Forschungsprojekte
Aktuelle Projekte
Am Projektstandort Kassel wird im Rahmen des Projekts an drei Forschungsschwerpunkten gearbeitet
Schwerpunkt 1: Teilhabe am Arbeitsleben von Menschen mit Behinderungen im internationalen Vergleich
Die Entwicklung eines inklusiven Arbeitsmarkts hat die Vorgaben des internationalen und europäischen Rechts zu berücksichtigen. Ein Projektschwerpunkt der Universität Kassel ist die Beobachtung und Analyse aktueller Entwicklungen in diesen Rechtsgebieten, um sie für die Akteure des Reha-Rechts verstehbar, anschlussfähig und anwendbar zu machen.
Außerdem werden die Aktivitäten der deutschsprachigen Nachbarländer zur Schaffung eines inklusiven Arbeitsmarkts in den Blick genommen und Lösungsansätze vorgestellt, rechtssystematisch eingeordnet und hinsichtlich ihrer Übertragbarkeit untersucht.
Schwerpunkt 2: Barrierefreiheit als Voraussetzung für eine gelingende Teilhabe am Arbeitsleben
Ein inklusiver und zugänglicher Arbeitsmarkt erfordert Zugänglichkeit und Barrierefreiheit auf verschiedenen Ebenen. Die Universität Kassel untersucht, ob und wieweit das deutsche Recht Zugänglichkeit für Menschen mit Behinderungen in ihrer Vielfalt und Verschiedenheit zu allen Dimensionen und Bereichen des Arbeitsmarktes ermöglicht und ob und wie die Akteure des Arbeitsmarktes von den Instrumenten Gebrauch machen und Gebrauch machen können. Im Fokus stehen dabei die Tätigkeiten der Rehabilitationsträger, Integrationsämter, Beratungsinstitutionen und der Dienste und Einrichtungen der medizinischen und beruflichen Rehabilitation.
Außerdem werden als weitere Faktoren eines inklusiven Arbeitsmarkts und Arbeitsumfelds die Bedeutung (barrierefreier) Arbeitswege, öffentlicher Räume sowie Verkehrsmittel und die Verfügbarkeit von (barrierefreiem) Wohnraum sowie von (inklusiven) Gesundheitsversorgungsangeboten thematisiert.
Schwerpunkt 3: Inklusive Hochschule
Ein weiterer Schwerpunkt der Universität Kassel liegt in der Verknüpfung des Rechts auf Arbeit in einem inklusiven Arbeitsmarkt (Artikel 27 UN-BRK) mit dem Recht auf Bildung in einer inklusiven Hochschule (Artikel 24 UN-BRK). Unter Berücksichtigung der Diversität der Studierenden werden die Ermöglichung eines benachteiligungsfreien Studiums und des erfolgreichen Übergangs von Studium in den Beruf mit Blick auf die Schnittstellen und Verknüpfungen zwischen Bildungsrecht, Leistungen zur Teilhabe und begleitender Hilfe im Arbeitsleben untersucht.
Das Projekt soll die Inklusion von Menschen mit Behinderungen in den ersten Arbeitsmarkt durch Wissenstransfer und eigene Forschung fördern. Hierzu zählt die wissenschaftliche Begleitung bzw. Beratung des Forums inklusive Privatwirtschaft, dass die Beauftragte der Hessischen Landesregierung für Menschen mit Behinderung, Frau Rika Esser, initiiert hat. Es hat die verbesserte Inklusion vor allem in kleinen und mittleren Unternehmen zum Ziel. Über das Forum hinaus soll der Anteil von Menschen mit Behinderungen in der Landesverwaltung gesteigert werden. Im Rahmen des Forums werden unter anderem die Frage gelingender Ausbildungsübergänge sowie Möglichkeiten der Inklusion aus Werkstätten für behinderte Menschen in den ersten Arbeitsmarkt diskutiert.
