Lehre
Vorlesung
Mittwoch 10–12 Uhr
Ort: Henschelstraße 2 - Raum 1140
Beginn: 17. April 2024
Zuordnungen:
Umwelt- und Klimafragen sind zentrale Herausforderungen unserer Gegenwart. Es verwundert daher nicht, das Natur, Umwelt und Tiere schon seit geraumer Zeit fest zum Gegenstand der Geschichtswissenschaften gehören. Das war lange nicht so. Wir werden sowohl die Geschichte der Umweltgeschichte sowie die gesellschaftlichen Bedingungen, die zur Entdeckung von Natur, Tieren und Umwelt in der Geschichtswissenschaft in der Neuzeit führten, beleuchten. Dabei werden wir fragen, warum die Geschichtswissenschaft sich mit dem nichtmenschlichen Anderen beschäftigen sollte, welchen Beitrag sie zu gegenwärtigen Umweltfragen liefern kann, sowie welche Schwierigkeiten damit einhergehen. Darüber hinaus werden wir auch über die Frage nachdenken, ob Natur selber eine Geschichte hat bzw. inwieweit unser Verständnis von Geschichte neu definiert werden muss.
Die Vorlesung wird Ihnen einen Überblick über die Entwicklung der Umwelt-, Tier und Klimageschichte als historische Disziplinen geben sowie in aktuelle und historische Debatten zur Geschichtswissenschaft im Kontext gesellschaftlicher Umweltherausforderungen einführen. Sie werden dabei methodische sowie theoretische Zugänge und Herausforderungen kennenlernen. Wir fragen dabei unter anderem, was die Geschichte von einer Berücksichtigung von Natur hat, wie dieses Potenzial fruchtbar gemacht werden kann und was vielleicht auch die Grenzen sind.
Lerninhalte:
- Einführung in Umwelt-, Tier- und Klimageschichte
- Geschichte der Umwelt in der Neuzeit
- Grundbegriffe und -konzepte der Umweltgeschichte
- Methoden, Quellen und Theorien der Umweltgeschichte
- Geschichte der Umweltgeschichte und der Umweltbewegung
Seminar
Dienstag: 12–14 Uhr
Ort: Nora-Platiel-Str. 9 – Raum 0402
Beginn: 16. April 2024
Zuordnungen:
Das Seminar beleuchtet den Zusammenhang von Wissenschaft, Kolonialismus und Tier- und Pflanzenwelt am Beispiel der Kolonialisierungsgeschichte von Australien und Aotearoa Neuseeland. Die wissenschaftliche Erschließung, Bestimmung und Kartierung von Naturräumen und ihren Ressourcen war aufs engste mit der kolonialen Aneignung und Ausbeutung von Überseeterritorien verbunden. Gleichzeitig stellte die naturwissenschaftliche Beschreibung der Territorien selber eine Kolonisation lokaler Wissensbestände dar.
Sie werden in dem Seminar die Kolonialisierungsgeschichte Ozeaniens in ihrer Verschränkung mit deutschsprachigen Perspektiven sowie kulturgeschichtliche Zugänge zur Wissenschaftsgeschichte kennenlernen und vertiefen. Dabei beleuchten wir den Zeitraum von der europäischen Ankunft bis heute. Die Kolonialisierungsgeschichte Ozeaniens erlaubt es uns außerdem besonders gut, Kontroversen um Dekolonisation, Gerechtigkeit und Verantwortung und die Rolle von Wissenschaft und Geschichtsschreibung darin zu diskutieren. In der Studienleistung haben Sie Gelegenheit, sich historische Grundbegriffe zu erarbeiten sowie mit neuseeländischen Quellen zu arbeiten.
Seminar
Dienstag: 16–18 Uhr
Ort: Arnold-Bode 10 – Raum 1215
Beginn: 16. April 2024
Zuordnungen: MA Geschichte und Öffentlichkeit Modul A1; L3 (2010) Modul 8; L3 (2019) Modul 6; L3 (2023) Modul 7
Ausgehend von der gegenwärtigen Umweltkrise werden wir in dem Kurs fragen, was Geschichte ist. Phänomene wie der Klimawandel stellen unser auf den Menschen ausgerichtetes Geschichtsverständnis derzeit auf die Probe. Mit dem Anthropozän, der Epoche des Menschen, soll zum Beispiel eine neue Epoche ausgerufen werden, die Erdgeschichte und menschliche Geschichte vereint. Das fordert die Frage heraus, ob unsere bisherigen Vorstellungen von Geschichte noch tragbar sind oder ob sie erneuert werden müssen.
Sie werden sich in dem Kurs in Geschichtstheorien und -zugänge der letzten zwei Jahrhunderte einarbeiten. Dabei werden wir fragen, welche Rolle sie in unserer gegenwärtigen Situation und für unsere Sicht auf Geschichte haben oder vielleicht haben können. Zusätzlich werden wir uns mit Intellektuelleninterviews als Kulturtechnik und -medium beschäftigen. Im Rahmen des Seminars werden Sie eigene Reflexionstexte verfassen und die Methode des Interviews erproben.
Lerninhalte:
- Einführung in geschichtstheoretische Debatten der Neuzeit
- Theoriebildung in der Geschichtswissenschaft
- Geschichtskompetenz im Anthropozän
- Vertiefung spezifischer geschichtstheoretischer Debatten mit Blick auf das Verhältnis von Einzelereignis und geschichtlicher Erzählung
Seminar
Donnerstag: 12–14 Uhr
Ort: Universitätsplatz 9, ASL 1 - Raum 3108
Beginn: 18. April 2024
Zuordnungen: MA Geschichte und Öffentlichkeit Modul B1; L3 (2019) Modul 8; L3 (2023) Modul 7
Biografie liegt als historische Methode und historisches Genre an der Schnittstelle zur Populärliteratur. Das macht sie so attraktiv und anschlussfähig wie herausfordernd, sowohl was die Forschung als auch ihr Verfassen angeht. In dem Seminar werden wir uns anhand ausgewählter Beispiele mit Spezifika der Biografie als historischer Forschungsmethode auseinandersetzen. Sie werden einen Einblick in die Entwicklung der Biografie als Genre erlangen sowie verschiedene Biografietypen und ihre Potenziale für die Wissensproduktion über Geschichte kennenlernen. Nicht zuletzt werden wir dabei auch das Verhältnis von historischer Biografie zu Literatur und Populärkultur ausloten. Darüber hinaus lassen sich anhand der Biografie auch besonders gut Schwierigkeit der Distanz und Identifikation mit einem Forschungs- oder Wissensgegenstand reflektieren. Schließlich ist die Gefahr der Identifikation und Idealisierung mit dem Forschungsgegenstand in die Biografie wie bei kaum einem anderen Genre schon vom Gegenstand her eingelassen. Gleichzeitig werden wir uns mit dem Schreiben von Biografien beschäftigen und es üben. Dabei werden Sie Gelegenheit haben, an eigenen biografischen Versuchen zu arbeiten und diese weiterzuentwickeln und so Ihre Fähigkeiten zum (populär-)wissenschaftlichen Schreiben entwickeln.
