Wintersemester 2016/17

Seminar (TuK)

Mittwochs 08.00-10.00 Uhr
CC Raum 1124, Seminarraum 6

Tiere haben im Nationalsozialismus eine doppelte Funktionsebene. Sie stellen sowohl das „Andere“ dar, wie vor allem die antisemitischen Schädlingsdiskurse um Ratten und Heuschrecken zeigen. An ihnen sollten Ausgrenzung, Ausmerzung und Vernichtung nicht nur symbolisch fest gemacht werden. Gleichsam fungierten einige Tiere, insbesondere Hunde und Pferde, als Projektionen nationalsozialistischer Ideale von Tapferkeit, Mut und Kameradschaft. Auch der vermeintlich vorbildliche Tierschutz der Nationalsozialisten ist  legendär. In diesem Seminar werden wir uns mit den verschiedenen nationalsozialistischen Tierbildern befassen und zu eruieren versuchen, welche  Aussagen sich  damit auch über die nationalsozialistische Gesellschaft machen lassen. Dabei werden wir zentrale Kategorien nationalsozialistischer Herrschaft wie die „Blut und Boden“-Ideologie, den Volksgemeinschaftsgedanken und die Ideen von Zucht und Rasse in Beziehung zu eben diesen Tierbildern setzen.
Dabei wird im Seminar sowohl ein Überblick über die Bedeutung verschiedener Tiere gegeben, gleichzeitig wollen wir diskutieren, inwieweit eine tiergeschichtliche Annäherung uns beim Verständnis des Nationalsozialismus helfen kann. Dabei werden wir unterschiedliche Quellen heranziehen und kritisch zu lesen lernen.

Ziel des Seminars ist also, die Geschichte der Tiere im Nationalsozialismus zu rezipieren und als Zugang zur Kulturgeschichte des Dritten Reiches zu verstehen sowie Quellen einordnen und kontextualisieren zu können. Gleichsam sollen die Teilnehmer_innen in die Lage versetzt werden, Aussagen über den historischen Kontext des nationalsozialistischen Regimes machen zu können.

Literatur zur Vorbereitung:
 

  • Möhring, Maren, "Herrentiere “und „Untermenschen", in: Historische Anthropologie 19.2 (2011): 229-244.
  • Sax, Boria, Animals in the Third Reich: pets, scapegoats, and the Holocaust, 2000.
  • Urban, Monika, Von Ratten, Schmeißfliegen und Heuschrecken. Judenfeindliche Tiersymbolisierungen und die postfaschistischen Grenzen des Sagbaren, 2014.

Seminar

Dienstags 14.00-16.00 Uhr
Mor Sys3 / Raum 0305

Tierfilme, Tierdokumentationen und Dokusoaps sind aus der heutigen Medienlandschaft nicht mehr wegzudenken. Doch sie bildeten schon zu Beginn des Filmes einen zentralen Topos, so bei frühen Safari-Filmen. In diesen Filmen wurden nicht nur Tiere dargestellt: gleichsam vermittelten diesen Filme auch Vorstellungen davon, wie menschliche Gesellschaften zu funktionieren hatten. Insbesondere britische Kolonialregime zeigten sich über inszenierte Großkatzenjagden, die auch filmisch inszeniert wurden, als Bezwinger und Beschützer, als Herrscher und vermeintliche Zivilisationsbringer. Auch Spielfilme bebilderten so Ideen des Exotischen und des „Anderen“, welches es zu bezwingen gälte. Der Topos, der gerade in Tierfilmen aufschien, hatte jedoch ein erstaunliches Kontinuitätspotential. Auch nach dem Ende der Kolonialreiche finden sich die Muster der Dominanz des Exotischen in den Tierfilmen wieder, die in einer postkolonialen Lesung zu dechiffrieren sind. Moderne Fassungen des Jungle Books gilt es deshalb genauso zu befragen wie Grzimeks Tierfilme und die Safari-Filme der ersten Stunde.

Zielsetzung

Das Seminar verbindet Filmgeschichte, Tiergeschichte und Kolonialgeschichte und fragt nach den jeweiligen Potentialen, die unterschiedliche historische Betrachtungsweisen auf ein Medium, den kolonialen und postkolonialen Tierfilm eröffnen.  Zum einen wollen wir uns allgemein mit der Funktion von Tieren in filmischen Medien aus historischer Perspektive nähern und dabei Analysemittel kennenlernen, mit denen wir diese als historische Quellen nutzbar machen können. Dabei soll ein Zugang gewählt werden der, tiergeschichtlich orientiert, die Wichtigkeit der Präsenz der Tiere für diese Geschichte herausstreicht. Zum andern sollen die Studierenden lernen, selbst kritisch mit dem Medium Film umzugehen; das schließt auch seine materielle Quellenfunktion mit ein. Die Studierenden sollen weiterhin erkennen, welche Unterschiede hier in Recherche, Archivaufbewahrung, Konservierung und Nutzung zu herkömmlichen Textquellen bestehen und einen Einblick über die Nutzung und Möglichkeiten von Filmarchiven praktisch bekommen. Es ist  eine Exkursion an das Deutsche Filminstitut Wiesbaden geplant.

Literatur zur Vorbereitung:

  • Möhring, Maren / Perinelli, Massimo / Stieglitz, Olaf (Hrsg.), Tiere im Film. Eine Menschheitsgeschichte der Moderne. 2009
  • Bechhaus-Gerst, M. & Zimmerer, J. (Hrsg.), Kein Platz an der Sonne : Erinnerungsorte der deutschen Kolonialgeschichte, 2013.
  • Landau, P.S. (Hrsg),   Images and empires: visuality in colonial and postcolonial Africa, 2002.
  • Burt, Jonathan, Animals in visual Art from 1900 to the present, in. R. Malamud (Hrsg.), A cultural history of animals in the modern age. 2007, S. 163-194