Mit dem interdisziplinären DFG-Netzwerk *Bedingungslose Jugendhilfe. Von der zweiteiligen zur inklusiven sozialen Infrastruktur* soll ein Beitrag zur inklusiveren Ausgestaltung der Kinder- und Jugendhilfe (KJH) geleistet werden. Hierfür werden rechts- und erziehungswissenschaftliche Perspektiven auf die gegenwärtigen Leistungsstruktur der KJH zusammengeführt, um einen grundlagentheoretischen Diskurs zu eröffnen und zukünftige Forschungsbedarfe zu identifizieren.
Der interdisziplinäre Ansatz ist von hoher wissenschaftlicher Relevanz für die Inklusionsbestrebungen in der KJH, da insbesondere die Zweiteilung der Leistungsangebote in Regelleistungen (§11-26 SGB VIII) und Bedarfsleistungen (§27-35 SGB VIII), die Adressatinnen in Personenkategorien einteilt, inklusiven Ansätzen tendenziell gegenläufig sind. So können Bedarfsleistungen nur beansprucht werden, wenn ein „erzieherischer Bedarf“ vorliegt. Somit ist die Gewährung an ein Defizit geknüpft, das vom Jugendamt diagnostiziert werden muss. Damit sind die Bedarfsleistungen für ihre Nutzerinnen tendenziell stigmatisierend, was auf gravierende Barrieren der Inanspruchnahme verweist. Dieses Strukturproblem bleibt auch im jüngst verabschiedeten Kinder- und Jugendstärkungsgesetz (KJSG) erhalten. Somit stellt sich die Frage, inwiefern das Jugendhilfesystem mit seiner gegenwärtigen Zweiteilung tatsächlich dazu beiträgt, soziale Ungleichheitsverhältnisse zu mildern, statt sie zu reproduzieren.
Den Ausgangspunkt im Netzwerk bildet die Idee einer „Bedingungslosen Jugendhilfe“. Im Verlauf von sechs Netzwerktreffen diskutieren die Netzwerkmitglieder mit ausgewählten Gästen, ob und inwiefern ein inklusiveres Jugendhilfesystem gestaltet werden kann, wenn seine (exkludierende) Zweiteilung in eine weitgehend bedingungslose Leistungsstruktur transformiert werden würde und was diese „Bedingungslosigkeit“ im Einzelnen konkret bedeuten könnte.