Forschungsschwerpunkte

1. Angestrebtes Profil der Professur

Einer der wichtigsten Aspekte für das Profil der Professur für Public Management ist die symbiotische Beziehung und gegenseitige Beeinflussung von Praxis und Forschung. Durch meine mehrjährige Tätigkeit in der Beratung des öffentlichen Sektors in Digitalisierungsfragen sowie meine langjährige Forschungserfahrung bin ich in der Lage, „the best of both worlds“ zu vereinen. Ziel ist es, Forschung mit praktischem Impact zu gewährleisten und in der Praxis spannende Fragestellungen zu identifizieren, die mithilfe valider empirisch-quantitativer Forschung beantwortet werden können.

Nicht nur für valide Forschung, sondern auch für eine angewandte und praxisrelevante Lehre ist die Einbindung externer Vertreter des öffentlichen Sektors und Alumni als Gastreferenten und Mentoren einer der zentralen Erfolgsfaktoren. Daher ist die Vernetzung mit der Praxis in Hessen und darüber hinaus unabdingbar. Die Anbahnung eines solchen Praktikernetzwerks wird eine der anspruchsvollsten Aufgaben sein. Aufgrund meiner Tätigkeit an verschiedenen Universitäten und Technischen Universitäten sowie meiner interdisziplinären Ausrichtung möchte ich die Professur auch als Bindeglied zu den anderen Institutionen der Universität Kassel etablieren, etwa durch die Initiierung und Mitwirkung an Verbundprojekten in Form von Forschungsvorhaben und Drittmittelanträgen.

Zudem fühle ich mich einem ganzheitlichen Verständnis von „Impact“ der Professur verpflichtet. Das bedeutet zunächst, dass Publikationen in internationalen Peer-Review-Zeitschriften und deren Zitationen von großer Bedeutung sind. Darüber hinaus bietet die thematische Ausrichtung der Professur an der Universität Kassel jedoch auch ein großes Potenzial für einen übergeordneten gesellschaftlichen Beitrag, nach dessen Realisierung ich strebe. Zum einen liegt dieses Potenzial in der nachhaltigen Stärkung des Verständnisses des öffentlichen Sektors durch Aspekte der Digitalisierung. Zum anderen habe ich aufgrund der gesellschaftlichen Relevanz des Themas ein großes Interesse, mich sowohl in der Forschung als auch im praktischen Bereich in das entsprechende Themenfeld der Universität Kassel einzubringen. Auf diese Weise hoffe ich, einen sichtbaren Beitrag (z. B. durch mediale Beiträge) zum positiven Image und zur Öffentlichkeitswahrnehmung der Universität Kassel leisten zu können.

Ein weiteres Themenfeld der Professur sehe ich in der Weiterentwicklung des MPA-Programms. Ein möglicher Ansatz könnte die Skalierbarkeit des Programms durch die Integration neuer Lehrmethoden sein.

Im Folgenden werde ich das angestrebte Profil und die Alleinstellungsmerkmale in den Bereichen Forschung und Lehre weiter konkretisieren.

2. Forschungskonzept

2.1. Inhaltliche Ausrichtung

In meiner Forschung fokussiere ich mich auf den öffentlichen Sektor als Betrachtungsgegenstand. In sämtlichen Projekten konzentriere ich mich auf neue kreative Ansätze zur Nutzung großer Datensätze. Die geplante Forschung basiert auf drei Forschungsrichtungen und bezieht die Datenwissenschaft ein (siehe Abbildung 1). Der Kern meiner künftigen Forschung findet sich in empirischen Studien in den folgenden Bereichen: (1) Verwaltungstransformation, (2) Verwaltungsreform und (3) digitale Kommunikation im öffentlichen Sektor.

All diese drei unterschiedlichen Bereiche konzentrieren sich auf die Reform und Transformation der Verwaltung mittels Digitalisierung in verschiedenen Ausprägungen. Insbesondere sind hierbei die Koordination, der Aufbau von Kapazitäten, die Regulierung und die Bereitstellung von Dienstleistungen im Zusammenhang mit der Digitalisierung in der Verwaltung (auf lokaler, föderaler und nationaler Ebene) zu nennen. Im Folgenden werde ich den Inhalt dieser geplanten Forschungsvorhaben näher erläutern und auf frühere Forschungsprojekte von mir verweisen, wobei das erworbene Wissen genutzt werden soll.

