.
„Besonders bemerkenswert sind die starken Korrelationen zwischen der Häufigkeit von g.U.-Produkten und Landwirtschaftsflächen mit hohem Naturwert (HNV), sowie der Vielfalt verschiedener Bodenbedeckungstypen“, berichtet Prof. Tobias Plieninger, Leiter des Fachgebiets. Außerdem scheine es einen klaren Zusammenhang zwischen touristischer und kultureller Attraktivität (u.a. dem Vorhandensein von UN-Weltkulturerbestätten) und der Erzeugung von g.U.-Produkten zu geben. „Die sozio-ökonomischen Indikatoren wiederum zeigen, dass die g.U.-Produktion in den Mittelmeerländern eine viel größere wirtschaftliche Rolle spielt, und dort explizit mit einer positiven Beschäftigungssituation verknüpft ist“, ergänzt Flinzberger. Wie auch anderswo in Europa gehe eine höhere Anzahl an g.U.-Produkten jedoch auch mit Überalterung und Abwanderung aus ländlichen Gebieten einher. „Dieser Effekt ist in den Mittelmeerländern sogar noch ausgeprägter.“
Auf der Grundlage der Ergebnisse ließen sich drei Schlussfolgerungen ziehen:
- g.U.-Produkte werden häufig in Regionen mit hohem ökologischem und kulturellem Wert erzeugt, leiden aber gleichzeitig stark unter negativen demographischen und ökonomischen Trends.
- Aus diesem Grund kann das Fortbestehen der traditionellen Produktionsmethoden gefährdet sein, da sich die betreffenden Gebiete oft an einem wirtschaftlich motivierten Scheideweg zwischen Intensivierung der Landwirtschaft, oder Nutzungsaufgabe befinden.
- Das g.U.-Siegel sollte daher als Instrument für eine nachhaltige Entwicklung der europäischen Landwirtschaft und des Lebens im ländlichen Raum eingesetzt werden.
Ein Weg zu nachhaltigen Lebensmittelsystemen
Produkte mit g.U.-Label müssen (fast) vollständig in der jeweiligen Region produziert werden und haben daher vergleichsweise kurze Wertschöpfungsketten: „Mit traditionellen Produktionsmethoden können oft hochwertige Lebensmittel erzeugt werden, die für lokale Erzeuger*innen rentabel sind“, so Lukas Flinzberger. „All dies deutet darauf hin, dass die mit dem g.U.-Siegel verbundenen Praktiken zu nachhaltiger Landnutzung und Lebensmittelproduktion beitragen können.“
Um die Nachhaltigkeit der Produkte sicherzustellen und zu verbessern, schlagen die Forschenden eine Überprüfung aller aktuell registrierten Produkte vor („PDO fitness check“), sowie die Hervorhebung der nachhaltigen, extensiven Produktionssysteme vieler tierischer g.U.-Erzeugnisse im Sinne der „less but better meat“-Bewegung. Außerdem erscheint es unabdingbar, die Forschung auf Fallstudien-Ebene fortzusetzen um die aufgezeigten Korrelationen mit Bedeutung zu füllen.
Vollständige Paper:
Flinzberger, L., Zinngrebe, Y., Bugalho, M.N., Plieninger, T. (2022a). EU-wide mapping of ‘Protected Designations of Origin’ food products (PDOs) reveals correlations with social-ecological landscape values. Agron. Sustain. Dev. 42. DOI: https://doi.org/10.1007/s13593-022-00778-4
Flinzberger, L.; Cebrián, M. A.; Peppler-Lisbach, C & Zinngrebe, Y. (2022b). Why Geographical Indications Can Support Sustainable Development in European Agri-Food Landscapes. Front. Conserv. Sci. DOI: https://doi.org/10.3389/fcosc.2021.752377
Kontakt:
Lukas Flinzberger
Doktorand im Fachgebiet Sozial-Ökologische Interaktionen in Agrarsystemen
lukas.flinzberger[at]uni-goettingen[dot]de
Tobias Plieninger
Leiter des Fachgebiets Sozial-Ökologische Interaktionen in Agrarsystemen
plieninger[at]uni-kassel[dot]de
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