Seit der Ratifizierung der UN-Behindertenrechtskonvention (UN-BRK) stehen die Werkstätten für behinderte Menschen (WfbM) unter einem verstärkten Legitimationsdruck.Kritik an der Segregation bzw. Exklusion und sehr geringen Chancen auf den Übergang in den ersten Arbeitsmarkt sowie an der Höhe der Entgelte manifestiert sich in unterschiedlicher Art und Weise, u.a. in Medienberichten,Werkstatträtekonferenzen und zum Teil auch in Positionspapieren der Landes- und des Bundesbeauftragten für Menschen mit Behinderungen sowie der Wohlfahrtsverbände, die zum Teil WfbM betreiben. Berufliche Biografien der WfbM-Beschäftigten sind häufig durch den Besuch einer Förderschule und durch die Denk- und Handlungsmuster unterschiedlicher Akteur*innen vorstrukturiert. Insbesondere Menschen, die als kognitiv beeinträchtigt eingeordnet sind, konnten nicht von der Arbeitsmarktnachfrage profitieren und bleiben, sofern sie in einer WfbM beschäftigt sind, vom ersten Arbeitsmarkt ausgeschlossen. Während sich eine breite Mehrheit der WfbM-Beschäftigten zufrieden über ihre Tätigkeit äußert, kritisieren sie die Höhe ihrer Entlohnung und mangelnde Anerkennung ihrer Arbeitsleistung. Rund ein Drittel der Beschäftigten in WfbM möchte in den ersten Arbeitsmarkt wechseln oder kann sich dies vorstellen.Hinter diesen Aussagen und Bewertungen stehen biografische Erfahrungen. In den Debatten um zufriedene Werkstattbeschäftigte oder Wünschen nach geschützter Beschäftigung bleibt meist unterbelichtet, dass deren Teilhabevorstellungen auf gesellschaftlich vorstrukturierten Erfahrungen basieren. Teilhabeerwartungen am Arbeitsleben können sich durch neue, positive bzw. fehlende Erfahrungen und entsprechende Ressourcen und Angebote erweitern bzw. begrenzt werden. Im Mittelpunkt der vorliegenden Broschüre steht die Frage, inwiefern die Teilhabeerwartungen der WfbM-Beschäftigten am Arbeitsleben durch die WfbM erfüllt werden, um die Handlungsmöglichkeiten für die Inklusion am ersten Arbeitsmarkt daran zu orientieren und auf diese Weise aus den Erfahrungen der Akteur*innen zu lernen. Hierzu werden im Hauptteil die Alltagspraktiken und Handlungsmuster im Arbeitsbereich von WfbM bzw. im Übergangsprozess anhand der wenigen qualitativen Studien und repräsentativer Daten aus quantitativen Befragungen der Studie zum Entgeltsystem in Wfbm herausgearbeitet. Zuvor werden Sonderarbeitsmärkte unter dem Blickwinkel der UN-BRK betrachtet, die fortgesetzten Zugänge in die WfbM und bislang blockierte Übergänge in den ersten Arbeitsmarkt analysiert sowie die Debatte um die Werkstattentgelte und mögliche Reformperspektiven skizziert. Nach den Handlungsmöglichkeiten für offenere Übergänge in den ersten Arbeitsmarkt, v.a. im Hinblick auf die betriebsintegrierten Arbeitsplätze und das Budget für Arbeit, werden abschließend Reformoptionen und offene Fragen formuliert.
