Seminar

betreut von: M.Sc. Katharina Nahser

Der ländliche Raum wird häufig als eine Art ‚Restgröße‘ betrachtet - als ein Gebiet, das nicht als Verdichtungsraum dient, geprägt von landwirtschaftlichen Funktionen sowie bäuerlichen Gebäudestrukturen und das als Hochburg des Einfamilienhauses gilt. Doch genau diese Strukturen bieten bei näherer Betrachtung große Entwicklungs-, Transformations- und Verdichtungspotenziale.
Zwar sind die Unterschiede in der Kategorie ‚ländlicher Raum‘ groß und lassen sich oft nicht pauschalisieren, selbst benachbarte Dörfer können sich in ihrem Siedlungsbild, Wirtschafts- und Sozialgefüge sowie ihrer Entwicklungsdynamik unterscheiden, dennoch zeichnen sich wiederkehrende historische Entwicklungen, Typologien und Transformationstreiber ab.
Seit dem durch die Bundesregierung 2022 gefassten Beschluss jährlich ca. 400.000 neue Wohnungen zu schaffen, rücken auch vermehrt Potenzialflächen im Bestand in den Fokus. Der ländliche Raum und seine Dörfer bieten vor allem in den Dorfkernen durch Baulücken, Brachflächen und Leerständen eine Vielzahl an Möglichkeiten zur Entwicklung neuer Wohnungen. Hinzukommen ältere Einfamilienhausgebiete der 1950er bis 1970er Jahre, die im Durchschnitt von nur 1,79 Menschen pro Haus bewohnt werden und in der Zukunft als Raumreserve dienen können. Dementgegen steht das Ausschreiben neuer Dorferweitungsgebiete für Einfamilienhäuser, deren Nachfrage anhaltend hoch ist und somit die Neuversiegelung von Flächen mit sich zieht.

Im Seminar ‚Landlust - Transfomative Potenziale für Dorf und Einfamilienhaus‘ wollen wir uns in einer Fallstudie mit den städtebaulichen und architektonischen Herausforderungen und Potenzialen für das Wohnen und Leben in Dörfern auseinandersetzten und am Beispiel eines nordhessischen Dorfes in der Gemeinde Willingshausen, im südlichen Schwalm-Eder-Kreis, Vorschläge zur Transformation entwickeln.

Wie hat sich das Dorf auf räumlich-struktureller sowie funktionaler Ebene historisch entwickelt und wie ist es heute aufgebaut?

Welche Nutzungen und Funktionen, über das Wohnen hinaus, machen ein ‚zukunftsfähiges‘ Dorf aus?

Welche Gebäude- und Raumtypen lassen sich als Potenzialflächen für Transformationen identifizieren?

Welche Gebäude- und Raumtypen eignen sich für welche zukünftige Nutzungen?

Wie sieht das bestehende Wohnraumangebot aus und wie kann es durch neue, alternative Wohnformen ergänzt werden?

Welche architektonischen und nutzungstechnischen Perspektiven gibt es für alternde Einfamilienhäuser?

Wie können sich Dorf(kern) und Einfamilienhaus gemeinsam zukunftsfähig weiterentwickeln?

Durch eine städtebauliche Analyse werden wir das Dorf inventarisieren und anhand eines Potenzialflächenkatasters Entwurfsanlässe für die Entwicklung, Transformation und Verdichtung des Dorfes identifizieren. Ergebnisse aus Fallbeispielanalysen von Good-Practice-Projekten werden anschließend auf die Potenzialflächen übertragen und in Stegreifentwürfe konkreter städtebaulicher und architektonischer Vorschläge übersetzt.

Das Seminar richtet sich an Bachelorstudierende ab dem 5. Semester sowie an Masterstudierende.