Lerninhalte:
- Biografik als historische Methode und Genre
- Kennenlernen verschiedener Biografietypen
- Theorien von Autorschaft
- Biografie als Schnittstelle zwischen Geschiche und Öffentlichkeit
- Verfassen und weiter entwickeln (populär-)wissenschaftlicher Texte
Seminar
BA HF Modul 4; BA NF Modul Modul 3; L3 & L2 (2019) Modul 5; L2 & L3 (2010, 2014, 2023) Modul 6
Das Seminar behandelt das Verhältnis von Kapitalismus, wissenschaftlicher Erschließung von Natur im Verhältnis zur modernen Wissenschaftsgeschichte, und dem Verhältnis des Menschen zur Natur aus umwelt- und tiergeschichtlicher befassen. Das Seminar geht dem Wandel in Naturverstehen und Naturverhältnis in Europa mit Schwerpunkt auf dem 19. Jahrhundert nach. Im Zentrum steht dabei nicht zuletzt die historische Rolle von Wissenschaft im Verhältnis des Menschen zur Natur und wie sie den Diskurs um die Umweltkrise bis heute prägt. Dabei werden wir Gelegenheit haben, sowohl den Einfluss der Wissensproduktion als auch des Kapitalismus‘ auf die Naturverhältnisse zu reflektieren. Sie haben damit die Gelegenheit, ihr historisches Wissen gesellschaftlicher Naturverhältnisse im Kontext der Wissens- und Kapitalismusgeschichte zu vertiefen.
Lerninhalte:
- Umwelt- und Wissenschaftsgeschichte Europas
- Kapitalismusgeschichte
- Geschichte neuzeitlicher Mensch-Naturverhältnisse
- Geschichte der Umweltkrise und -diskurs
- Agrar-, Forst- und Energiegeschichte des 19. Jh.
Exkursionsseminar
BA HF Modul 6; L3 & L2 (2019) Modul 5; L2 & L3 (2010, 2014, 2023) Modul 6
Tiere sind in menschlichen Gesellschaften allgegenwärtig – von unseren Häusern und Wohnungen über unsere Felder und Städte bis in unsere Supermärkte, Kinos und Buchläden hinein. Das wirft die Frage auf, welche Rolle sie in der menschlichen Geschichte spielen und welche Geschichte diese Verhältnisse haben. Fragen dieser Art werden seit den 1970er Jahren in den Forschungsfeldern der Human-Animal Studies und der Tiergeschichte gestellt. Das Forschungsfeld hat sich seither fest in der wissenschaftlichen Landschaft etabliert. Insbesondere in der Tiergeschichte geht es dabei einerseits um die Erforschung der Geschichte der Repräsentation von Tieren in Kunst, Medien und Literatur sowie die Frage nach der kulturell-symbolischen Bedeutung von Tieren. Andererseits aber auch um die Frage, wie Tiere durch ihre Anwesenheit und eigenes Handeln menschliche Geschichte beeinflussen; in den Human-Animal Studies spricht man hier von der Wirkmächtigkeit von Tieren in menschlichen Gesellschaften. Die Themen, die dabei behandelt werden, reichen von der Rolle von Tieren und Tierbildern in Denksystemen und der Ideengeschichte westlicher Gesellschaften über Interaktionen zwischen Menschen und Tieren bis zu Untersuchungen der tierbezogenen Praktiken bzw. der Behandlung von Tieren in verschiedenen gesellschaftlichen Feldern wie u.a. Wissenschaft, Ökonomie, Landwirtschaft.
Das Seminar führt Sie in die Human-Animal Studies mit einem Fokus auf die historische Dimension der Rolle von Tieren in menschlichen Gesellschaften ein. Dabei werden wir uns sowohl mit dem Konzept von Tiergeschichte beschäftigen als auch debattieren, wie sich der oben beschriebene, sogenannte Animal Turn in der Geschichtswissenschaft niedergeschlagen hat. Themen, die in dem Seminar diskutiert werden, reichen von theoretischen Konzeptionen tier-menschlicher Annäherungen, über die historische Handlungsfähigkeit und Wirkmächtigkeit von Tieren bis zur methodisch-angewandten Umsetzung des Forschungsprogrammes der Human-Animal Studies. Das Seminar bietet Ihnen die Möglichkeit, ein neues Feld der Geschichtswissenschaft kennen zu lernen, das sich in einer breitgefächerten Vielzahl beruflicher Kontexte gewinnbringend anwenden lässt und nicht zuletzt auch zentrale Bezüge zu ökologischen Nachhaltigkeitsdiskursen herstellt. Ziel des Seminars ist es, grundlegende Aspekte der Human-Animal Studies und der Tiergeschichte zu rekapitulieren und anwenden zu können. Die Teilnehmer*innen sollen darüber hinaus in die Lage versetzt werden, die Relevanz theoretischer Konzepte für die Geschichtsschreibung zu erkennen.
Lerninhalte:
- Human-Animal Studies und Tiergeschichte als neues interdisziplinäres Forschungsfeld
- Methoden der Tiergeschichte
- Geschichte von Mensch-Tier-Verhältnissen und historische Repräsentation von Tieren
- Naturkundemuseum als (Tier-) historischer Ort
Seminar
MA Geschichte und Öffentlichkeit Modul A3; L3 (2010) Modul 8; L3 (2019) Modul 6; L3 (2023) Modul 7
Darwin revolutionierte im 19. Jahrhundert nachhaltig die Evolutionstheorie. Sein Ansatz fand wissenschaftlich schnell allgemein Anerkennung. In der Öffentlichkeit wurde seine Arbeit jedoch insbesondere mit Blick auf die evolutionäre Abstammung vom Affen und damit die Geschichte des Menschen hochgradig skeptisch und mit bisweilen offenem Spott diskutiert. Besonders deutlich wird das an einer berühmten Karikatur von 1871, in der Darwins Kopf auf dem Körper eines Orang-Utans dargestellt wird. Darwin stellt somit einen spannenden Fall dar, das Verhältnis von Wissensproduktion und Öffentlichkeit historisch aufzuarbeiten. Parallelen werden dabei mitunter zur heutigen Klimadebatte und die Leugnung menschengemachter globaler Erwärmung deutlich, die die gegenwärtige Relevanz dieses Verhältnisses verdeutlichen.
