Anforderungs- und Entwurfsmuster zur rechtsverträglichen und qualitätszentrierten Gestaltung kontextsensitiver Applikationen
Kontextsensitive Applikationen nutzen Kontextdaten, beispielsweise zur physischen Umgebung des Nutzers, um dem Nutzer situationsangepasste Dienstleistungen zu erbringen. Je nach Zeit, Ort und Interessen präsentieren sie dem Nutzer passende Informationen.
Die Entwicklung solcher Applikationen birgt Herausforderungen. Zum einen benötigen sie eine Vielzahl personenbezogener Daten, die sich sowohl auf den Nutzer selbst, als auch auf seine Umgebung beziehen. Zum anderen müssen die rechtlichen Vorgaben zum Schutz der informationellen Selbstbestimmung der Nutzer gewahrt werden, damit die Applikationen rechtmäßig sind. Durch die Erfassung enormer Datenmengen, die Rückschlüsse auf nahezu alle Lebensbereiche des Nutzers ermöglichen, auf der einen, und den rechtlichen Vorgaben zum Schutz der informationellen Selbstbestimmung der Nutzer auf der anderen Seite, entsteht ein Spannungsfeld zwischen hoher Funktionalität und Qualitätszentrierung der Applikation einerseits und datenschutzkonformer Gestaltung andererseits.
Das Ziel des geplanten Forschungsvorhabens besteht in der Entwicklung interdisziplinärer Anforderungs- und Entwurfsmuster für die qualitätszentrierte und rechtsverträgliche Gestaltung kontextsensitiver Applikationen. Übergeordnetes Ziel ist es dabei, die Arbeit von Anforderungsanalysten und Systementwicklern in der Entwicklungsphase wesentlich zu erleichtern. Die Anforderungs- und Entwurfsmuster müssen dabei bereits eine Lösung für den Zielkonflikt zwischen Förderung der Dienstleistungsqualität und der Rechtsverträglichkeit enthalten. Sie müssen außerdem berücksichtigen, dass die Anforderungsanalysten und Systementwicklern zumeist über wenig Erfahrung im Bereich der soziotechnischen System- und Dienstleistungsentwicklung sowie über kein juristisches Fachwissen verfügen.
Zur Erreichung dieses Ziels werden Methoden und Vorgehensweisen der Wirtschaftsinformatik und der Rechtswissenschaften kombiniert.
Um aus Rechtsvorgaben und Dienstleistungszielen Anforderungen an die qualitätszentrierte und rechtsverträgliche Gestaltung abzuleiten, bedient sich die Wirtschaftsinformatik Methoden zur Modellierung von Verwendungsprozessen von kontextsensitiven Applikationen, wie beispielsweise dem Blueprinting. Zur Identifizierung der Anforderungen an die rechtsverträgliche Gestaltung von kontextsensitiven Applikationen wird außerdem die rechtswissenschaftliche Methode KORA (Methode zur Konkretisierung rechtlicher Anforderungen) angewendet. Beide Methoden werden im Projekt zusammengeführt und zu einer gemeinsamen Methode für die Entwicklung von modularen Anforderungs- und Entwurfsmustern für eine Klasse von Anwendungen fortentwickelt. Dadurch beschreitet das Forschungsprojekt wissenschaftliches Neuland.
Ergebnis des auf zwei Jahre angelegten Projekts werden angepasste und evaluierte Anforderungs- und Entwurfsmuster sein, die im Entwicklungsprozess kontextsensitiver Applikationen direkt verwendet werden können.
