Motivation

Deutschland ist der zweitgrößte Erzeuger von Geflügelfleisch in der EU. Das Haushuhn stellt mit einem Bestand von rund 160 Millionen Tieren im Jahr 2014 die zahlenmäßig häufigste Nutztierart in Deutschland dar und die Nachfrage nach Geflügelfleisch steigt seit Jahren an. Die dominierende Haltungsart von Mastgeflügel und Legehennen ist die Bodenhaltung. Entzündliche Fußballenveränderungen oder Fußballenläsionen und die dadurch hervorgerufenen Schmerzen beeinträchtigen das Tierwohl und die Beweglichkeit der Tiere stark. Feuchte Einstreu gilt als ein wesentlicher Risikofaktor für diese Erkrankung, da diese zu einer erhöhten Emission von Ammoniak und einer erhöhten Belastung mit pathogenen Bakterien und Arthropoden (u.a. Milben) führt. Hohe Ammoniakgehalte in der Luft sind u.a. ein Risiko für Atemwegserkrankungen bei Tier und Mensch.

Image: Anna Olschewsky
Helle moderne Stallungen bei der Schäfer BIOgeflügelhof KG in Alheim-Niedergude

Um die Tiergesundheit und das Tierwohl nachhaltig zu verbessern, ist die Entwicklung und Erprobung von neuartigen Einstreusubstraten in der Geflügelhaltung zwingend erforderlich. Von besonderer Bedeutung ist hierbei die Untersuchung der Feuchtigkeitsaufnahmekapazität und der Abtrocknungsdauer der Einstreusubstrate. Pflanzen- und Aktivkohlen zeichnen sich aufgrund ihrer hohen inneren Oberfläche durch eine hohe Wasseraufnahmekapazität (bis zu dem Fünffachen ihres Gewichts) und eine hohe Adsorptionskapazität für verschiedene Substanzen, wie beispielsweise Nährstoffe und Stickstoffverbindungen, Medikamentenrückstände, Pestizide aber auch Dioxine und Mykotoxine aus. Aufgrund dieser Eigenschaften stellen Pflanzen- und Aktivkohlen ein vielversprechendes, aber kaum erforschtes Einstreusubstrat in der Geflügelhaltung dar, um sowohl Fußballenerkrankungen und Ammoniakemissionen zu reduzieren als auch möglicherweise gesundheitsfördernd zu wirken, wenn es über das arttypische Scharren und Picken aufgenommen wird.

Für die Herstellung von Pflanzen- und Aktivkohlen werden häufig hochwertiges Holz und fossile Kohlen oder importierte Kohlen auf Basis von Kokosnussschalen verwendet. Ländliche und städtische Restbiomassen wie Landschaftspflegeschnitt, Obstbaumschnitt, landwirtschaftliche Restbiomassen, Extensivgrünland, Laub oder Grünschnitt finden kaum oder gar keine Verwendung. Das bislang nicht genutzte technische Biomasse-Reststoffpotential in Deutschland liegt bei rund 30,9 Mio. Tonnen Trockensubstanz jährlich. Daraus könnten bei einem Konversionsfaktor von 15 % etwa 4,6 Mio. Tonnen Pflanzenkohle erzeugt werden.