Im Seminar werden wir uns mit dem Verhältnis von Wissenschaft und Öffentlichkeit sowie deren Umgang mit Geschichte am Beispiel der öffentlichen Debatte um Darwin auseinanderzusetzen. Dabei werden wir Gelegenheit haben, sowohl allgemein über Geschichte und das Verhältnis von Wissenschaft und Öffentlichkeit nachzudenken als auch Einblicke in dieses Verhältnis im Europa des Langen 19. Jahrhunderts gewinnen. Außerdem wird es um eine Vertiefung historischer Zugänge und die wissenshistorische Aufarbeitung von öffentlichem Diskurs sowie der Rolle von Wissensproduktion in der Öffentlichkeit gehen. Das Seminar ermöglicht es Ihnen somit, sowohl das Verhältnis von Wissensproduktion und Öffentlichkeit historisch als auch die Wissensgeschichte als eine historische Subdisziplin kennen zu lernen sowie Ihr geschichtliches Verständnis von Öffentlichkeit im 19. Jahrhundert zu vertiefen.
Lerninhalte:
- Geschichte der Repräsentation und Verhandlung von Wissenschaft und Geschichte in der Öffentlichkeit im Europa des Langen 19. Jahrhunderts, sowie den Fall Darwins als prominentes Beispiel dieses Verhältnisses
- Vertiefung wissensgeschichtlicher Methodik, z.B. öffentliche Quellen als Zugang zur Wissenschaftsgeschichte
Wissensgeschichte als Subdisiziplin der Geschichte
Seminar
MA Geschichte und Öffentlichkeit Modul A2; MA Agriculture, Ecology & Societies; L3 (2010) Modul 8; L3 (2019) Modul 6; L3 (2023) Modul 7
Humans today shape the planet on a geological scale. Indeed, the human impact on the environment is larger than all nonhuman forces in nature combined. To recognize this influence, scholars argue that we are living in a new epoch: the Human Age, or Anthropocene. The idea has been immensely popular yet equally controversial. Various starting points have been suggested for the epoch, from the neolithic revolution over the European discovery of the Americas, and the industrial revolution to the detonation of the first atomic bomb. Critics have pointed out, how each prioritizes a different narrative of responsibility for the environmental crisis. Others have rejected the concept completely for its colonial overtones that hides the responsibility of some by creating a vision of a coherent humanity.
In the course, we will explore the Anthropocene through the different proposals for its beginning and ask for their consequences for environmental justice. You will gain an understanding of three concepts central to current debates in the environmental humanities and history: the ”Anthropocene”, ”deep history” and ”environmental justice”. We will consider these concepts in how they intersect social, environmental, scientific and historical dimensions of the current environmental crisis. Therein, we will have equal opportunity to consider questions of justice amongst human societies and cultures as in relation to nonhumans and the environment as such. The relevance of this is not only theoretical, but also practical, as environmental justice is not just a question of equal representation but negotiating differing responsibilities. In the context of your studies, the course contributes to gain a better understanding of the social and historical dimensions of our current environmental challenges as well as of potential responses to the crisis.
Learning goals:
- introduces ideas and discourses of the ”Anthropocene”, ”deep history”, and ”environmental justice”
- theories of historical periodization in relation to environmental justice and the Anthropocene
- history of human-nature relations in relation to transformations of nature
- environmental and animal history
Projektseminar
Geschichte für MA u. Lehramt Gymnasium
Anglistik/Englisch für BA, MA u. Lehramt Gymnasium
Module „Geschichte digital“ u. „Macht und Herrschaft“
In dem Seminar werden wir gemeinsam eine virtuelle Ausstellung zu Protestkulturen auf der Internetplattform omeka.net erarbeiten. Sie werden dabei selbst Quellen und Exponate sammeln, diese katalogisieren lernen, und ausgehend von der so entstandenen Sammlung die Ausstellung entwickeln. Dabei werden Sie in Kleingruppen Teilbereiche der Ausstellung erstellen, Ausstellungstexte verfassen, und die Präsentation der Ausstellung umsetzen.
Wir werden uns dabei sowohl mit Fragen der Ausstellungsgestaltung als auch der Repräsentation beschäftigen – also fragen, was die von Ihnen gesammelten Exponate repräsentieren und was es heißt, dass sie etwas „repräsentieren”, sowie die Herausforderung reflektieren, wie in der eigenen Repräsentation des Themas in der Ausstellung eine adäquate Repräsentation der Akteur*innen sichergestellt werden kann. Nicht zuletzt wird es dabei auch darum gehen, gemeinsam ein Verständnis von Protestkulturen zu entwickeln und zu überlegen, wie ein so vage bleibendes Phänomen wie Protest ausgestellt werden kann.
Lerninhalte:
- Kritische Vermittlung historischen Wissens im Internet, am Beispiel der Erstellung einer virtuellen Ausstellung zu Protestkulturen
- Erstellen von Sammlungen
- Gestalten von Ausstellungen und Ausstellungstexten
- Protest als kulturell-historisches Phänomen kennenlernen
- Repräsentation und den Diskurs sowie ihre Umsetzung im Bereich der Geschichte theoretisch verstehen und reflektieren lernen
Seminar
Geschichte für BA, Lehramt Haupt- u. Realschule u. Gymnasium
Modul “Europa”
Der Kurs wird in die Bedeutung und Entstehung des Konzepts des Anthropozäns aus geschichtswissenschaftlicher Perspektive einführen und diese in die Umweltgeschichte des 20. und 21. Jahrhunderts einordnen. Dabei nähern wir uns dem Anthropozän von einem außereuropäischen Blickwinkel und werden uns sowohl mit der wissenschaftlichen Literatur als auch populärkulturellen Texten zum Anthropozän auseinandersetzen.
Der Begriff des Anthropozäns wurde im Jahr 2000 als eine neue geologische Epoche, in die die Erde eingetreten sei, von dem Chemiker Paul Crutzen und dem Biologen Eugene Stoermer vorgeschlagen. Seither hat die Bezeichnung enorme Verbreitung auch über die Wissenschaft hinaus gefunden, etwa in dem Album „Miss Anthropocene“ der Musikerin Grimes oder dem Song „Anthrocene“ der Band Nick Cave & The Bad Seeds. Als „Zeitalter des Menschen“ verwischt es dabei allerdings die Grenzen zwischen der menschlichen Sozialgeschichte und der Geschichte der Natur, was sowohl die Frage aufwirft, was das Anthropozän eigentlich ist (Natur- oder soziale Geschichte), als auch, welche Geschichte im Anthropozän wie geschrieben wird.