Seit dem letzten Jahrzehnt haben sich die Beschäftigungschancen für Menschen mit Behinderung verbessert. Die gesunkene Arbeitslosigkeit geht nicht allein auf den demografischen Wandel, sondern auch auf Neueinstellungen zurück. Dennoch liegt die Arbeitslosenquote von Menschen mit schwerer Behinderung noch immer rund doppelt so hoch wie die allgemeine Arbeitslosenquote. Zudem ist in der Entwicklung der Langzeitarbeitslosigkeit von Menschen mit schwerer Behinderung wenig Dynamik zu erkennen, obwohl Langzeitarbeitslose mit schwerer Behinderung, die die Grundsicherung erhalten, insgesamt über eine höhere Formalbildung als Grundsicherungsempfänger*innen ohne schwere Behinderung verfügen. Insbesondere die Beschäftigten von Werkstätten für Menschen mit Behinderungen (WfbM) profitieren bislang nicht von der verbesserten Arbeitsmarktlage in Folge des Fachkräftemangels, Übergänge aus den Werkstätten in den ersten Arbeitsmarkt sind selten.
Gleiche Teilhabechancen am ersten Arbeitsmarkt bedürfen daher langfristiger politischer Strategien, welche auch die strukturellen Benachteiligungen von Menschen mit Behinderungen erkennen und bearbeiten. Darin gilt es, die Inklusion von Gruppen in den Mittelpunkt zu rücken, die in den Debatten um den Fachkräftemangel bislang wenig Beachtung finden: Förderschüler*innen, insbesondere mit dem Schwerpunkt Lernen und geistige Entwicklung, verlassen die Schulen häufig ohne Abschluss. Sie erhalten kaum Zugang zu einer dualen Ausbildung und werden auf außerbetriebliche Ausbildung in Sondereinrichtungen mit teils deutlich geringeren Chancen für eine spätere Beschäftigung im ersten Arbeitsmarkt oder auf eine Werkstatt für behinderte Menschen verwiesen.
Die vorliegende Broschüre gibt Einblicke in die strukturellen Ursachen von Exklusion bzw. Exklusionsrisiken, die an den Schnittstellen des Übergangs von der schulischen zur beruflichen Ausbildung bzw. in den Arbeitsmarkt entstehen. Bereits in der Schule werden grundle- gende Benachteiligungen im Ausbildungsmarkt angelegt, die eingangs skizziert werden. Wie die Ausbildungsbiographien der Förderschüler*innen verlaufen, offenbart ein anschließender Blick auf die noch spärliche Datenlage. Im nachfolgenden Abschnitt werden zentrale Lücken zwischen rechtlichen Teilhabeansprüchen und realen Möglichkeiten auf gleiche Teilhabe am Arbeitsmarkt erörtert. Die teils exkludierenden Zuweisungsprozesse im Übergangssystem sowie die Möglichkeiten und Umsetzungsschwierigkeiten inklusiver Instrumente, wie z. B. des Budgets für Ausbildung, werden anschließend herausgearbeitet. Im Zusammenhang mit Bedingungen gelingender Inklusion geht es ferner um die grundsätzliche Frage, welches die Maßstäbe gelungener Inklusion sein könnten. Auf dieser Basis gibt der Autor Denkanstöße und wirft Fragen für politisches und unternehmerisches Handeln auf, die zu einer weiteren Diskussion anregen sollen.
Mit Wissenschaft die Inklusion fördern, Campus-Meldung vom 24.05.2022
Bei Konflikten zwischen den Sozialbehörden und einzelnen Menschen kommt den Richter:innen an
den Sozialgerichten bei der Ermittlung und Würdigung des Sachverhalts und bei der Rechtsanwendung und Rechtsauslegung eine entscheidende Bedeutung zu. Sie vermitteln zwischen den existenziellen Notlagen, den Lebenswirklichkeiten, den Kläger:innen und der Sozialverwaltung mittels der juristischen Urteilskraft. In einer quantitativen und qualitativen Studie sollen die Richter:innen an den Sozialgerichten, den Landessozialgerichten und dem Bundessozialgericht richtersoziologisch u.a. zu ihrer sozialen Herkunft befragt werden.
