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Werkstatt für Dialogische Planung |
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Planungszelle/
Bürgergutachten |
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Das Modell der Planungszelle wurde von Peter C. Dienel Anfang der 70er Jahre entwickelt. Es eignet sich zur Bearbeitung komplexer Fragestellungen mit BürgerInnen.
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Im Rahmen der Planungszelle werden nach dem Zufallsprinzip ausgewählte BürgerInnen (Laien) über mehrere Tage hinweg zu BürgergutachterInnen. Sie arbeiten intensiv an der Entwicklung von Lösungsvorschlägen für eine vorgegebene Frage oder ein Planungsproblem. Dabei werden sie von ModeratorInnen begleitet und von ExpertInnen und InteressensgruppenvertreterInnen fachlich unterstützt. Der Ablauf der Beteiligungsmethode ist sehr strukturiert und ermöglicht das Zusammenbringen von Alltags- und Expertenwissen. Am Ende entsteht ein sogenanntes Bürgergutachten mit Bewertungen, Empfehlungen und Vorschlägen, das dem Auftraggeber als Entscheidungshilfe vorgelegt wird.
Die Methode wurde insbesondere seit Beginn der 90er Jahre vielfach bei der Stadtentwicklungsplanung/Verkehrsplanung angewendet. Das bisher letzte Bürgergutachten wurde von September 2001 bis März 2002 zum Verbraucherschutz in Bayern erarbeitet.
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Der Verlauf des gesamtes Prozesses einer Planungszelle, die mit einer oder mehreren Gruppen von etwa 25 Personen über vier bis fünf Tage durchgeführt wird, läßt sich in die folgenden drei Phasen aufteilen:
Vorbereitungsphase:
Zentrale und recht aufwendige Aufgabe in dieser Phase ist die Auswahl der TeilnehmerInnen nach dem Zufallsprinzip. Ziel ist es, eine soziale Zusammensetzung der Teilnehmenden zu erreichen, die einen möglichst repräsentativen Querschnitt der Bevölkerung bietet. Die Altersspanne geht von 18 bis manchmal über 80 Jahre.
Die TeilnehmerInnen werden, wenn notwendig, von ihrer Arbeit bzw. ihren Alltagsverpflichtungen freigestellt. Um auch berufstätige BürgerInnen für die Teilnahme zu gewinnen, erhalten diese Aufwandsentschädigungen oder eine Erstattung für nachweisbaren Verdienstausfall. Wichtig ist, dass sich alle TeilnehmerInnen freiwillig für die Teilnahme entscheiden. Um die Repräsentativität zu erhöhen, arbeiten häufig mehrere Gruppen parallel zum gleichen Thema.
Bereits in der Vorbereitungsphase muss das Programm, z.B. die Reihenfolge der zu behandelnden Unterthemen und der Experteninputs, sehr genau festgelegt werden. Bei der Planungszelle handelt es sich um ein sehr straff strukturiertes Beteiligungsverfahren.
Durchführungsphase:
Während der etwa acht Stunden langen Arbeitstage wird sowohl in der Gesamtgruppe als auch in wechselnden Kleingruppen gearbeitet. Personen, die es nicht gewohnt sind, in größeren Gruppen zu sprechen, können so in Kleingruppen ihre Hemmschwellen eher überwinden.
Begleitet werden die Gruppen sowohl von professionellen ModeratorInnen als auch von Fachleuten aus unterschiedlichen Bereichen. In aufeinanderfolgenden Arbeitseinheiten werden die verschiedenen Aspekte des Gesamtzusammenhanges behandelt. Die Arbeit wechselt zwischen fachlichen und sachlichen Informationen (Impulsreferate, Ortsbegehungen etc.), Diskussionen und Phasen der Bewertung und Ideenentwicklung. Nach jeder Arbeitseinheit werden die Zwischenergebnisse zusammengefasst und im Plenum präsentiert.
Alle Ergebnisse der vier arbeitsreichen Tage werden dokumentiert und abschließend zum Bürgergutachten zusammengetragen.
Nachbereitungsphase:
Für die Nachbereitungsphase gibt es keine klare Struktur. Wichtig ist die Dokumentation der Planungszelle und die möglichst zeitnahe Veröffentlichung des Abschlussberichtes im Rahmen einer öffentlichkeitswirksamen Veranstaltung. Darüber hinaus sollten die TeilnehmerInnen der Planungszelle weiterhin über den Planungsverlauf informiert werden. In einigen Projekten haben die BürgerInnen auch nach Abgabe des Bürgergutachtens an der Entwicklung des Planungsvorhaben mitgearbeitet.