Lerninhalte:
- ein Verständnis von dem Begriff des Anthropozäns und den Kontroversen anhand seiner Geschichte entwickeln,
- den Begriff historisch und intellektuell einordnen lernen,
- außereuropäische Perspektiven auf das Anthropozän kennenlernen,
- und untersuchen, wie eine Auseinandersetzung mit Geschichte im Anthropozän aussehen kann oder sollte.
Dabei ist nicht zuletzt auch gefragt, ob und wie Sie selbst das Anthropozän historisch wahrnehmen.
Seminar
Geschichte für BA, Lehramt Haupt- u. Realschule u. Gymnasium
Modul “Außereuropa”
Das Seminar beleuchtet die Wechselwirkungen von Naturwissenschaften, Kolonialismus und Naturaneignung am Beispiel der Kolonialisierungsgeschichte von Aotearoa Neuseeland.
Die wissenschaftliche Erschließung, Bestimmung und Kartierung von Naturräumen und ihren Ressourcen war aufs engste mit der kolonialen Aneignung und Ausbeutung von Überseeterritorien verbunden. Gleichzeitig stellte die naturwissenschaftliche Beschreibung der Territorien selber eine Kolonisation lokaler Wissensbestände dar.
Aotearoa taucht als Territorium relativ spät in der Geschichte europäischer Kolonisation auf. Durch seine geographische Lage hatte es in der kolonialen Ökonomie eine periphere Rolle. Dies änderte sich erst zur Mitte des 19. Jahrhunderts, unter anderem mit der Erfindung von Kühlschiffen. Zuvor war es hauptsächlich bedeutsam als Stützpunkt für den pazifischen Walfang.
Durch diese Spezifika und eine hochgradig eigensinnige Flora und Fauna treten die Einbindung von Naturwissenschaften sowie kulturelle, soziale, koloniale und wissenschaftliche Spannungsverhältnisse in der Aneignung von Natur deutlicher zu Tage als anderswo. Diese wirken bis heute nach, so dass die Kolonialisierungsgeschichte von Aotearoa sich außerdem anbietet, Kontroversen in der Auseinandersetzung um Gerechtigkeit und Verantwortung im Kontext gegenwärtiger Umweltzerstörung zu diskutieren.
In dem Seminar werden wir so einerseits die Rolle von Wissenschaft in der Aneignung und Ausbeutung von Natur- und Kulturräumen beleuchten, sowie andererseits hierdurch neue Blicke auf unserer heutige Umweltdebatte zu Tage fördern.
Literaturbeispiele:
- Annie Potts, Philip Armstrong, Deidre Brown: A New Zealand Book of Beasts: Animals in our Culture, History and Everyday Life. New York 2013.
- Harriet Ritvo: The Platypus and the Mermaid and Other Figments of the Classifying Imagination. Cambridge, MA 1998.
- Ulrike Kirchberger und Brett M. Bennett (Hrsg.): Environments and Empire: Networks and Agents of Ecological Change. Chapel Hill, IL 2020.
- Geoffrey W. Rice (Hrsg.): The Oxford History of New Zealand. Auckland 1992.
Seminar
Geschichte für MA u. Lehramt Gymnasium
Module „Kulturelle Praktiken und Diskurse“ u. „Geschichte und Öffentlichkeit“
Wie lässt sich aus den faktischen Befunden einer empirischen Geschichtswissenschaft eine, oder gar die Geschichte konstruieren? Ist dies überhaupt möglich? Oder erstrebenswert? Und was könnte der Gewinn eines Nachdenkens über solche Fragen sein?
In dem Seminar werden diese Fragen erörtert. Dabei werden wir uns spezifische geschichstheoretische Ansätze ansehen, von der Universalgeschichte Hegels und den Positionen Walter Benjamins und Theodor W. Adornos über Hayden White und Susan Buck-Morss. Die Positionen dienen als Reflexionspunkte, um zu diskutieren, was Geschichte ist oder sein könnte und welche Herausforderungen sich dabei für die Geschichtsschreibung und -vermittlung ergeben. Sie erhalten somit eine Einführung in die Geschichte der Debatten um den Sinn von Geschichte sowie lernen einzelne geschichtstheoretische Referenzen kennen.
Der Schwerpunkt des Kurses liegt auf dem Verhältnis von allgemeiner Tendenz und individuellem Ereignis, das sich heute insbesondere in Fragen nach dem Verhältnis von Natur und Geschichte bzw. Gesellschaften stellt. Betrifft Geschichte die Geschichte des Menschen, oder ist es immer schon eine gemeinsame Geschichte von Menschen und Natur, und wie ist es mit der Gemeinsamkeit der Geschichte von verschiedenen menschlichen Gruppen? Anders gefragt: Lässt Geschichte sich auf einzelne Ereignisse und disparate Erzählungen reduzieren, oder benötigen wir, gerade in Zeiten von Problemlagen wie dem Klimawandel, der uns alle zu betreffen scheint, auch gemeinsame historische Erzählungen?
Literaturbeispiele:
- Susan Buck-Morss: Hegel und Haiti: Für eine neue Universalgeschichte. Berlin 2011.
- Hayden White: Auch Klio dichtet oder die Fiktion des Faktischen: Studien zur Tropologie des historischen Diskurses. Stuttgart 1986.
- Stefan Haas: "Theoriemodelle der Zeitgeschichte", Version: 2.0, in: Docupedia-Zeitgeschichte, 22.10.2012, http://docupedia.de/zg/haas_theoriemodelle_v2_de_2012
Seminar
Geschichte für MA u. Lehramt Gymnasium; Soziologie für MA
Module „Macht und Herrschaft“ u. „Sozialtheorie und gesellschaftlicher Wandel“
Das Buch Tausend Plateaus von Giles Deleuze und Félix Guattari ist eines der schillerndsten Werke der zweiten Hälfte des zwanzigsten Jahrhunderts, das so einflussreich wie umstritten ist. Es gilt als Schlüsselwerk des Postmodernismus, der als Theorieströmung die Kulturanalyse in der zweiten Hälfte des zwanzigsten Jahrhunderts dominiert hat. Dabei findet man kaum jemanden der einem sagen könnte, was es eigentlich mit dem Buch auf sich hat. Der kritische Theoretiker Fredric Jameson hebt allerdings hervor, dass Deleuze und Guattari gegenüber dem Strukturalismus des 20. Jahrhunderts die Dynamik der Geschichte wieder in die Analyse spätmoderner Kulturen zurückgeholt hätten.
