Dustin Schäfer - Dissertationsprojekt, Publikationen und Lehre

Dissertationsprojekt: Institutionelle Rechenschaftsmechanismen aus Perspektive einer Postkolonialen-Global -Economic-Governance-Forschung

Das Inspection Panel (IP) wurde 1993 in Reaktion auf zivilgesellschaftlichen Protest gegen die negativen Folgen des Sardar-Sarovar-Staudamm Projekts von der Weltbank (WB) eingerichtet. Seitdem ermöglicht das IP, Menschen, die von WB finanzierten Projekten negativ betroffen sind, über einen institutionellen Prozess, eine Klage gegenüber der WB einzureichen. Diesem Beispiel folgend, richteten nahezu alle Entwicklungsbanken ähnliche institutionelle Rechenschaftsmechanismen (IRMs) ein.

Die Untersuchungsberichte der IRMs verdeutlichen immer häufiger, dass lokale Projektauswirkungen konträr zu den proklamierten Projektzielen stehen. Darüber hinaus haben IRMs unter Beweis gestellt, dass diese im Rahmen ihrer Berichterstattung über das Potenzial verfügen, die lokalen Projektauswirkungen auf die institutionelle und politische Agenda der involvierten Entwicklungsbanken zu setzen. Bisherige Forschungen weisen jedoch auf prozessuale Abhängigkeiten der IRMs hin. Ferner sind es die institutionellen Einbettungen, die den Handlungsspielraum einschränken. 

Daran anknüpfend untersucht das Vorhaben, die Möglichkeiten und Grenzen von IRMs institutionelles Handeln in Reaktion auf eingereichte Klagen hervorzurufen. Inwiefern es den IRMs dabei gelingt institutionelle Lernprozesse anzustoßen, die über die Projektumsetzung hinauswirken, wird im Hinblick auf mögliche Widerstände und Hindernisse, die aus den institutionellen Strukturen und Prozessen resultieren, untersucht.

Das Vorhaben ist somit an der Schnittstelle von Entwicklungsforschung, Global Economic Governanceforschung und postkolonialen Studien angesiedelt. Das Promotionsvorhaben zielt demzufolge darauf ab, einen wissenschaftlichen Beitrag zu entwicklungspolitischen Praxen hinsichtlich der Umsetzung institutioneller Rechenschaftspflicht zu leisten. In Form kritischer Politikfeldanalyse stellt das Promotionsvorhaben dabei Artikulations- und Repräsentationsformen der liberalen Governance in den Mittelpunkt der Analyse und zielt darauf ab Leitlinien für eine Postkoloniale Organisationsforschung zu entwickeln.

 

Publikationen

Schäfer, Dustin (2019): Entwicklungspolitisch verursachter Vertreibung begegnen. Möglichkeiten und Grenzen institutioneller Rechenschaftspflicht am Beispiel des Inspection Panels der Weltbank, in:
PERIPHERIE 2-2019 (Heft 154/155) | Vertreibung durch Entwicklungsprojekte: https://shop.budrich-academic.de/produkt/peripherie-2-2019-heft-153-154-vertreibung-durch-entwicklungsprojekte/?v=3a52f3c22ed6

 

Lehre

Lehre im Wintersemester 2020/2021: Seminar - Das Inspection Panel der Weltbank

Die Einführung des Inspection Panels der Weltbank, als erste Beschwerdestelle multilateraler Entwicklungsbanken, wurde als großer Fortschritt hin zu mehr Rechenschaftspflicht (Accountability) internationaler Organisationen gewertet. Seit 1994 können Menschen, die durch Weltbank finanzierte Projekte negativ betroffen sind oder befürchten das dies eintreten könnte, eine Beschwerde einreichen. Mit dem Ziel die Überprüfung der Umwelt- und Sozialrichtlinien auf Seiten der Weltbank einzufordern. Inhalt des Seminars ist die eigenständige Erforschung von Beschwerdefällen, die durch das Inspection Panel untersucht wurden. Eine Beschwerde kann sich beispielsweise auf ein Infrastrukturprojekt beziehen, indem Menschen umgesiedelt oder vertrieben wurden. Übergeordnete Fragen, die untersucht werden sollen, sind: kann das Inspection Panel den Erwartungen an Rechenschaftspflicht der Weltbank gerecht werden? Welchen Einfluss haben die Beschwerden auf die entwicklungspolitische Praxis der Weltbank? Welchen Einfluss hatte die Einführung des Inspection Panels auf andere Entwicklungsbanken?