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Die Durchführung der Planungszelle ist mit hohem finanziellen und organisatorischen Aufwand verbunden. Von daher wird die Methode auch in Zukunft eher bei größeren Projekten und Entscheidungsfragen eingesetzt werden. Von den BürgerInnen wird bei dieser Methode eine hohe Einsatzbereitschaft während der Durchführungsphase verlangt. In der Regel erleben es die TeilnehmerInnen aber positiv, gemeinsam mit ExpertInnen an der Entwicklung von Lösungsvorschlägen zu arbeiten.
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Alle BürgerInnen einer Kommune oder eines Stadtteils oder auch einer größeren administrativen Einheit (z. B. Bundesland). Eine persönliche Betroffenheit ist nicht Voraussetzung. Ziel ist es vielmehr, Gruppen zusammenzustellen, die einen repräsentativen Querschnitt der jeweiligen administrativen Einheit darstellen. Zur Beteiligung von Kindern an Planungsprozessen ist diese Methode weniger geeignet.
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Das Ergebnis der Planungszelle ist das sogenannte Bürgergutachten. Dieses beinhaltet Analysen und Empfehlungen der BürgerInnen und ExpertenInnen und kann als hilfreiche Entscheidungsgrundlage für konkrete Sachfragen dienen.
Das Zufallsprinzip sorgt dafür, dass Menschen unterschiedlicher sozialer Lebenslagen, Alters- und Bildungsgruppen, die sich gewöhnlich voneinander abgrenzen, miteinander an einer Frage arbeiten. Dadurch fördert die Planungszelle auch das Kennenlernen der Interessen anderer gesellschaftlicher Gruppen.
Die teilnehmenden BürgerInnen erhalten aufschlussreiche Einblicke in Institutionen und Verständnis für politisch administrative Entscheidungsprozesse.
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Die Informationen der BürgerInnen durch Fachleute muss umfassend und kontrovers geschehen. Ansonsten lässt sich schnell der Vorwurf der Einseitigkeit und noch schlimmer der Manipulation erheben.
Relativ wenige BürgerInnen fungieren als StellvertreterInnen der Bürgerschaft und werden sehr intensiv (und kostenaufwendig) beteiligt. Eine gute Öffentlichkeitsarbeit und ein hohes Maß an Transparenz sollte daher den Prozess begleiten.
Die Arbeitsweise in den einzelnen Einheiten muss garantieren, dass sich alle TeilnehmerInnen beteiligen können, sonst existiert die Repräsentativität nur auf dem Papier.
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1987 Bürgergutachten 'Stadtentwicklung Solingen 2010'
1994 Bürgergutachten 'Zusammenleben von Ausländern und Deutschen', Stadt Buxtehude
1996 Bürgergutachten 'Attraktiver Öffentlicher Personennahverkehr in Hannover' (Info: ÜSTRA Hannoversche Verkehrsbetreibe AG)
1997 Bürgergutachten 'Innenstadtentwicklung in den drei thüringischen Städten Nordhausen, Meiningen, Apolda'
1997 Bürgergutachten 'Städtebauliche Planung in der Stadt Lengerich/Westfalen'
1999 Abfallwirtschaft 2005 Bürger planen ein regionales Abfallkonzept (Info: Renn, O; Schrimpf, M.; Carius, R. et al, Baden-Baden, 1999)
2000 Bürgergutachten 'Regensburg-Plan 2000 Leitziele zur Stadtentwicklung'
2001 Bürgergutachten 'Osnabrück Innenstadtentwicklung
2002 Bürgergutachten zum Verbraucherschutz in Bayern
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Zur angegebenen Literatur finden Sie in der Bibliothek jeweils eine kurze Beschreibung
Akademie für Technikfolgenabschätzung (Hrsg.): Die Planungszelle in Theorie und Anwendung, Stuttgart, 1999.
Dienel, Peter, C.: Die Planungszelle. Der Bürger plant seine Umwelt. Eine Alternative zur Establishment-Demokratie, Opladen, 1992. 5. Auflage 2002.
Reinert, Adrian: Mobilisierung der Kompetenz von Laien, in: Apel, H; Dernbach, D.; Ködelpeter, T.; Weinbrenner, P. (Hrsg.): Wege zur Zukunftsfähigkeit ein Methodenhandbuch, Stiftung Mitarbeit, Bonn, 1998, S. 115-126.
Selle, Klaus: Planung und Kommunikation. Wiesbaden/Berlin, 1996 (eine Kurzbeschreibung der Methode Planungszelle ist unter www.stadtteilarbeit.de einsehbar).
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