Projektpartner
Fachgebiet Wirtschaftsinformatik im Fachbereich Wirtschaftsinformatik der Universität Kassel
Projektinfos
Förderung:
Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG)
Laufzeit:
September 2017 - November 2020
Projektverantwortlicher:
Prof. Dr. Alexander Roßnagel
Ansprechpartnerin:
Laura Friederike Thies
Projektverlauf
- Kick-Off Treffen in Kassel (30. Juni 2017)
- Veröffentlichung AnEkA: Neues Forschungsprojekt zur rechtsverträglichen Gestaltung kontextsensitiver Applikationen, ZD-Aktuell 2017, Heft 17, 05797. (Oktober 2017)
- Vortrag Thies/Knote, „Anforderungs- und Entwurfsmuster als Instrumente des Privacy by Design“, Interdisziplinäre Konferenz des „Forum Privatheit“: Die Fortentwicklung des Datenschutzes, 2./3. November 2017, Berlin. (02. November 2017)
- Zeitungsartikel Schweigepflicht für Alexa, Siri & Co. – Kasseler Forscher wollen digitale Assistenten weiterentwickeln, um Datenschutz zu wahren, HNA vom 18. Dezember 2017, S. 12. (18. Dezember 2017)
- Veröffentlichung Anforderungs- und Entwurfsmuster als Instrumente des Privacy by Design, in: Roßnagel/Friedewald/Hansen (Hrsg.), Die Fortentwicklung des Datenschutzes 2018, S. 175-191 (zus. mit Knote, R.; Jandt, S.; Söllner, M.; Roßnagel, A.; Leimeister, J. M.). (01. Novemver 2018)
- Veröffentlichung Knote/Thies/Söllner/Jandt/Roßnagel/Leimeister, Rechtsverträgliche und qualitätszentrierte Gestaltung für „KI made in Germany“. Ein interdisziplinärer Ansatz am Beispiel smarter persönlicher Assistenten, in: Draude/Lange/Sick, Workshopbeiträge der 49. Jahrestagung der Gesellschaft für Informatik 2019, 421-424. (01. September 2019)
- Vortrag Rechtsverträgliche und qualitätszentrierte Gestaltung für „KI made in Germany“, INFORMATIK 2019, 24. September 2019, Kassel (zus. mit Knote, R., Söllner, M., Jandt, S., Roßnagel, A., Leimeister, J. M.). (24. September 2019)
- Vortrag Gestaltung smarter persönlicher Assistenten zwischen Rechtsverträglichkeit und Dienstleistungsqualität, INFORMATIK 2019, 26. September 2019, Kassel (zus. mit Knote, R., Söllner, M., Jandt, S., Roßnagel, A., Leimeister, J. M.). (26. September 2019)
- Veröffentlichung „Rechtsverträgliche und qualitätszentrierte Gestaltung für „KI made in Germany“. Ein interdisziplinärer Ansatz am Beispiel smarter persönlicher Assistenten.“, Informatik Spektrum 2020 (zusammen mit Knote, R.; Söllner, M.; Jandt, S.; Leimeister, J. M.; Roßnagel, R.). (Februar 2020).
- Veröffentlichung „Judging Alexa - Towards a New Methodology to Capture the Legal Compatibility of Conversational Speech Agents“, in: Workshop on Conversational User Interfaces: A Workshop on New Theoretical and Methodological Perspectives for Researching Speech-based Conversational Interactions in ACM IUI, 2020 (zusammen mit Dickhaut, E.; Janson, A.; Roßnagel, A.; Leimeister, J.M.). (Februar 2020)
- Veröffentlichung „Gestaltung smarter persönlicher Assistenten zwischen Rechtsverträglichkeit und Dienstleistungsqualität“, in: Lecture Notes in Informatics (LNI), Gesellschaft für Informatik, Bonn 2019, 435-448 (zusammen mit Knote, R.; Söllner, M.; Roßnagel, A.; Leimeister, J. M.). (Mai 2020)
- Veröffentlichung Thies, „Simulationsstudie im Projekt AnEkA“, ZD-Aktuell, 07178. (Juni 2020)
- Veröffentlichung Dickhaut/Thies/Janson/Roßnagel/Leimeister, „Towards a New Methodology to Capture the Legal Compatibility of Conversational Speech Agents“, Conversational User Interfaces (CUI), Article No. 56, S. 1-4. (Juli 2020)
- Veröffentlichung Thies/Jandt/Knote/Söllner, „Konfliktäre Anforderungen an smarte persönliche Assistenten“, Datenschutz und Datensicherheit (DuD), Volume 44, issue 9, S. 573-578. (September 2020)
- Veröffentlichung Dickhaut/Thies/Janson, „Die Kodifizierung von Gestaltungswissen in interdisziplinären Entwurfsmustern“, Datenschutz und Datensicherheit (DuD), Volume 44, issue 9, S. 584-588. (September 2020)
- Veröffentlichung Thies/Dickhaut/Janson/Roßnagel/Leimeister/Söllner, „Die Simulationsstudie als Evaluationsmethode“, Datenschutz und Datensicherheit (DuD), Volume 44, issue 9, S. 589-593. (September 2020)
- Vortrag Dickhaut/Thies/Janson/Leimeister/Söllner, „Entwurfsmuster für die interdisziplinäre Gestaltung rechtsverträglicher Systeme“, Interdisziplinäre Konferenz des „Forum Privatheit“: Selbstbestimmung und Privatheit – Gestaltungsoptionen für einen europäischen Weg, 13. November 2020, online. (November 2020)
- Veröffentlichung Dickhaut/Miedzianowski/Jandt/Janson/Knote/Leimeister/Roßnagel/Söllner/Thies, Handlungsbroschüre: Anforderungs und Entwurfsmuster zur rechtsverträglichen und qualitätszentrierten Gestaltung kontextsensitiver Applikationen (AnEkA) – Handlungsempfehlungen zur Gestaltung von Anforderungs und Entwurfsmustern, Wissenschaftliches Zentrum für Informationstechnik-Gestaltung (ITeG) (Hrsg.), ITeG Technical Reports Band 10, Kassel 2020. (Dezember 2020)