Es scheint immer angemessen zu sein, sich selber einen Eindruck von einem Werk zu machen bevor man seinen Kritiker*innen oder Apologet*innen folgt – zumal weithin Einigkeit besteht, das Tausend Plateaus nicht auf eine Formel zu bringen ist. Eine Zusammenfassung des Werkes wird gemeinhin als unmöglich angesehen. In dem Seminar werden wir Tausend Plateaus daher gemeinsam lesen und versuchen, uns das Werk zu erschließen. Dabei reflektieren wir insbesondere auf Fragen der Qualität von Geschichte in spätmodernen, spätkapitalistischen Gesellschaften sowie der Analyse von Geschichte in Tausend Plateaus. Neben dem Buch selber lassen sich mithilfe der Lektüre somit die so gegenwärtigen wie uneindeutigen Konzepte von Postmodernismus und Fragen zur Linearität von Geschichte thematisieren. Ausgewählte Texte werden unsere Diskussion unterstützen. Hauptsächlich werden wir aber schrittweise das Buch selber lesen.
Literaturbeispiele:
- Gilles Deleuze, Félix Guattari: Tausend Plateaus. Kapitalismus und Schizophrenie. Berlin 1992.
Seminar
Geschichte für BA, Lehramt Haupt- u. Realschule u. Gymnasium
Modul „Vertiefungsmodul Europa“ u. „Grundlagenmodul Neuzeit“
Die Zeit der europäischen Aufklärung wird als eine Epoche des Umbruchs verstanden. Zentral war dabei ein Wandel im menschlichen Verhältnis zur und Verständnis von Natur. Diese Neuvermessung wirkt dabei bis heute in die Auseinandersetzungen um Klimawandel und Anthropozän nach. Was aber ist diese Natur? Ist sie ein Anderes zur menschlichen Kultur? Ist der Mensch Teil der Natur? Und gibt es so etwas wie Natur überhaupt? In der frühen Neuzeit wurden die Antworten auf diese Fragen neu verhandelt.
Der Kurs verfolgt die Umbrüche in den Naturvorstellungen die grob zwischen 1600 und 1800 in Europa erfolgt sind, um diesem Diskurs mehr Tiefe zu verleihen. Um die Debatte greifbarer zu machen, konzentrieren wir uns auf Tiere als spezifische Repräsentanten von Natur sowie den Wandel im Wissenschaftsverständnis der mit der Aufklärung einher ging und wie er sich am Beispiel von Tieren äußerte. Sie erhalten damit Einblicke in die Wurzeln heutiger Natur-Diskussionen sowie die Möglichkeit zur kritischen Einordnung der Aufklärung. Dabei werden wir bewusst einen europaweiten Blick einnehmen.
Seminarinhalte:
- Die Aufklärung in Europa mit dem Schwerpunkt Natur
- Geschichte der Naturverständnisse und Naturverhältnisse
- Europäische Wissenschaftsnetzwerke der frühen Neuzeit
Literaturbeispiele:
- Karen Gloy: Das Verständnis der Natur. München: 1995-1996.
- Carolyn Merchant: Der Tod der Natur. München: 1987.
- Markus Wild. Die anthropologische Differenz. Der Geist der Tiere in der frühen Neuzeit bei Montaigne, Descartes und Hume. Berlin: 2006.
Seminar
Philosophie für BA u. MA u. Lehramt Gymnasium
Module „Vertiefung theoretische Philosophie“ u. „Wissenschaftstheorie“
War im Zuge der Abwicklung des real existierenden Sozialismus von einer Krise des Materialismus die Rede, macht seit einiger Zeit ein New Materialism die Runde. Dabei legen seine Vertreter*innen wert darauf, dass der neue Materialismus sich fundamental von seinen Vorgängern unterscheidet.
Der Kurs wird in die Positionen des New Materialism und seiner philosophischen Geschwister Object-Oriented Ontology und Speculative Realism einführen und fragen, in welchem Verhältnis er zum Materialismus alter Distinktion steht. Einerseits wird es dabei darum gehen zu erörtern, in wieweit der New Materialism eine abgrenzbare philosophische Position darstellt oder vielleicht eher ein Diskursfeld, sowie andererseits auf seine historisch-gesellschaftliche Relevanz und Verortung zu reflektieren sein.
Voraussichtlich behandelte Autor*innen werden Karen Barad, Christine Bauhardt, Rosie Braidotti, Jane Bennett, Elizabeth Grosz, Stacy Alaimo, Diana Coole, Tony Bennett, Timothy Morton und Graham Harman sein. Auf Seite des alten Materialismus werden wir insbesondere Walter Benjamin berücksichtigen, der sowohl Stichwortgeber als auch Abgrenzungsobjekt für den New Materialism ist.
Literaturbeispiele:
- Kameron Sanzo: “New Materialism(s).” Veröffentlicht online am 25.04.2018 auf: https://criticalposthumanism.net/new-materialisms/
- Rick Dolphijn, Iris van der Tuin (Hrsg.): New Materialism: Interviews & Cartographies. Ann Arbor: 2012. Frei erhältlich unter http://openhumanitiespress.org/books/download/Dolphijn-van-der-Tuin_2013_New-Materialism.pdf
- Diana Coole & Samantha Frost (Hrsg.): New Materialisms: Ontology, Agency, and Politics. Durham, London: 2010.
Studentisch organisierte Ringvorlesung
Geöffnet für das Zertifikat Umweltwissen des Graduiertenzentrums Umweltforschung
http://www.verhältnisseverstehen.de
Sehen wir Tiere wirklich als das, was sie sind oder ist unser Blick durch Tradition und Kultur getrübt? Warum wird die nahezu grenzenlose Gewalt über gegenüber „Nutztieren“ toleriert und gegenüber „Haustieren“ geächtet? Welchen Umgang und Schutz schulden wir Lebewesen, die nicht selbst für ihre Bedürfnisse einstehen können und dem menschlichen Nutzungsinteresse gänzlich ausgeliefert sind?
Mensch-Tier-Verhältnisse sind gekennzeichnet durch scheinbar unlösbare Widersprüche. Sie sind jedoch nicht starr und naturgegeben, sondern historisch gewachsen und einem ständigen Wandel unterlegen. Deshalb darf die Forschung zu Tieren nicht bei ihrer Verwertbarkeit oder ihrem Verhalten aufhören. Um unser Verhältnis nachhaltig positiv zu beeinflussen, muss das Mensch-Tier-Verhältnis als kulturell gewachsenes Phänomen mitsamt seinen gesellschaftlichen, historischen und politischen Dimensionen gesehen und verstanden werden.
