Wilde Tiere gehören zur Großstadt. Traditionell werden sie zwar in der Wildnis verortet und gilt die Großstadt als exklusiver Ort von menschlicher Gesellschaft. Doch diese traditionelle Entgegensetzung gerät ins Wanken. In den Großstädten leben unterschiedliche Arten wilder Tiere und sie werden zunehmend in der Wissenschaft und den Medien thematisiert. Wie aber gestaltet sich das Zusammenleben von Mensch und wildem Tier in der Stadt? Welche regulatorische Politik und Planung initiieren die wilden Stadtbewohner? Wie haben sich die existierenden Praxen im Umgang mit wilden Tieren historisch entwickelt? Eine Aufgabe der Planung und Verwaltung besteht darin, das Vorkommen wild lebender Tiere in der Stadt zu steuern z. B. durch den Schutz von Habitaten, die Errichtung von Barrieren oder die Regulierung der Individuenzahl durch Jagd, Schädlingsbekämpfung oder gezielte Fütterung. Diese Praxen des Verwaltungs- und Planungshandelns spiegeln sowohl die historisch gewachsenen Ausprägungen und räumlichen Planungen der Tier-Mensch-Verhältnisse in Großstädten als auch die dadurch ausgelösten Konflikte und Aushandlungsprozesse.
Das von der DFG geförderte Forschungsprojekt „Planung von Tier-Mensch-Relationen im ‚Habitat Großstadt‘“ erforscht die Wechselwirkung von im Stadtraum wild lebenden Tieren auf der einen Seite und auf dieses Tiervorkommen reagierendem politischem, planerischem und administrativem Handeln auf der anderen Seite. Ziel des Projektes ist es, aus den Planungswissenschaften heraus die spezifisch räumlichen Wirkungsaspekte des Zusammenspiels von sich autonom bewegenden und verhaltenden Tieren in der Stadt und darauf reagierenden planungspolitischen sowie administrativen Maßnahmen herauszuarbeiten, zu diskutieren und die Forschungserkenntnisse für die konkrete Planung zur Verfügung zu stellen. Das Projekt geht von der These aus, dass in Deutschland traditionell die Regime der Hygiene, der Jagd und des Naturschutzes den Umgang mit wild lebenden Tieren in der Stadt bestimmten und zur Formung bestimmter kultureller Tiertypen wie dem „Schädling“ oder „Nützling“, dem „Wild“ oder der „schützenswerte Art“ führten. Ziel ist es, über ein genaueres Verständnis der Prämissen und Funktionsweise bisherigen planerischen Handelns im Umgang mit wild lebenden Tieren in der Stadt relevante Erkenntnisse für innovative Planungsansätze zu gewinnen. Durch Fallstudien zu drei deutschen Großstädten (Berlin, Hamburg und München) wird zudem die These geprüft, ob in aktuellen Planungsdiskursen eine strategische Verschiebung von einem exkludierenden und gleichzeitig defensiv-bewahrenden Umgang mit Natur und wild lebenden Tieren (Schutzgebiete) zu einem integrierenden, die Wirkmächtigkeit von Tieren anerkennenden und offensiv-gestaltenden Umgang (Ko-Habitate) vollzogen wird. Die Ergebnisse des Forschungsprojektes werden die tradierten Strukturen der Planungspraxis im Umgang mit Tieren in der Stadt in einer Monographie dokumentieren und analysieren und Schlüsse für zukünftiges Planungshandeln daraus ziehen.