Eine Analyse der Nutzung des Prozessrechts, etwa im Umgang mit Missbrauchsgebühren, der Entscheidung zwischen mündlichen Verhandlungen und Gerichtsbescheiden oder der Nutzung von Videokonferenzen kann Auskunft über die Art der Kommunikation zwischen den Beteiligten sozialgerichtlicher Verfahren geben. Die Analyse von Gerichtsentscheidungen und der in ihnen benutzten Argumentationsmuster kann schließlich Hinweise darauf geben, wie in den Begründungen auf gesellschaftliche Vorstellungen und Leitbilder, vielleicht auch durch Stereotype, zurückgegriffen wird, die sich wiederum in sozialen Milieus verorten lassen.
Ziel des Projekts ist, die Daten- und Untersuchungsbasis zur deutschen Sozialgerichtsbarkeit mit einer Verbindung empirischer und rechtsdogmatischer Methoden zu verbessern und so die Spannung zwischen Normativität und Wirklichkeit sozialen Rechts in den Blick zu nehmen.
Projektbeteiligte und Kontakt
Prof. Dr. Felix Welti FB 01, Humanwissenschaften Institut für Sozialwesen Fachgebiet Sozial- und Gesundheitsrecht, Recht der Rehabilitation und Behinderung | Tel: +49 561 804-2970 |
Dr. Sarah Schulz FB 01, Humanwissenschaften Institut für Sozialwesen Leitung der Nachwuchsgruppe „Die Sozialgerichtsbarkeit und die Entwicklung von Sozialrecht und Sozialpolitik in der Bundesrepublik Deutschland“ | Tel: +49 561 804 2379 |
Nach mehreren Problemanzeigen von Betroffenenverbänden wurden 2021 neue Regelungen zur Begleitung von Menschen mit Behinderungen während eines Krankenhausaufenthaltes eingeführt (Gesetz zum Erlass eines Tierarzneimittelgesetzes und zur Anpassung arzneimittelrechtlicher und anderer Vorschriften vom 27.09.2021, BGBl. I S. 4530). Seit dem 01.11.2022 haben Angehörige und weitere Personen aus dem engsten persönlichen Umfeld von Menschen mit Behinderungen gemäß § 44b SGB V einen Anspruch auf Krankengeld, wenn sie bei einer stationären Krankenhausbehandlung mitaufgenommen werden oder wenn sie den Menschen mit Behinderung bei der Krankenhausbehandlung ganztägig begleiten. Gemäß § 113 Abs. 6 SGB IX haben Menschen mit Behinderungen zudem die Möglichkeit, sich von einer vertrauten Bezugsperson, die ihr bereits im Alltag Leistungen der Eingliederungshilfe (z.B. in einer besonderen Wohnform) erbringt, ins Krankenhaus begleiten zu lassen.
Das Bundesministerium für Gesundheit und das Bundesministerium für Arbeit und Soziales evaluieren gemäß § 113 Abs. 7 SGB IX im Einvernehmen mit den Ländern die Wirkungen einschließlich der finanziellen Auswirkungen der Regelungen in § 113 Abs. 6 und in § 44b SGB V und veröffentlichen die Ergebnisse bis zum 31. Dezember 2025. Mit dieser Evaluation wurden das Institut für Sozialforschung und Gesellschaftspolitik (ISG) Köln und transfer Unternehmen für soziale Innovation gemeinsam mit der Universität Kassel als Unterauftragnehmerin beauftragt. Das Projekt basiert auf einem interdisziplinären Forschungsdesign. Neben rechtsdogmatischen Untersuchungen nehmen sozialwissenschaftliche Untersuchungen einen zentralen Stellenwert ein. Im Detail werden Dokumentenanalysen, Sekundärauswertungen von Krankenkassendaten, quantitative Befragungen von Krankenhäusern, Trägern der Eingliederungshilfe, von Beratungsstellen und Rechtsschutzverbänden sowie qualitative Interviews u.a. von Trägern der Eingliederungshilfe durchgeführt.
