Philosoph John Searle zu Gast im Promotionskolleg GeKKo
Fotos: A. Czajkowska
Prof. Dr. John Searle: Zur Person
von Andreas Gardt
Searle, der in Berkeley lehrt, hat sich unter anderem im Bereich der Sprachphilosophie, der Philosophie des Geistes und der Ontologie sozialer Phänomene einen Namen gemacht. Schlagartig bekannt wurde er 1969 mit seinem Werk "Speechacts", in dem er die Äußerungen, die wir von uns geben, nicht als bloße Beschreibungen der Realität bestimmt, sondern als Handlungen zwischen Menschen. Ein Satz wie "Es ist acht Uhr" ist nie nur reine Feststellung, sondern drückt immer ein Wollen aus, das der Sprecher auf den Angesprochenen richtet: Eine Warnung, sich zu beeilen oder, je nach Situation, eine Aufforderung, sich Zeit zu lassen. Sprechen ist damit mehr als das bloße Äußern von Worten und wird zu einer Form zwischenmenschlichen Handelns.
Im Laufe seiner Karriere hat John Searle an einigen zentralen Debatten teilgenommen, die über die (Sprach)Philosophie hinaus wirkten. So erklärte er es für grundsätzlich unmöglich, denkende Computer zu bauen, weil ihnen die Eigenschaft der Intentionalität, der gezielten Bezugnahme auf Sachverhalte der Welt, fehle. In den letzten Jahren ist für ihn die Frage der gesellschaftlichen Konstruktion von Wirklichkeit zunehmend in den Mittelpunkt gerückt. Auch hier spielt die Sprache eine zentrale Rolle: Unsere gesamten gesellschaftlichen Einrichtungen, von unserem Rechtswesen über die Währung bis hin zu so etwas Alltäglichem wie einer Cocktail-Party können nur dadurch zustande kommen, dass sie durch sprachliche Akte zu dem bestimmt werden, was sie für uns letztlich sind.
Bei all dem behält John Searle einen robusten Realismus bei, der keinen Zweifel an der Existenz auch einer durch Sprache nicht vermittelten Wirklichkeit zulässt, eine Position, die ihm in der gegenwärtigen intellektuellen Landschaft, in der das Konstruiertsein aller unserer Weltzugänge betont wird, auch zahlreiche Gegner eingebracht hat.