Silikongel
Silikongel - Ein Isolierstoff für die Hoch- und Mittelspannungstechnik
Silikongele sind, verglichen mit den klassischen in der Hoch- und Mittelspannungstechnik zum Einsatz kommenden Dielektrika wie Gießharz, Polyethylen oder Öl, relativ neue Isolierstoffe. Sie gehören zur Gruppe der kaltvulkanisierenden Zwei-Komponenten-Silikonelastomere und grenzen sich in ihrer stofflichen Struktur durch eine zum Teil erheblich geringere Vernetzungsdichte sowie einen typischerweise hohen Anteil an unvernetzten Bestandteilen von den insbesondere im Bereich der Verbundisolatoren und Kabelgarnituren vermehrt eingesetzten Silikongummis ab.
Die aus hoch- und mittelspannungstechnischer Sicht bedeutenden Eigenschaften von Silikongelen sind neben einer hohen elektrischen Festigkeit, ihre gute thermische Stabilität, ein hohes Maß an Elastizität sowie ihre ausgeprägte Eigenklebrigkeit, die insbesondere im Bereich elektrisch hoch belasteter Grenzflächen erhebliche Vorteile gegenüber anderen Isolierstoffen verspricht.
Gegenwärtig finden Silikongele vor allem als Vergussmasse für elektronische Komponenten z.B. in der Kraftfahrzeug- und Leistungselektronik Anwendung. Ihr Einsatz erfolgt dabei zumeist aufgrund der guten mechanischen und thermischen Eigenschaften sowie zum Schutz der eingesetzten Bauteile vor Korrosion. Eine Anwendung, bei der die Gele wesentlich höheren Feldstärken ausgesetzt werden, ist derzeit beispielsweise der Einsatz als Vergussmasse in Hochleistungshalbleitermodulen (IGBT).
In der Energietechnik findet Silikongel bisher im Bereich der Niederspannungsverbindungstechnik Anwendung. Dabei wird vor allem die gute Kompatibilität von Silikonelastomeren zu allen gebräuchlichen Isolationsmaterialien, ihr großer Einsatztemperaturbereich (-40°C bis 90°C) sowie ihre korrosionsschützende Wirkung ausgenutzt. Die positiven Erfahrungen, die in der Niederspannungstechnik gesammelt werden konnten, lassen Silikongele auch für einen Einsatz in der Hoch- und Mittelspannungstechnik interessant erscheinen. Eine Anwendung in diesem Bereich setzt allerdings eine sehr genaue Kenntnis der dafür relevanten Werkstoffeigenschaften sowie ein umfangreiches Wissen über deren Abhängigkeiten von den im jeweiligen Einsatzbereich zu erwartenden Einflussfaktoren voraus.
Vor diesem Hintergrund sollen im Rahmen dieses Forschungsprojektes die dielektrischen Eigenschaften - insbesondere die elektrische Festigkeit - verschiedener Silikongele in Abhängigkeit der für Hoch- und Mittelspannungsisolations- und verbindungstechnik wichtigen Parameter untersucht werden. Dabei ist neben dem Verhalten bei kurzzeitiger elektrischer Belastung das elektrische sowie thermische Alterungsverhalten wesentlicher Bestandteil der Untersuchungen.
Basierend auf den dabei erhaltenen Ergebnissen soll der Werkstoff Silikongel im Hinblick auf einen Einsatz in einzelnen Anwendungen charakterisiert, bewertet und optimiert werden. Es sollen die werkstoffbedingten Grenzen aufgezeigt sowie Richtlinien für das Design und die Konstruktion von Hoch- und Mittelspannungsisolierungen erarbeitet werden. Ein Schwerpunkt liegt dabei neben der für den Einsatz in Betriebsmitteln der elektrischen Energietechnik besonders wichtigen Fragestellung des Langzeitverhaltens und damit der Zuverlässigkeit als Isolierstoff auf der Untersuchung und Optimierung seiner Grenzflächeneigenschaften.
Für die Durchführung der Forschungsarbeiten verfügt unser Fachgebiet über ein Werkstofflabor sowie über verschiedene Labore für Hochspannungsprüfungen. Als Partner und Förderer steht dem Fachgebiet in diesem Projekt neben namhaften Unternehmen der elektrischen Energietechnik die Wacker Chemie AG als größter europäischer Hersteller von Silikonen in enger Zusammenarbeit zur Seite.
Smartgel
Aufbauend auf den Silikongelarbeiten forscht das Fachgebiet Anlagen und Hochspannungstechnik an einem weiteren Schritt der modifizierung von Isolierstoffen. Hierbei sollen feldsteuernde Gele entwickelt und untersucht werden. Dieser Typ von Isolierstoff hat eine stark nichtlineare eigenschaft bezüglich der elektrischen Leitfähigkeit. Im herkömmlichen Feldstärkebereich verhält sich das Material wie ein hochwertiger Isolator. Ab einer bestimmten Feldstärke jedoch kippt dieses Verhalten in einen sehr leitfähigen Bereich.
Durch diese Eigenschaft werden Bereiche mit hoher Feldstärke im Isolierstoff, die zu Teilentladungen und letztendlich zur Degradation und Zerstörung der Isolation führen können, abgebaut. Der Isolierstoff stellt sich hinsichtlich seiner Leitfähigkeit selber derart ein, daß eine Spannungssteuerung erfolgt, die bis dato nur durch aufwändige Zusatzkomponenten und ein sehr sorgfältiges Design erreicht werden konnte. In dem wie folgt beschriebenen Projekt soll dieses Material weiterentwickelt werden und für den Einsatz in einem industriellen Produkt qualifiziert werden.