Architekturtheorie ist als Instrument der Reflektion ein wesentlicher Bestandteil der architektonischen Praxis. Versteht man die Disziplin der Architektur als Entwurf des 'In der Welt seins' (Vilem Flusser), so ist Architekturtheorie unverzichtbarer Teil des Entwurfsprozesses, denn die Theorie als der gedankliche Entwurf formuliert die Grundlage für den architektonischen Entwurf. 

Der Entwurf des architektonischen 'In der Welt seins' setzt eine intensive Beobachtung jener Welt, in der wir sind, voraus; erst wenn ich die Welt, in der ich bin, erkenne, kann ich mich zu ihr bewusst in Beziehung setzen. Für eine zeitgemäße Betrachtung der Welt haben in den letzten Jahren transdisziplinäre und kulturwissenschaftliche Arbeitsweisen zunehmend Einfluss auf die Architekturtheorie gewonnen.

Die Arbeitsmedien der Architekturtheorie in Text und Bild wurden hierbei um weitere experimentelle Verfahren erweitert, die bei der Arbeit in Lehre und Forschung angewandt werden. Die Aufgabe der Theorie ist, bestehende Gedankenmodelle zu hinterfragen und neue Modelle zu entwickeln, um damit die architektonische Praxis zu befruchten.

1974 wurde das Fachgebiet Planungs- und Architekturtheorie begründet und zunächst von Prof. Michael Wilkens geleitet. 1989 initiierte er eine Kooperation mit UCLV Sta Clara und des Büros ChichiPadron, um den Blick auf den globalen Süden zu öffnen.

Nach der Emeritierung von Wilkens im Jahr 1996/ 2000 folgte die Berufung von Prof. Hans Frei, der bis 2004 das Fachgebiet leitete. Es folgte einer Periode von Vertretungsprofessuren (Andreas Ruby, Helmut Geisert), bis 2006 Prof. Philipp Oswalt berufen wurde, der seit dem das Fachgebiet leitet. Während seiner Elternzeit und seiner Beurlaubung für die Tätigkeit als Direktor der Stiftung Bauhaus Dessau vertraten Christian Gänshirt (WS 2008/2009) und Helmut Geisert (2009 – 2014) das Fachgebiet.

Literatur:
Michael Wilkens: Architektur als Komposition: 10 Lektionen zum Entwerfen, Basel 2000/ 2010
Michael Wilkens: Am schönsten sind nach alledem die Entwürfe des Esels: Aufsätze und Reden zu Architektur und Städtebau 1973 – 2003, Kassel 2005

Kassels akustischer Stadtplan 2.0

Kassels akustischer Stadtplan 2.0 ist das Ergebnis einer gemeinsamen Lehrveranstaltung des Fachgebiets Architekturtheorie und Entwerfen der Uni Kassel und der kulturellen Musikwissenschaft der Uni Göttingen aus dem WiSe 23/24.
Auf Basis der Analyse von Wolfram Spyras erstem Akustischen Stadtplans Kassels (1997) und mit seiner Unterstützung erarbeiteten die Studierenden die Aufnahme eines neuen akustischen Stadtplans.
Dafür besuchten sie von Ihnen ausgewählte Orte Kassels und machten dort Feldaufnahmen, um sie später zu schneiden und zu analysieren.
Viele der Orte orientieren sich an Spyras erstem akustischen Stadtplan, neue sind dazu gekommen und einige nicht mehr existent.
Die Feldaufnahmen sind somit nicht nur Zeugnis des klanglichen Wandels der Stadt Kassel, sondern eröffnen auch klangliche Perspektiven auf besondere Orte der Stadt, die für Architektur wie für kulturelle Musikwissenschaft gleichermaßen von Interesse sind.

Beide Stadtpläne sind bis Ende des Jahres ganztägig im Außenraum am Trafohaus und auf der Ausstellung „Hey Kassel!“ im Stadtmuseum zu hören.

Lehrende:

Georgios Varelis, FG Architekturtheorie und Entwerfen, Uni Kassel
Lennart Ritz, Kulturelle Musikwissenschaft, Uni Göttingen

https://trafo.haus/
https://www.kassel.de/einrichtungen/stadtmuseum/ausstellungen/sonderausstellung.php
https://derspyra.de/
https://soundcloud.com/akustischerstadtplan

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