Im Rahmen der sozialwissenschaftlichen Untersuchung werden auch Fallstudien zum Prozessverlauf der Begleitung durchgeführt. Hierbei sollen möglichst alle an einem Begleitungsfall beteiligten Akteure in Einzel- oder Gruppengesprächen zur Wirkung der Begleitung im Krankenhaus, zu Tätigkeiten und Aufgaben der Begleitperson in Abgrenzung zu den Tätigkeiten und Aufgaben der medizinischen Berufsgruppen im Krankenhaus sowie zu den Erfolgsfaktoren und Hindernissen der Krankenhausbegleitung interviewt werden.
Die Evaluation hat im Juli 2023 begonnen und soll zum Juni 2025 abgeschlossen werden.
Abgeschlossene Projekte
Das Diskussionsforum Rehabilitations- und Teilhaberecht (www.reha-recht.de) ist eine Plattform, um Informationsbedarfe bei Juristinnen und Juristen sowie anderen Akteuren in Betrieben und Institutionen zu bedienen, die Diskussion von Rechtsfragen zu ermöglichen und so zur Klärung vieler Grundsatz- und Detailfragen des Rehabilitations- und Teilhaberechts beizutragen. Zu diesem Zweck wird die interaktive Komponente des Diskussionsforums kontinuierlich weiterentwickelt und befindet sich nun bereits in der dritten Förderungsphase durch das BMAS. Zum 01.09.2021 startete das Kooperationsprojekt ZIP-NaTAR (Zugänglichkeit – Inklusion – Partizipation. Nachhaltige Teilhabe an Arbeit durch Recht), in dessen Fokus die Teilhabe von Menschen mit Behinderungen am Arbeitsleben steht. Am Projektstandort Kassel werden entsprechende internationale Aspekte, die Regelungen zum Rehabilitationsverfahren, Schnittstellen und Wechselwirkungen zwischen verschiedenen Teilhabeleistungen und Rechtsbereichen sowie das Leistungserbringungsrecht und seine Auswirkungen auf die Realisierung von Teilhabezielen untersucht.
Wesentlicher Teil in diesem Forum sind neben Materialien und Informationen in der Infothek die Verbindung zwischen Wissenschaft, Rechtsprechung und Rechtsanwendung durch verschiedene (Fach-) Diskussionsbeiträge. Wir sind stets auf der Suche nach engagierten Autoren, die unser Forum bereichern möchten.
Projektbeschreibung: https://www.reha-recht.de/zip-natar/
Diskussionsforum Rehabilitations- und Teilhaberecht
Flyer Diskussionsforum
Es handelt sich um ein Kooperationsprojekt zwischen dem Fachgebiet Theorie und Empirie des Gesundheitswesens (Prof. Dr. Alfons Hollederer), dem Fachgebiet Sozial- und Gesundheitsrecht, Recht der Rehabilitation und Behinderung (Prof. Dr. Felix Welti) sowie dem International Centre for Higher Education Research (INCHER-Kassel, Dr. Shweta Mishra).