Die Verwaltungstransformation stellt den ersten Forschungsbereich dar, auf den ich mich in Zukunft konzentrieren möchte. Diesen Forschungsstrang unterteile ich in zwei verschiedene Bereiche: (i) Public Innovation und (ii) Public Sector Entrepreneurship.

Der erste Schwerpunkt dieses Streams ist Public Innovation. Hierbei wird untersucht, wie der öffentliche Sektor Innovationen (z. B. neue digitale Technologien) übernehmen und umsetzen kann, um neue (verbesserte) Dienstleistungen und Prozesse zu entwickeln. In früheren Forschungsarbeiten habe ich Effizienzsteigerungen von Kommunalverwaltungen aufgrund von Prozessinnovationen sowie die Innovationsbereitschaft von Kommunalverwaltungen aufgezeigt. Aufbauend auf diesen Projekten werde ich mich nicht nur auf die Vorteile digitaler Verwaltungstransformationen konzentrieren, sondern auch auf die potenzielle Voreingenommenheit gegenüber der Implementierung digitaler Dienstleistungen und Prozesse. Antezedenzien wie Motivation und Vorurteile werden Teil dieses Forschungsstrangs sein, um die Transformation besser zu ermöglichen und neue Einsatzgebiete zu identifizieren.

Die zweite Ausprägung, Public Sector Entrepreneurship, konzentriert sich auf Personen innerhalb von Regierungen, die eine Mischung aus zwei verschiedenen Rollen verkörpern. Das grundlegende Verständnis besteht darin, dass öffentliche Unternehmer die Fähigkeiten von Beamten mit denen von Unternehmern kombinieren. Diese Fähigkeiten werden in der Regel als sehr unterschiedlich wahrgenommen. Doch gerade die Kombination beider ist notwendig, damit der zukünftige Staatsdiener in der Lage ist, Ansätze und Maßnahmen der digitalen Verwaltung zu übernehmen, umzusetzen und zu koordinieren. Zu den Merkmalen dieser unternehmerischen Fähigkeiten gehören der Aufbau neuer Beziehungen, sektorübergreifende Zusammenarbeit und die Nutzung von Ressourcen – insbesondere auf neuartige Weise. Ein Schwerpunkt dieses Forschungsschwerpunkts ist die Analyse der Motivationen und Fähigkeiten von Beamten sowie die Frage, wie öffentliche Unternehmer gewonnen oder die Fähigkeiten von Beamten in Richtung unternehmerisches Denken weiterentwickelt werden können. Ein früheres Projekt von mir untersuchte die lokalen Search Biases von Beamten. Auch hier sehe ich großes Potenzial für zukünftige Forschung, wie solchen Biases entgegengewirkt werden kann. Die Ergebnisse dieser Forschung werden nicht nur dazu beitragen, die unternehmerischen Fähigkeiten von Beamten zu verbessern, sondern auch Verwaltungstransformationen zu erleichtern bzw. zu ermöglichen.

Der zweite Forschungszweig konzentriert sich auf Verwaltungsreformen und ist in zwei separate Ausprägungen unterteilt: (i) Reformprogramme und (ii) Public Open Innovation.

In der ersten Forschungsausrichtung, Reformprogramme, habe ich in der Vergangenheit die New Public Management-Bewegung quantitativ analysiert. Weitere Forschung in diesem Bereich wird sich mit Ansätzen wie Open Government und dem Onlinezugangsgesetz (OZG) sowie dessen Auswirkungen befassen. Gerade durch meine derzeitige Tätigkeit in der Beratung der öffentlichen Hand im Zusammenhang mit dem OZG sehe ich eine Vielzahl potenzieller Forschungsprojekte und für die Praxis wichtiger offener Fragen, die es zu beantworten gilt.

