Am 21. und 22. September 2020 richtete die FIS-Nachwuchsgruppe gemeinsam mit dem Forschungsverbund für Sozialrecht und Sozialpolitik eine Tagung unter dem Titel „Sozialgerichtsbarkeit im Blick – Interdisziplinäre Forschung in Bewegung“ aus. Die Tagung fand aufgrund der besonderen pandemischen Umstände online statt. Die Nachwuchsgruppe stellte auf der Tagung Schwerpunkte aus ihren Forschungsarbeiten vor und brachte sie mit weiteren Aspekten der Sozialpolitikforschung in Zusammenhang. Über 70 Teilnehmer*innen aus Wissenschaft und Praxis verfolgten und diskutierten die Beiträge in den Videokonferenzen.
Nach einem Grußwort von Thomas Frank vom Bundesministerium für Arbeit und Soziales startete die Konferenz mit einem Impulsvortrag von Prof. Dr. Berthold Vogel vom Soziologischen Forschungsinstitut (SOFI) Göttingen über „Konflikt und Kohäsion. Eckpunkte der Sozialpolitikforschung“. Darin stellte er die Ambivalenz von Sozialpolitik dar, die zugleich Konflikte und Kohäsionseffekte hervorrufe. Interdisziplinäre Sozialpolitikforschung im Allgemeinen und Sozialgerichtsforschung im Besonderen könne als konzeptionelle Perspektive Sozialpolitik als Grundkapital und die Sozialgerichtsbarkeit als öffentliches Gut verstehen.
Weitere Impulse nahmen Sozialgerichtsforschung und die Sozialgerichtsbarkeit aus anderen Perspektiven in den Blick: Vorsitzende Richterin am Bundessozialgericht Sabine Knickrehm gab Einblicke in Entscheidungsfindungsprozesse und zum Umgang mit geistes- und sozialwissenschaftlicher Forschung in der Rechtsprechung an Beispielen aus dem Rentenversicherungsrecht. Aus rechtwissenschaftlicher Perspektive ging Prof. Dr. Stephan Rixen (Universität Bayreuth) der Frage nach, welche Forschungsorte und -formate für Sozialpolitikforschung einen interdisziplinären, reformorientierten Denkstil ermöglichen. Prof. Dr. Ursula Dallinger von der Universität Trier setzte unter der übergeordneten Frage „Wohlfahrtskapitalismus – Woher kommt das Soziale?“ einige Schlaglichter auf Verteilungsarenen im Wohlfahrtskapitalismus.
An beiden Konferenztagen präsentierte in drei zeitgleich verlaufenden Streams die Nachwuchsgruppe ihre Forschung: Unter den Oberthemen „Mobilisierung von Recht“, „Interessen und (Rechts-)Tatsachen“ und „Rechtsschutz und Wandel des Wohlfahrtsstaats“ stellten die Mitglieder der Nachwuchsgruppe Erkenntnisse aus den einzelnen Arbeiten zur Diskussion. Ergänzend dazu gaben Vertreter*innen aus dem FoSS Einblicke in ihre aktuellen Forschungsfelder. Eingeladene Expert*innen aus Sozialpolitikforschung und Praxis kommentierten die Beiträge in den Streams.
Die Tagung fand in einer moderierten Diskussion mit Akteur*innen aus der Praxis ihren Abschluss: Auf dem virtuellen Podium stellten Richterin am Bundessozialgericht Nicola Behrend, Rüdiger Mey (Deutsche Rentenversicherung Bund), Robert Nazarek (DGB), Dr. Joachim Rock (Der Paritätische Gesamtverband) und Jens-Oliver Siebold, Fachanwalt für Sozialrecht und Vertreter des Deutschen Anwaltvereins, ihre Sicht auf die Bedeutung von Forschung für ihre Praxis dar und formulierten konkreten weiteren Bedarf an künftiger Sozialpolitikforschung.