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07.07.2023 | Forschung

Uni Kassel entwirft Gefahren-Karte bei Starkregen

Sturzbäche auf Straßen, Hochwasser im Keller, Schäden an Häusern und Autos – die schweren Unwetter vom 22. Juni 2023 haben in der Region Kassel deutliche Spuren hinterlassen und einmal mehr die Gefahr von Überschwemmungen bei Starkregen deutlich gemacht. Eine interaktive Karte der Universität Kassel identifiziert potentielle Risikogebiete in Kassel und bittet die Bürgerinnen und Bürger um Mithilfe bei der Datensammlung.

Screenshot der Webseite

Dr.-Ing. René Burghardt, Mitarbeiter im Fachgebiet Landschaftsplanung und Kommunikation an der Universität Kassel, hat diese interaktive Karte in Kooperation mit dem Ingenieurbüro Burghardt und Partner entwickelt: „Damit erfassen wir natürliche oder künstliche Mulden und Senken, die bei Starkregen Wassermassen aufnehmen und/oder weiterleiten. Wir können so Gebiete in der Stadt Kassel identifizieren, die von Hochwasser und Überschwemmungen betroffen sein können, und in der Folge vorbeugende Maßnahmen in der Stadt- und Landschaftsplanung einleiten“, erläutert er.

Die Starkregengefahrenkarte beruht zunächst auf einer computergestützten Berechnung, dem sogenannten BlueSpot Mapping. Durch die breite Sammlung von Daten für die Stadt Kassel möchte Burghardt das Computermodell mit der Realität abgleichen und verbessern.

Bei der Datensammlung bittet Burghardt die Bürgerinnen und Bürger um Unterstützung: „Wir würden uns freuen, wenn Sie auf der Karte Standorte markieren, an denen Überschwemmungen aufgetreten sind. Diese können Sie mit Ihrer subjektiven Einschätzung zur Intensität der Überschwemmung versehen. Zudem haben Sie die Möglichkeit, ein Foto hochzuladen.“ Dabei werden keinerlei nutzerbezogene Daten gespeichert, die Meldung erfolgt anonym.

Das Team um Burghardt kann mit Hilfe der Daten beispielsweise Räume priorisieren, die im Kontext der Starkregenthematik von besonderer planerischer Relevanz sind. „Mit dem Modell möchten wir zum einen Risikoräume identifizieren, um Schutz- und Anpassungsmaßnahmen einleiten zu können“, erläutert der Landschaftsplaner und Stadtklimatologe Burghardt. „Zum anderen wollen wir Potentialräume erkennen, die sich für präventive Maßnahmen eignen, beispielsweise (natürliche) Regenrückhalteräume. In der Folge möchten wir Hinweise für die Stadt- und Landschaftsplanung als Beitrag der Klimaanpassung entwickeln.“ Das Modell ist momentan für die Stadt und Region Kassel angelegt, soll aber langfristig auch für die gesamte Region Nordhessen umgesetzt werden.

Burghardts Modell beruht auf dem sogenannten BlueSpot Mapping, das nach den massiven Überschwemmungen in Kopenhagen (Dänemark) im Jahr 2011 von der Universität Kopenhagen und der Stadt entwickelt wurde. Ein „BlueSpot“ ist eine natürliche oder künstliche Senke oder Mulde, die durch die Oberfläche (Topographie), aber auch durch Gebäude definiert wird. Der BlueSpot hat ein bestimmtes Fassungsvermögen. Das Modell berechnet, ab welcher eintreffenden Wassermenge ein BlueSpot überläuft und das überschüssige Wasser in einen tieferliegenden BlueSpot abführt. In den weiteren Berechnungsschritten berücksichtigt das Modell u.a. den Vegetationsanteil und Versiegelungsgrad für jedes Oberflächeneinzugsgebiet und jeden BlueSpot. Daraus lassen sich letztlich Planungsaussagen zum Schutz und zur Prävention von Flächen und Räumen ableiten.

 

Zur Karte:

Starkregen in der Region Kassel (2023) (arcgis.com)

 

Kontakt:

Dr.-Ing. René Burghardt

Universität Kassel, Fachbereich 06 Architektur - Stadtplanung - Landschaftsplanung

Fachgebiet Landschaftsplanung und Kommunikation

r.burghardt[at]uni-kassel[dot]de