Diese Vorlesungsreihe behandelt aktuelle Fragen zum Umgang mit Tieren auf einer gesamtgesellschaftlichen Ebene. Lassen Sie sich aufregen und überraschen von erfrischenden Ideen aus der Tierethik und den Human-Animal Studies, gewürzt mit Erkenntnissen aus Philosophie, Psychologie und Soziologie.
Projektseminar
Geschichte für MA u. Lehramt Gymnasium
Anglistik/Englisch für BA, MA u. Lehramt Gymnasium
Module „Geschichte digital“ u. „Macht und Herrschaft“
Oktopusse sind derzeit in Mode. Ein Vorläufer dieser Faszination lässt sich bereits im Großbritannien des 19. Jh. finden. Während die Tiere damals als Attraktion funktionierten, die Besucher*innen in die neu gegründeten öffentlichen Aquarien locken sollte, stehen sie heute vor allem für eine Begegnung mit einem nichtmenschlichen Bewusstsein. Die Begeisterung für Oktopusse spiegelt sich dabei in unterschiedlichsten Weisen wider. Zusätzlich zu Filmen, Kunst und Wissenschaften entwickelten sich neue Repräsentationskulturen, welche die achtarmigen Wesen für sich entdeckten.
Ziel des Seminars ist diese unterschiedlichen Repräsentationsformen im Rahmen einer virtuellen Ausstellung für ein breites Publikum visuell und textlich aufzubereiten. Durch eigene Recherchetätigkeiten werden Sie ein genaueres Verständnis von Repräsentationskulturen erarbeiten und die verschiedenen Repräsentationen von Oktopussen aus historischer Perspektive mit aussagekräftigen Materialien dokumentieren. Darüber hinaus werden wir Mechanismen von Macht in der Vermittlung von Geschichte und den verantwortungsvollen Umgang mit dieser Rolle von Historiker*innen thematisieren.
Die von Ihnen im Rahmen des Seminars erstellte Ausstellung wird in ein bestehendes Forschungsprojekt zur Ästhetik von Oktopussen eingebunden. So haben Sie die Möglichkeit an laufenden Forschungsprozessen teilzunehmen.
Literaturbeispiele:
- Richard Schweid: Octopus. London 2014
- Sharon MacDonald (Hg.): The Politics of Display: Museums, Science, Culture. London 2006
- Stefanie Samida: „Überlegungen zu Begriff und Funktion des ‚virtuellen Museums‘: Das archäologische Museum im Internet”, Muesologie Online 4 (2002), S. 1-58. (http://www.historisches-centrum.de/m-online/02/01.pdf)
Historisches Propädeutikum
Geschichte für BA
Modul „Einführung in die Geschichtswissenschaft – Geschichte der Neuzeit“
Tiere sind in Geschichtsbüchern allgegenwärtig. Lange galten sie dabei allerdings als Statisten oder materielle Gegenstände in einer ausschließlich von Menschen gemachten Geschichte, die keinen nennenswerten Einfluss auf die historische Entwicklung von Gesellschaften hatten. Diese passive Position von Tieren wird seit einiger Zeit hinterfragt und stattdessen explizit die Rolle von Tieren sowie den Verhältnissen von Menschen und Tieren in und für Geschichte in den Fokus gerückt. Historische Entwicklungen sind nach dieser Auffassung nicht ohne Tiere denkbar. Ihnen wird damit eine bedeutende Rolle in der Geschichte zugeschrieben. Dieser neue Zweig geschichtswissenschaftlicher Forschung wird als Tiergeschichte beschrieben. Damit verknüpfen sich allerdings einige Fragen. Woher rührt die Entdeckung von Tieren als historische Akteure? Was genau ist Tiergeschichte? Können Tiere Geschichte überhaupt aktiv beeinflussen? Wie kann eine Tiergeschichte geschrieben werden? Was gewinnen oder verlieren wir mit der Tiergeschichte?
Das Seminar baut auf diese Fragen auf. Wir werden den Ursprüngen der Tiergeschichte nachgehen, uns über die theoretischen Grundlagen und einige methodische Herausforderungen zur Untersuchung und Darstellung von Tiergeschichte auseinandersetzen sowie mit verschiedenen Beispielen konkreter Tiergeschichtsschreibung beschäftigen. Sie lernen damit einen neuen und hochaktuellen Forschungsansatz in den Geschichtswissenschaften kennen. Darüber hinaus ermöglicht das Seminar Ihnen, das wissenschaftliche Arbeiten und Präsentieren am konkreten Beispiel der Tiergeschichte kennenzulernen und zu üben.
Literaturbeispiele:
- John Berger: „Warum sehen wir Tiere an?” In Ders., Das Leben der Bilder oder die Kunst des Sehens. Berlin 2003, S. 12–35.
- Harriet Ritvo: The Platypus and the Mermaid, and Other Figments of the Classification. Cambridge, MA 1997.
- Gesine Krüger, Aline Steinbrecher, Clemens Wischermann (Hg.): Tiere und Geschichte. Konturen einer Animate History. Stuttgart 2014.
- Keith Thomas: Man and the Natural World. Changing Attitudes in England 1500–1800. London 1983.
Ausstellung „History According to Cattle”: http://www.gustafssonhaapoja.org/museum-of-the-history-of-cattle/
Seminar
Geschichte für MA u. Lehramt Gymnasium
Module „Kulturelle Praktiken und Diskurse“ u. „Geschichte und Öffentlichkeit“
Wie lässt sich aus den faktischen Befunden einer empirischen Geschichtswissenschaft eine, oder gar die Geschichte konstruieren? Ist dies überhaupt möglich? Oder erstrebenswert? Und was könnte der Gewinn eines Nachdenkens über solche Fragen sein?
In dem Seminar werden diese Fragen erörtert. Dabei werden wir uns spezifische geschichstheoretische Ansätze ansehen, von der Universalgeschichte Hegels und den Positionen Walter Benjamins und Theodor W. Adornos über Hayden White und Susan Buck-Morss. Die Positionen dienen als Reflexionspunkte, um zu diskutieren, was Geschichte ist oder sein könnte und welche Herausforderungen sich dabei für die Geschichtsschreibung und -vermittlung ergeben. Sie erhalten somit eine Einführung in die Geschichte der Debatten um den Sinn von Geschichte sowie lernen einzelne geschichtstheoretische Referenzen kennen.