Zu Beginn des Seminars erfolgt eine Auseinandersetzung mit der Weltbank selbst: ihrer Geschichte, der institutionellen Struktur und den Entscheidungsmechanismen sowie mit der Kritik und den Protesten, die letztlich zur Entstehung des Inspection Panels geführt haben. Im weiteren Verlauf setzen wir uns mit dem Aufbau, der Funktion und institutionellen Einbettung des Inspection Panels auseinander und analysieren diese anhand ausgewählter Beschwerdefälle. Die theoretische Einbettung erfolgt durch die Kombination von Postdevelopment-, kritischen Entwicklungs- und Bürokratieforschungsansätzen. Aus methodischer Perspektive setzen wir uns vor allem mit Forschungsstrategien der Fallstudienforschung auseinander.

 

Lehre imSommersemester 2019: Projektseminar - Das Inspection Panel der Weltbank

Die Einführung des Inspection Panel der Weltbank, als erste Beschwerdestelle multilateraler Entwicklungsbanken, wurde als großer Fortschritt hin zu mehr Rechenschaftspflicht (Accountability) internationaler Organisationen gewertet. Seit 1994 können Menschen, die durch von der Weltbank finanzierte Projekte negativ betroffen sind oder befürchten das dies eintreten könnte, eine Beschwerde einreichen, um die Überprüfung der Umwelt- und Sozialrichtlinien einzufordern.
In diesem zweisemestrigen Projektseminar geht es um die eigenständige Erforschung von Beschwerdefällen, die durch das Inspection Panel untersucht wurden. Eine Beschwerde kann sich beispielsweise auf ein Infrastrukturprojekt beziehen indem Menschen umgesiedelt oder vertrieben wurden. Übergeordnete Fragen, die in diesem Seminar untersucht werden sollen, sind: kann das Inspection Panel den Erwartungen an größere Rechenschaftspflicht der Weltbank gerecht werden? Welchen Einfluss haben die Beschwerden auf die entwicklungspolitische Praxis der Weltbank? Welchen Einfluss hatte die Einführung des Inspection Panels auf andere Entwicklungsbanken? Im ersten Semester erfolgt zunächst eine eingehende Auseinandersetzung mit der Weltbank selbst: ihrer Geschichte, der institutionellen Struktur und den Entscheidungsmechanismen, sowie mit der Kritik und den Protesten, die sie ausgelöst hat. Im zweiten Semester geht es dann um den Aufbau und Funktion des Inspection Panels sowie die behandelten Beschwerden.

 

Lehre im Wintersemester 2017: Protest und Reform in der globalen politischen Ökonomie aus Perspektive einer postkolonialen Politikwissenschaft

Unter Verwendung postkolonialer Konzepte beschäftigt sich das Seminar mit den Auswirkungen globaler Protestbewegungen seit den 90er Jahren auf institutionelle Reformen in der globalen politischen Ökonomie. Die neoliberale Globalisierung der Ökonomie hat aufgrund ihrer negativen sozialen, politischen und ökologischen Konsequenzen in den 1990er Jahren zu einer neuen globalen Protestbewegung geführt. Diese manifestierte sich in den
zahlreichen Protesten gegen die Institutionen der globalen Wirtschaftspolitik, allen voran Weltbank, Internationaler Währungsfonds und der Welthandelsorganisation (wie in Genf 1998, Seattle 1999, Prag 2000 oder Genua 2001), aber auch im Netzwerk Peoples' Global
Action (PGA), im Weltsozialforum von Porto Alegre oder in attac. Auf Basis intensiver Textlektüre erschließen wir uns die Auswirkungen dieses Protests anhand der Analyse ausgewählter Reformen in den drei erwähnten Organisationen.