Das Ziel des Vorhabens ist es, den Studienerfolg von Studierenden mit chronischen Krankheiten und Behinderungen am Beispiel der Universität Kassel zu untersuchen und die Wirksamkeit insbesondere von Nachteilsausgleich bei Prüfungen, psychosozialer Beratung, Gesundheitsförderung, behinderungsbezogenen Sozialleistungen und sozialen Netzwerken von Studierenden auf den Studienerfolg bzw. Studienabbruch zu analysieren. Die Studie ist im Mixed-Methods-Design angelegt und besteht aus 3 Modulen. Modul 1 basiert auf einem quantitativen empirischen Forschungsdesign. Es werden alle ca. 25.000 Studierenden der Universität Kassel zu Gesundheit und Studienerfolg, Nachteilsausgleich, studienbezogener und psychosozialer Beratung, Gesundheitsförderung und sozialer Inklusion zu 2 Messzeitpunkten befragt. Modul 2, das auf einem qualitativen Design basiert, verwendet die „Grounded Theorie“ für die Analyse und konzentriert sich auf den Nachteilsausgleich, die Sozialleistungen, soziale Netzwerke und Einfluss auf den Studienerfolg. In Modul 3 wird eine umfassende Recherche und Analyse des deutschen und hessischen Rechts für Studierende mit Behinderungen oder chronischen Erkrankungen an Hochschulen und seiner Anwendung geleistet. Die Ergebnisse zur rechtlichen Situation werden den Ergebnissen aus Modul 1 und 2 gegenübergestellt. Die Studie integriert sowohl quantifizierbare Einflussfaktoren als auch subjektive Bewertungen der Studierenden sowie deren Wahrnehmung der sozialen Unterstützung und Netzwerke. Eine andere Besonderheit ist die interdisziplinäre Herangehensweise und Kooperation aus den Bereichen Gesundheitswissenschaften, Hochschulbildung, Rehabilitation und Behindertenrecht. Am Ende werden aus den Erkenntnissen Vorschläge für „best practices“ zum Ausgleich von Nachteilen und zu Sozialleistungen entwickelt, um den Studienerfolg von Studierenden mit Behinderungen und Krankheiten nachhaltig zu fördern.
Das Fachgebiet Sozial- und Gesundheitsrecht, Recht der Rehabilitation und Behinderung bearbeitet schwerpunktmäßig das Modul 3 der Studie. Die Arbeit umfasst rechtsdogmatische sowie rechtssoziologische Untersuchungen. Einen wesentlichen Bezugsrahmen der Forschung bilden die UN-Behindertenrechtskonvention sowie das Grundgesetz.
Das Projekt im Fachgebiet Theorie und Empirie des Gesundheitswesens
Die Universität Kassel (Prof. Dr. Felix Welti) untersucht zusammen mit dem Zentrum für Sozialforschung Halle (ZSH) an der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg (Prof. Dr. Armin Höland) seit August 2020 die Auswirkungen der Corona-Pandemie auf den Rechtsschutz und die gerichtliche und behördliche Praxis im Arbeits- und Sozialrecht. Einen besonderen Fokus legt das empirisch angelegte und bis Dezember 2021 befristete Forschungsvorhaben dabei auf die technische Ausstattung der Gerichte sowie einzelne Regelungen des Verfahrensrechts (§ 128a ZPO; § 114 ArbGG; §§ 110a, 211 SGG), die eine Videoübertragung im Rahmen des Verfahrens ermöglichen.
Gefördert wird das Forschungsprojekt durch das „Fördernetzwerk Interdisziplinäre Sozialpolitikforschung“ (FIS) des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales.
Zudem wird das Vorhaben vom Deutschen Arbeitsgerichtsverband und vom Deutschen Sozialgerichtstag ideell unterstützt.
Das im Mai 2002 in Kraft getretene Behindertengleichstellungsgesetz hat zum Ziel, die Benachteiligung von Menschen mit Behinderungen zu beseitigen und zu verhindern sowie ihre gleichberechtigte Teilhabe am Leben in der Gesellschaft zu gewährleisten und ihnen eine selbstbestimmte Lebensführung zu ermöglichen (§ 1 Abs. 1 S. 1 BGG).