Der Schwerpunkt des Kurses liegt auf dem Verhältnis von allgemeiner Tendenz und individuellem Ereignis, das sich heute insbesondere in Fragen nach dem Verhältnis von Natur und Geschichte bzw. Gesellschaften stellt. Betrifft Geschichte die Geschichte des Menschen, oder ist es immer schon eine gemeinsame Geschichte von Menschen und Natur, und wie ist es mit der Gemeinsamkeit der Geschichte von verschiedenen menschlichen Gruppen? Anders gefragt: Lässt Geschichte sich auf einzelne Ereignisse und disparate Erzählungen reduzieren, oder benötigen wir, gerade in Zeiten von Problemlagen wie dem Klimawandel, der uns alle zu betreffen scheint, auch gemeinsame historische Erzählungen?
Literaturbeispiele:
- Susan Buck-Morss: Hegel und Haiti: Für eine neue Universalgeschichte. Berlin 2011.
- Hayden White: Auch Klio dichtet oder die Fiktion des Faktischen: Studien zur Tropologie des historischen Diskurses. Stuttgart 1986.
- Stefan Haas: "Theoriemodelle der Zeitgeschichte", Version: 2.0, in: Docupedia-Zeitgeschichte, 22.10.2012, http://docupedia.de/zg/haas_theoriemodelle_v2_de_2012
Pro-Seminar
Geschichte für BA
Modul „Einführung in die Geschichtswissenschaft – Geschichte der Neuzeit“
Tiere sind in Geschichtsbüchern allgegenwärtig. Lange galten sie dabei allerdings als Statisten oder materielle Gegenstände in einer ausschließlich von Menschen gemachten Geschichte, die keinen nennenswerten Einfluss auf die historische Entwicklung von Gesellschaften hatten. Diese passive Position von Tieren wird seit einiger Zeit hinterfragt und stattdessen explizit die Rolle von Tieren sowie den Verhältnissen von Menschen und Tieren in und für Geschichte in den Fokus gerückt. Historische Entwicklungen sind nach dieser Auffassung nicht ohne Tiere denkbar. Ihnen wird damit eine bedeutende Rolle in der Geschichte zugeschrieben. Dieser neue Zweig geschichtswissenschaftlicher Forschung wird als Tiergeschichte beschrieben. Damit verknüpfen sich allerdings einige Fragen. Woher rührt die Entdeckung von Tieren als historische Akteure? Was genau ist Tiergeschichte? Können Tiere Geschichte überhaupt aktiv beeinflussen? Wie kann eine Tiergeschichte geschrieben werden? Was gewinnen oder verlieren wir mit der Tiergeschichte?
Das Seminar baut auf diese Fragen auf. Wir werden den Ursprüngen der Tiergeschichte nachgehen, uns über die theoretischen Grundlagen und einige methodische Herausforderungen zur Untersuchung und Darstellung von Tiergeschichte auseinandersetzen sowie mit verschiedenen Beispielen konkreter Tiergeschichtsschreibung beschäftigen. Sie lernen damit einen neuen und hochaktuellen Forschungsansatz in den Geschichtswissenschaften kennen. Darüber hinaus ermöglicht das Seminar Ihnen, das wissenschaftliche Arbeiten und Präsentieren am konkreten Beispiel der Tiergeschichte kennenzulernen und zu üben.
Literaturbeispiele:
- John Berger: „Warum sehen wir Tiere an?” In Ders., Das Leben der Bilder oder die Kunst des Sehens. Berlin 2003, S. 12–35.
- Harriet Ritvo: The Platypus and the Mermaid, and Other Figments of the Classification. Cambridge, MA 1997.
- Gesine Krüger, Aline Steinbrecher, Clemens Wischermann (Hg.): Tiere und Geschichte. Konturen einer Animate History. Stuttgart 2014.
- Keith Thomas: Man and the Natural World. Changing Attitudes in England 1500–1800. London 1983.
Ausstellung „History According to Cattle”: http://www.gustafssonhaapoja.org/museum-of-the-history-of-cattle/
Lektüre-Seminar
Geschichte für MA u. Lehramt Gymnasium
Philosophie für MA
Module „Theorie und Praxis“ u. „Historische Wissensformen und Wissenskulturen“
Seit ihrer Entstehung haben die Arbeiten Darwins kaum an Aktualität und politischer Brisanz eingebüßt. In den USA wird um die Berücksichtigung der Evolution im Schulunterricht gestritten, während die hessische Kultusministerin in 2010 den Vorstoß machte, als Gegengewicht zur Evolution auch die Schöpfungslehre in den Biologieunterricht aufzunehmen. Dabei ist Darwins Werk auch aus wissenschaftshistorischer Sicht auffällig. Obwohl es auch schon vor Darwin eine breite Debatte zur historisch-biologischen Entwicklung von Arten gab, wird kaum eine Idee synonymer mit einem Wissenschaftler verbunden als die der Evolution mit Darwin. Nur wenige wissenschaftliche Werke haben wohl ähnlich weitreichende Folgen auch über die Wissenschaft hinaus nach sich gezogen. Gleichzeitig ist dabei kaum ein Werk ideologisch verzerrter rezipiert worden, sei es in der Annahme eines auf Perfektionierung zielgerichteten Fortschreitens der Evolution oder der vielzitierten und verfälschten Formel des „survival of the fittest”. Dabei scheint es vor allem der Hang zur Weltanschauung zu sein, der für seine Popularität und Gewichtigkeit verantwortlich zeichnet.
Entsprechend bietet sich auch 150 Jahre nach ihrer Veröffentlichung aus ganz verschiedenen Gründen eine Lektüre von Darwins Schrift an: historisch aufgrund ihrer Gewichtigkeit, wissenschaftsphilosophisch wegen ihrer vielfach verzerrten Darstellung und Interpretation, sowie sozialpolitisch aufgrund ihrer weitreichenden ideologischen Aneignung und Umdeutung. Und es gibt derzeit noch einen weiteren Grund: im Rahmen von Umweltdebatten gibt es eine breite Verunsicherung und Diskussion über das moderne Verständnis von Natur. Darwins Theorie gibt hier einen Impuls, der es vielleicht ermöglicht, neue Blicke auf Natur zu eröffnen. Im Zentrum steht hier die Berücksichtigung von Evolution als einem zufälligen und durch die Handlungen einzelner Individuen vermittelten Prozess der Naturgeschichte.
