Leitbild – Mission – Herausforderungen

Leitbild

Tragwerksanalyse und Tragwerksentwurf für eine nachhaltige Zukunft. 

Mission

Das klassische Fach der Baustatik steht im gemeinsamen Brennpunkt sämtlicher konstruktiver Themen des Bauingenieurwesens und der Architektur. Es behandelt materialübergreifende Aspekte des Bauens in Forschung und Lehre. Als ingenieurwissenschaftliche Disziplin bildet die Baustatik die Schnittstelle zwischen den Grundlagen aus Mathematik, Informatik, Mechanik, sowie Materialwissenschaften und den Disziplinen, die sich mit Konstruktion und Entwurf beschäftigen.

Kernaufgaben der Baustatik und Baudynamik sind die Entwicklung von Methoden für die Modellierung und Simulation ganzer Tragwerke noch vor deren Errichtung. Sie bilden die Grund-lage für eine qualitative und quantitative baustatische Bewertung und Beurteilung von Bauwerken. Im Sinne der Normen und Vorschriften dienen sie dem Nachweis von Standsicherheit, Gebrauchstauglichkeit und Dauerhaftigkeit. Der baustatische Tragwerksentwurf entscheidet maßgeblich über Nachhaltigkeit und Wirtschaftlichkeit von Bauwerken über deren gesamte Lebensdauer.

Bereits bevor das Tragwerk in allen Details konstruktiv durchgebildet ist, werden statische Be-rechnungen durchgeführt. Baustatische Modelle sind deshalb mehr als nur das möglichst de-tailgetreue Abbild einer konkreten gegenständlichen Vorlage – sie sind Basis des kreativen Prozesses des Tragwerksentwurfs. Sie sind darüber hinaus unverzichtbare Werkzeuge zur systematischen Reflexion und Diskussion des Tragverhaltens. Das Superpositionsprinzip und das Schnittprinzip, Begriffe wie Biegung oder geometrische Steifigkeit sind essenziell für den intellektuellen Zugang zum Tragwerksverständnis jenseits der Quantifizierung mechanischer Größen und der Anwendung von Berechnungssoftware.

Besondere Ansprüche an baustatische Methoden ergeben sich aus dem Umstand, dass komplette Tragwerke als Unikate (z. B. Brücken, Hochhäuser, Türme) keinen „Crash-Tests“ bzw. Belastungsversuchen unterworfen werden können und man sich daher auf die Prognosequalität der baustatischen Modelle und Methoden verlassen können muss. Experimentelle Untersuchungen sind nur auf Material- und Bauteilebene möglich. Nicht zuletzt, deshalb sind weltweit die Lehrstühle für Baustatik treibende, wissenschaftliche Kräfte bei der Entwicklung moderner, computerorientierter Verfahren sowie deren informationstechnischer Umsetzung, wie insbesondere die Methode der finiten Elemente.

Typisch im Bauwesen sind die großen Skalenunterschiede zwischen den Abmessungen von Material (Mikrometerbereich) und Tragwerk (Brückenspannweiten > 1 km) und die besonders lange Lebensdauer von Tragstrukturen (> 100 Jahre) sowie die damit verbundenen Unsicherheiten. Dies erfordert die Kombination verschiedener Expertisen, die in solchen Extremen nur im Bauwesen vorkommen und von den Handelnden entsprechend umfassenden ingenieurwissenschaftlichen Hintergrund verlangen.

Die Mission der Baustatik ist es, die mit der speziellen Nutzung von Ingenieurbauwerken verbunden Anforderungen aufzugreifen, dafür geeignete Methoden und Modelle zu entwickeln und in der Kooperation innovative Lösungen zu entwickeln. Daraus ergeben sich die im Folgenden aufgelisteten aktuellen und zukünftigen Handlungsfelder und Herausforderungen, die an den Schnittstellen zwischen Architektur, Technik und Gesellschaft liegen.

Herausforderungen und Handlungsfelder

Umwelt: Dies betrifft die Simulation der dynamischen Wechselwirkungen der Tragwerke mit den umgebenden Medien wie Wind, Wasser und Baugrund. Ein Beispiel ist der numerische Windkanal als ein Handlungsfeld mit besonders großem Innovationsgehalt und Handlungsbedarf. Besondere Herausforderungen birgt der Leichtbau mit neuen Materialien.

Nachhaltigkeit: Das Bauen ist traditionell und grundsätzlich an Nachhaltigkeit orientiert, die Bemessung zielt auf Materialersparnis und Bauwerke sollen dauerhaft sein. Trotzdem ist das Bauwesen weltweit für einen Großteil des Müllaufkommens und der CO2-Emmissionen verantwortlich. Für Konstruktion und Bemessung braucht es baustatische und -dynamische Methoden. Grundsätzliche methodische Fortschritte in der Baustatik und -dynamik sind Voraussetzungen für Fortschritte und Erfolge des nachhaltigen Bauens u. a. im Leichtbau und der Tragwerksoptimierung

Architektur: Im Bereich des „Computational Designs“ und der Tragwerksoptimierung, d. h. der Wechselwirkung zwischen Entwerfen und statisch-mechanischem Verhalten.

Sicherheit: Fortschritte bei der computerorientierten Tragwerksmodellierung zur Identifikation potentiell unsicherer Parameter und Monitoring des Bauwerkbestandes sowie Begleitung im Lebenszyklus.

Digitalisierung: Effektive Modelle für Berechnungen an Gesamtmodellen, Modellierung des kompletten Bauablaufes und seiner Wechselwirkung mit dem Tragwerksverhalten, die Integration von CAD und Simulation, Integration der Simulation mit digitalen Fertigungsmethoden sowie die Wechselwirkung mit der baubegleitenden Modellierung mittels BIM. Im gesamten Feld der Digitalisierung besteht auch für die Baustatik und Baudynamik großer Handlungsbedarf und -spielraum.

Höchstleistungsrechnen: Entwicklung und Umsetzung höchsteffizienter Algorithmen, für transiente Simulation gekoppelter Probleme, interaktives Design in Echtzeit usw.

Grundsätzlich ist ein Lehrstuhl für Statik an jeder Baufakultät wegen seiner Schnittstellenfunktion und methodischen, wissenschaftlichen Triebkraft unbedingt notwendig. Lehrstühle für Baustatik und Baudynamik sind regelmäßig wichtige Bindeglieder bei interdisziplinären Vorhaben mit großen Potenzialen für die erfolgreiche Einwerbung nationaler und internationaler Projekte mit entsprechender Strahlkraft.

Quelle: "Stellungnahme zur Bedeutung des Faches Baustatik – Baudynamik" von der Forschungsvereinigung Baustatik Baupraxis e.V. (Link zu: https://baustatik-baupraxis.de/)