Bereits zwischen dem 1. April 2013 und dem 31. Mai 2014 wurde im Rahmen des Nationalen Aktionsplans der Bundesregierung (NAP) zur Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention unter der Leitung von Prof. Dr. Felix Welti eine erste Evaluation des BGG vorgenommen, die Regelungslücken sowie Schwächen bei der Umsetzung des Gesetzes aufgezeigt hat. Auf Grundlage der Ergebnisse wurden das BGG und damit zusammenhängende Regelungen im Jahr 2016 novelliert (Gesetz zur Weiterentwicklung des Behindertengleichstellungsrechts vom 19. Juli 2017, BGBl. I, S. 1757). In Artikel 6 des Gesetzes zur Weiterentwicklung des Behindertengleichstellungsrechts wurde eine erneute Evaluierung des BGG festgeschrieben, mit der das Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS) das ISG Institut für Sozialforschung und Gesellschaftspolitik GmbH in Kooperation mit der Universität Kassel, dem Hugo Sinzheimer Institut für Arbeits- und Sozialrecht (HSI) der Hans-Böckler-Stiftung, sowie dem SOKO Institut für Sozialforschung und Kommunikation GmbH bis zum 31. Mai 2022 beauftragt hat. Das Ziel der Evaluation ist, zu überprüfen, ob die Ziele, die mit dem BGG und der Novellierung 2016 angestrebt worden sind, erreicht worden sind und ob sich die Änderungen in der Praxis bewährt haben. Das Forschungsdesign setzt sich aus einer rechtsdogmatischen, rechtstatsächlichen sowie einer rechtssoziologischen Analyse zusammen. Unter anderem werden anknüpfend an die Erhebungen 2013 und 2014 Behindertenverbände sowie Sozialleistungsträger als Adressaten des BGG befragt. Die bisherigen Erhebungen werden dahingehend erweitert, dass z.B. auch Menschen mit Behinderungen selbst zu ihrer Wahrnehmung von Barrierefreiheit und zur Auswirkung der Regelungen des BGG befragt werden.
Recht und Praxis der Widerspruchsausschüsse in der Sozialversicherung. Bestandsaufnahme und Wirkungsanalyse
(wiss. Mitarbeiterin: Manuela Fischer, stud. Hilfskraft: Alexandra Weber)
Widerspruchsausschüsse, die in den meisten der knapp 200 Sozialversicherungsträger in Deutschland eingerichtet sind, entscheiden jedes Jahr über deutlich mehr als eine Million Widersprüche von Versicherten gegen Bescheide in den vier großen Sparten der gesetzlichen Krankenversicherung, der Pflegeversicherung, der Rentenversicherung einschließlich der Alterssicherung für Landwirte und der Unfallversicherung. Die im Gesetz (§ 36a Abs. 1 Nr. 1 SGB IV) vorgesehenen und durch Satzung geschaffenen Ausschüsse haben in der sozialversicherungsrechtlichen Praxis unter mehreren Gesichtspunkten eine Schlüsselstellung.Das auf zwei Jahre angelegt empirische Forschungsprojekt der Universitäten Halle und Kassel will sich den Wirkungsdimensionen der Tätigkeit von Widerspruchsausschüssen in der Sozialversicherung mit darauf abgestimmten Forschungsfragen annähern: (1) In welcher Besetzung, auf welche Weise und mit welchen Ergebnissen und Wirkungen überprüfen Widerspruchsausschüsse rechtliche Entscheidungen der Sozialversicherungsträger gegenüber ihren Versicherten auf Richtigkeit, Zweckmäßigkeit und Fairness? (2) Wie tragen die Ausschüsse durch ihre Kontrollpraxis zur Qualitätssicherung der Arbeit der Sozialversicherungsträger bei? (3) In wie vielen und in welchen Fällen hat die Tätigkeit der Widerspruchsausschüsse zur Folge, dass die Versicherten ihre Unzufriedenheit mit einem Sozialverwaltungsakt nicht in eine Klage zum Sozialgericht umsetzen? (4) Inwieweit tragen Widerspruchsausschüsse im Rahmen der Selbstverwaltung zur Verwirklichung des Gedankens der „sozialen Mitbestimmung“ in der Sozialversicherung bei?Gefördert wird das Forschungsprojekt durch die Hans-Böckler-Stiftung. Für die wissenschaftliche Begleitung und Beratung ist in der Stiftung ein Forschungsbeirat eingerichtet worden.