Um ein angemessenes Bild von Darwins Theorie zu erarbeiten, werden wir daher in dem Lektüreseminar Darwins The Descent of Man, and the Selection in Relation to Sex (1871) in der deutsche Übersetzung lesen. Auch wenn The Origin of Species das vermutlich bekannteste Werk Darwins ist, buchstabiert vor allem The Descent of Man die Evolutionstheorie Darwins aus. Der Schwerpunkt wird dabei auf der Bedeutung von Darwins Schrift für ein Verständnis von der Geschichtlichkeit von Tieren liegen und dessen Konsequenzen sowohl für unser Verständnis von Geschichte sowie von Tieren, und somit geschichtswissenschaftliche mit wissenschaftstheoretischen Erörterungen verknüpft. Die Buchlektüre wird durch historische und wissenschaftsphilosophische Kontextualisierungen begleitet.
Neben einem fundierten Verständnis darwinscher Theorien zur Evolution und Naturgeschichte vermittelt Ihnen das Seminar Einblicke in die Wissenschafts- und Sozialgeschichte des 19. Jahrhunderts sowie wissenschaftstheoretische Aspekte der Theorie Darwins für heutige Debatten um die Eigenschaften tierlicher Existenz und Natur. Im Zentrum steht dabei die These der Historisierung der Natur im neunzehnten Jahrhundert im Bezug zum Gedanken einer Geschichtlichkeit von Tieren. Darüber hinaus werden wir Fragen zur These der Revolution von Wissenschaften, dem Verhältnis von Empirie und Theorie und dem Wandel im Naturverstehen des 19. Jahrhunderts diskutieren.
Literaturbeispiele:
- Charles Darwin: Die Abstammung des Menschen. Wiesbaden, 1986 resp. 1992 [1871].
- Eve-Marie Engels: Charles Darwin. München 2007.
- Eve-Marie Engels (Hg.): Die Rezeption von Evolutionstheorien im 19. Jahrhundert. Frankfurt a.M. 1995.
- Elizabeth Grosz: Becoming Undone: Darwinian Reflections on Life, Politics, and Art. Durham, London 2011.
- Jonathan Hodge, Gregory Radick (Hg.): The Cambridge Companion to Darwin. Cambridge 2009.
- Julia Voss: Charles Darwin zur Einführung. Hamburg 2008.
Pro-Seminar
Geschichte für BA
Modul „Einführung in die Geschichtswissenschaft – Geschichte der Neuzeit“
Tiere sind in Geschichtsbüchern allgegenwärtig. Lange galten sie dabei allerdings als Statisten oder materielle Gegenstände in einer ausschließlich von Menschen gemachten Geschichte, die keinen nennenswerten Einfluss auf die historische Entwicklung von Gesellschaften hatten. Diese passive Position von Tieren wird seit einiger Zeit hinterfragt und stattdessen explizit die Rolle von Tieren sowie den Verhältnissen von Menschen und Tieren in und für Geschichte in den Fokus gerückt. Historische Entwicklungen sind nach dieser Auffassung nicht ohne Tiere denkbar. Ihnen wird damit eine bedeutende Rolle in der Geschichte zugeschrieben. Dieser neue Zweig geschichtswissenschaftlicher Forschung wird als Tiergeschichte beschrieben. Damit verknüpfen sich allerdings einige Fragen. Woher rührt die Entdeckung von Tieren als historische Akteure? Was genau ist Tiergeschichte? Können Tiere Geschichte überhaupt aktiv beeinflussen? Wie kann eine Tiergeschichte geschrieben werden? Was gewinnen oder verlieren wir mit der Tiergeschichte?
Das Seminar baut auf diese Fragen auf. Wir werden den Ursprüngen der Tiergeschichte nachgehen, uns über die theoretischen Grundlagen und einige methodische Herausforderungen zur Untersuchung und Darstellung von Tiergeschichte auseinandersetzen sowie mit verschiedenen Beispielen konkreter Tiergeschichtsschreibung beschäftigen. Sie lernen damit einen neuen und hochaktuellen Forschungsansatz in den Geschichtswissenschaften kennen. Darüber hinaus ermöglicht das Seminar Ihnen, das wissenschaftliche Arbeiten und Präsentieren am konkreten Beispiel der Tiergeschichte kennenzulernen und zu üben.
Literaturbeispiele:
- John Berger: „Warum sehen wir Tiere an?” In Ders., Das Leben der Bilder oder die Kunst des Sehens. Berlin 2003, S. 12–35.
- Harriet Ritvo: The Platypus and the Mermaid, and Other Figments of the Classification. Cambridge, MA 1997.
- Gesine Krüger, Aline Steinbrecher, Clemens Wischermann (Hg.): Tiere und Geschichte. Konturen einer Animate History. Stuttgart 2014.
- Keith Thomas: Man and the Natural World. Changing Attitudes in England 1500–1800. London 1983.
Ausstellung „History According to Cattle”: http://www.gustafssonhaapoja.org/museum-of-the-history-of-cattle/
Seminar
Geschichte für MA u. Lehramt Gymnasium
Anglistik/Englisch für BA, MA u. Lehramt Gymnasium
Module „Methoden, Theorien, Praxis“ u. „Historisches Lernen“
Animals have played a crucial role in film as an artistic medium, from the literal use of animal products in film stock to the capturing of animal movement as a driver of stop-motion, wide-screen and CGI film technology. The wish to picture animals’ lives, whether naturalistically or playfully, brings about filmic genres such as wildlife film and animation. By analysing a range of key films, the module will consider these and other major aspects of animals in film such as: the historical development of animal presence in film; animals’ role in different film genres, from art-house documentary to horror; the range of literal and symbolic ways animals appear in film; animals in the film star-system; animal lives and the ethics of film-making; adaptation and the different challenges of filmic and literary representation of animals.
The seminar provides insight into the range of work and disciplinary approaches represented within the field of human-animal studies. It complements our course offerings in human-animal studies at the University of Kassel and allows students to further extend their study of human-animal relations from a disciplinary perspective that is not usually represented at Kassel University. Moreover, it gives students the opportunity to work closely with an internationally recognised human-animal studies scholar and to evaluate the benefits and possibilities for a potential research stay at the University of Sheffield.
There will be a 2-hours preparatory meeting prior to Dr. McKay’s visit during which we will discuss readings for the seminar. Based on the seminar with Dr. McKay, Students will choose a movie and independently develop an entry for the online archive Zooscope. The results will be circulated among the participants of the course and we will together discuss the different works and reflect on the research process in a final meeting at the end of the semester. One additional credit point can be claimed for language competence.
Literaturbeispiele:
- Howard Hawkes (dir.): Bringing Up Baby. 1938.
- John Huston (dir.): The Misfits. 1961.
- Werner Herzog (dir.): Grizzly Man. 2005.
- Brad Bird (dir.): Ratatouille. 2007.
- Jonathan Burt: Animals in Film. London 2002.