Die zweite Ausprägung dieses Forschungsschwerpunkts ist Public Open Innovation. Die übergreifende Forschungsfrage lautet, wie und wo der öffentliche Sektor Open Innovation mithilfe digitaler Werkzeuge erfolgreich nutzen kann. Eine Erscheinungsform von Open Innovation ist das Crowdsourcing. Auch hier kann ich auf frühere Forschungsprojekte von mir aufbauen, in denen ich untersucht habe, wie Crowdsourcing in der Lage ist, den lokalen Search Bias von Beamten im Zusammenhang mit der Patentprüfung zu überwinden. Für die Zukunft plane ich, diese Forschung zu erweitern, indem ich mich auf verschiedene Aspekte digitaler Crowdsourcing-Lösungen konzentriere. Ein Beispiel dafür ist ein Datensatz, den ich gerade aufbaue und der Bürgerhaushalte sowie deren Ausprägung für alle deutschen Landkreise und kreisfreien Städte enthält. Die Forschungsfrage, die hier beantwortet werden soll, lautet: Welchen Einfluss haben Bürgerhaushalte auf die Neuverschuldung der öffentlichen Hand und die Kosteneffizienz ihrer Leistungserbringung? Die Ergebnisse werden nicht nur die Vorteile von Bürgerhaushalten und Public Open Innovation in größerem Umfang aufzeigen, sondern auch politische Empfehlungen ermöglichen, wie Transformationen Mehrwert schaffen können.

Der dritte Forschungszweig konzentriert sich auf die digitale Kommunikation und ist in zwei verschiedene Ausprägungen unterteilt: (1) Public Sector Communication und (2) Public Communication.

Der erste Schwerpunkt dieser Forschungsausrichtung, Public Sector Communication, wird die potenziellen Auswirkungen der Kommunikation des öffentlichen Sektors und ihrer Vorläufer in Form der zugrundeliegenden Motivationen beleuchten. Ich plane, verschiedene digitale Kommunikationskanäle des öffentlichen Sektors zu analysieren. Ein Kanal werden die Websites der Kommunalverwaltungen sein. Derzeit werden hierfür Daten gesammelt (zusammen mit Prof. Dr. Jürgen Willem – WU Wien), indem ich die Homepages der deutschen Kommunalverwaltungen crawle. Ein weiterer zu analysierender Kanal ist Twitter. In einem aktuellen Projekt (in Kollaboration mit Prof. Dr. Dominik Vogel – Universität Hamburg) habe ich die Twitter-Konten aller deutschen Landkreise und kreisfreien Städte gecrawlt und eine erste Studie durchgeführt. In diesem Projekt konzentrierte ich mich auf die Messung des Inhalts von Twitter-Tweets und deren Auswirkungen auf verschiedene Erscheinungsformen von Bürgerreaktionen: Zustimmung, Verbreitung und Engagement.

Die zweite Ausprägung dieses Forschungsstreams stellt Public Communication dar und fokussiert sich auf öffentliche Kommunikation. Bestehende Projekte hierzu analysieren, wie sich das Sentiment in der öffentlichen Kommunikation auf die Wissensvermittlung von Erfindern mit Migrationshintergrund auswirkt (hierzu wurden 9.000.000.000 Nachrichtenartikel analysiert). In einem weiteren Projekt analysiere ich eine große Menge Nachrichtenartikel und gleiche diese mit einer der größten Datenbanken über Terroranschläge (Global Terrorism Database) ab, um Vorhersagen über Terroranschläge zu treffen.

Mein nächster Schritt bei der Analyse der öffentlichen Kommunikation wird darin bestehen, die Legitimität des öffentlichen Sektors aus der Sicht der Öffentlichkeit/Bürger anhand von Nachrichteninhalten zu messen. Nach ersten Bewertungen plane ich, die Messung der Legitimität digitaler Regierungsmaßnahmen zu vertiefen.

2.2. Methodische Ausrichtung

Meine Forschungsschwerpunkte umfassen Data-Science-Techniken und fortgeschrittene ökonometrische Modelle. Ich konzentriere mich auf Big Data, erstelle Datensätze mit hunderttausenden Beobachtungen und nutze Crawling-Techniken, um Daten aus verschiedenen Quellen zu sammeln. Ich verwende Natural Language Processing, insbesondere im Bereich des maschinellen Lernens, um relevante Variablen aus Textdaten zu extrahieren. Meine ökonometrischen Modelle beinhalten dynamische Panelmodelle, räumliche Regressionen und Instrumentalvariablenansätze wie 2SLS. Ich bin stets auf der Suche nach dem besten Schätzansatz für meine Daten und tausche mich gerne mit anderen über verschiedene Methoden aus.

Bereits während meiner Habilitation habe ich mehrere Dissertationen operativ betreut und Doktoranden in methodisch-statistischen Fragen beraten sowie durch Kurse unterstützt. Ich lege großen Wert auf eine gute Doktorandenausbildung und möchte mich auch an der Universität Kassel in dieser Hinsicht stark einbringen.