Digital Twin of Injection Molding
Im Jahr 2018 wurden weltweit rund 360 Mio. Tonnen Kunststoff produziert, wovon 61,8 Mio. Tonnen in Europa hergestellt wurden. Für Europa ergibt sich dadurch in Bezug auf Im- und Exporte eine positive Handelsbilanz von 9,4 Mrd. €. Allein in Deutschland sind im Bereich der Kunststoffverarbeitung ca. 336.000 Beschäftigte in ca. 3.058 Unternehmen tätig, die insgesamt einen Jahresumsatz von über 65,1 Mrd. € erwirtschaften.
Knapp ein Viertel der jährlich produzierten Tonnage wird im Spritzguss verarbeitet, der somit eines der bedeutendsten Anwendungsfelder darstellt. Ein bedeutendes Alleinstellungsmerkmal der in Deutschland hergestellten Spritzgießmaschinen ist neben der hohen Qualität und Zuverlässigkeit das hohe Maß an Innovationen hinsichtlich Integrations- und Vernetzungsmöglichkeiten. Allein durch Prozessinnovationen in der kunststoffverarbeitenden Industrie ergab sich bspw. im Jahr 2018 eine Kostensenkung von 2,3 % im Vergleich zum Vorjahr. Durch die neuen Vernetzungsmöglichkeiten von Spritzgießmaschinen, bspw. Kommunikationsschnittstellen wie OPC-UA, lassen sich unter anderem Maschinen- und Prozessgrößen hochaufgelöst aufzeichnen. Diese Daten können zu einer besseren Qualitätsüberwachung genutzt werden, was zu weiteren Kostensenkungen beitragen kann. Eine automatisierte Qualitätskontrolle und Anpassung der Prozessparameter kann bspw. einen höheren Anteil an Rezyklaten (wiederverwendete Produktionsabfälle) in der Fertigung und somit weitere Kosteneinsparungen ermöglichen. Aus diesen Gründen wird im Spritzgießen bereits seit Jahrzehnten eine Regelung der Qualitätseigenschaften der hergestellten Bauteile angestrebt. Derzeit in kommerziell erhältlichen Spritzgießmaschinen implementierte Regelungskonzepte regeln allerdings lediglich Maschinen- oder Prozessgrößen, die mit den Bauteileigenschaften korrelieren.
Eine echte Regelung der Bauteileigenschaften erfordert zum einen eine Inline-Messung der entsprechenden Qualitätsgrößen, als auch dynamische Prozessmodelle der gesamten Wirkungskette von den an der Maschine eingestellten Prozessparametern bis zur resultierenden Bauteilqualität. Die dynamischen Modelle, d.h. der digitale Zwilling, kann dann zur modellbasierten Regelung oder Steuerung verwendet werden.
Das Ziel des Projektes DIM ist es, Wettbewerbsvorteile für KMU zu generieren, indem diese in die Lage versetzt werden, Digitale Zwillinge (Digital Twins) ihrer Produktionsanlagen zu bilden und diese zur Optimierung des Produktionsprozesses einzusetzen. Zur Erreichung dieses Ziels sollen zum einen Methoden und Algorithmen zur datengetriebenen Modellbildung des Digitalen Zwillings sowie Methoden und Algorithmen zur Optimierung des Produktionsprozesses auf Basis des Digitalen Zwillings entwickelt und in einer plattformunabhängigen Python-Library öffentlich bereitgestellt werden. Zum anderen wird über die bloße Bereitstellung der Werkzeuge hinaus ein Transfer und die Konservierung des bei der Werkzeugentwicklung generierten Wissens und der entwickelten Technologien angestrebt. Durch einen bedarfsgerechten Wissens- und Technologietransfer sollen Unternehmen dazu befähigt werden, die Entwicklung solcher Systeme in Zukunft eigenständig durchführen zu können.