Faire digitale Dienste [DE]
BMBF-Projekt "Faire digitale Dienste: Ko-Valuation in der Gestaltung datenökonomischer Geschäftsmodelle (FAIRDIENSTE)", Laufzeit 02/2021 bis 02/2024
Unternehmen, die digitale Produkte oder Dienstleistungen vermarkten, stehen oft vor dem Dilemma, dass ihr Interesse und ihr Bedarf an Daten von Kund*innen dem Wunsch der Kund*innen nach Privatheit entgegensteht. Für Verbraucher*innen bedeutet es einen Eingriff in ihre Selbstbestimmungsrechte, wenn sie zu viele Daten preisgeben müssen oder durch digitale Überwachung in ihrem Verhalten unbemerkt gelenkt werden. Im Projekt „Faire digitale Dienste: Ko-Valuation in der Gestaltung datenökonomischer Geschäftsmodelle (FAIRDIENSTE)“ wird dieser Strukturkonflikt zum Anlass genommen, verschiedene Wege der fairen Vermittlung von Werten im Zuge der Geschäftsmodellgestaltung mit soziologischen und (wirtschafts-)informatischen Ansätzen auszuloten und in Beziehung zu setzen. Erstens wird untersucht, inwiefern sich unterschiedliche Werte in eine ökonomische Sprache der Preise übersetzen und fair verrechnen lassen (Verrechnung). Zweitens wird herausgearbeitet, wie Unternehmen ihre ökonomische Gestaltungsmacht nutzen können, um Wertkonflikte zu kanalisieren (Design). Drittens wird geprüft, inwiefern die Aushandlung von Wertkonflikten über Social-Media-Elemente ausgelagert werden kann, um unter den Nutzer*innen eine Kultur der Fairness zu befördern (Kultivierung). Entwickelt und praxisnah getestet werden soll so eine multidimensionale Methodik der „Ko-Valuation“, d. h. der kooperativen Wertevermittlung, die Unternehmen dabei hilft, ihre wirtschaftlichen Geschäftsmodelle mit Gesichtspunkten datenökonomischer Fairness in Einklang zu bringen.
Das Projekt ist eine Kooperation der Fachgebiete Soziologische Theorie (Prof. Dr. Jörn Lamla, Verbundkoordination), Gender/Diversity in Informatics Systems (Prof. Dr. Claude Draude) sowie Wissensverarbeitung (Prof. Dr. Gerd Stumme) an der Universität Kassel, dem Institut für Digitales Management und Neue Medien an der Ludwig-Maximilians-Universität München (Prof. Dr. Thomas Hess), dem Unternehmen BurdaForward (Dr. Richard Weber, München) sowie dem Institut für Technik und Journalismus (Miriam Ruhenstroth, Berlin).
Teilvorhaben GeDIS
Das Teilvorhaben von GeDIS nimmt insbesondere die Design-Ebene in den Blick. Diese untersucht, inwiefern durch Einsatz von ökonomischer Organisations- und Gestaltungsmacht mit technischen Mitteln der Trennung und Verkopplung eine faire Koexistenz verschiedener Wertordnungen realisiert werden kann. Hierzu werden die Potenziale von IT-basierten Werkzeugen erforscht, welche bei der Entwicklung fairer digitaler Dienste unterstützend sein können. Fairness und demokratische Werteorientierung im Kontext digitaler Dienste berühren nicht nur Fragen der Vermittlung und der Regulation, sondern sie stellen auch eine Herausforderung für die Informationstechnik-Gestaltung selbst dar. In der Informatik gibt es verschiedene Gestaltungsverfahren, die dezidiert werteorientierte Entwicklung zum Ziel haben oder, für die, wie beim partizipativen Design, eine Demokratisierung von digitalen Artefakten und ein Empowerment von Nutzer*innen grundlegend sind. Ziel des Teilvorhabens ist es, an diese Gestaltungsrichtungen anzuknüpfen und sie für den Gegenstand des Gesamtvorhabens nutzbar und anwendbar zu machen. D.h. vorhandene Methoden der partizipativen IT-Entwicklung müssen im Hinblick auf faire Geschäftsmodelle aktualisiert, sowie vorhandene IT-Werkzeuge geprüft und ggf. weiterentwickelt werden. Der besondere Fokus des Teilvorhabens liegt auf dem Umschlagplatz technischer Entwicklung und gesellschaftlicher, normativer Werte.
Die beteiligten Personen des Fachgebiets GeDIS sind Claude Draude, Viktoria Horn und Nils Knoth sowie ehemals Nana Kesewaa Dankwa.