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26.06.2024 | Pressemitteilungen

„Anboxen gegen die Krankheit“: Trainingsstudie mit Parkinson-Patienten gestartet

Schlag für Schlag gegen Bewegungseinschränkungen: Studienteilnehmer Rainer Becklas bei Boxübungen mit Kursleiterin Naomin van Dijk. Foto: DIETER SCHACHTSCHNEIDER

Prof. Armin Kibele führt derzeit am IfSS eine Trainingsstudie mit Parkinson-Patienten durch. Die HNA hat am 11. Juni 2024 ausführlich über diese Studie berichtet: „Forscher untersuchen Wirksamkeit von Training bei Parkinson: Kassel – Ein leicht tänzelnder Schritt und gezielte Schläge gegen das Polster: Bei den Boxübungen hat Rainer Becklas nicht nur Talent, sondern auch Spaß. „Früher habe ich Taekwondo gemacht“, sagt der 62-Jährige. In der Task-Sporthalle am Auestadion kämpft er nun gegen einen starken Gegner: seine Parkinson-Erkrankung.

Der Rentner aus Warburg ist einer von 35 Teilnehmern einer Trainingsstudie der Universität Kassel. Dabei wird untersucht, welche Art von Übungen am besten helfen kann, das Fortschreiten der Krankheit zu verlangsamen. Rainer Becklas gehört zur Gruppe, die zehn Wochen lang ein sogenanntes Rebound-Training absolviert.

Dabei stehen vor allem Übungen auf dem Programm, bei denen man auf etwas reagieren oder mit einem Trainingspartner interagieren muss: ob beim Tischtennis, beim Tangotanz oder eben beim Boxen. Auch Kraftübungen auf wackeligen Unterlagen gehören dazu, bei denen es gilt, das Gleichgewicht zu wahren.

Mit dieser Art von Training soll vor allem die stabilisierende Muskulatur gestärkt werden, auch Stützmuskulatur genannt. Diese wird zur Stabilisierung der Körperhaltung gebraucht und für unwillkürliche, reflexartige Bewegungen. Armin Kibele, Professor für Trainings- und Bewegungswissenschaft, vermutet, dass Parkinson-Patienten von diesen Übungen profitieren.

Um herauszufinden, ob das Rebound-Training wirklich besser wirkt als andere Sportaktivitäten, gibt es zwei Vergleichsgruppen: Eine absolviert ein Krafttraining an Geräten im Fitnessstudio Unifit. Eine dritte Gruppe durchläuft kein spezielles Training, um auszuschließen, dass es womöglich allein durch die meist mit mehr Aktivitäten verbundene Sommersaison Effekte gibt.

Thea Holleck aus Kassel gehört ebenfalls zur Rebound-Gruppe. Seit dem Start Mitte Mai freut sie sich auf die wöchentlichen Trainingseinheiten am Freitag. „Ich finde es sehr lustig“, sagt die 73-Jährige, „und die Übungen sind sehr gut“. Besonders das Boxen habe ihr Spaß gemacht, aber auch auf die Tischtennis-Einheit freue sie sich schon. Sie habe schon jetzt den Eindruck, dass eine Verbesserung spürbar sei.

Dass die Ergebnisse dies bestätigen, hofft auch Studienleiter Armin Kibele. Vor und nach dem Trainingszeitraum wird über kognitive und motorische Tests die Leistungsfähigkeit der Probanden erhoben. Ob und wie stark das Training wirkt, soll dann im Lauf der zweiten Jahreshälfte feststehen.

Der Kasseler Sportwissenschaftler forscht seit vielen Jahren zur Wirkung des funktionellen Stabilisatorentrainings -– also einer Stärkung der Stützmuskulatur durch Ganzkörperübungen. Anfänglich ging es um Leistungssteigerungen im Spitzensport. Später konzentrierten sich Kibele und sein Team vor allem auf die Sturzprävention bei Senioren. Hier zeigte das Krafttraining auf Wackelunterlagen ebenfalls Wirkung. „Alles deutet darauf hin, dass das funktionelle Stabilisatorentraining auch für Parkinson-Patienten sinnvoll ist“, sagt Kibele, der nächstes Jahr in den Ruhestand geht.

Er hofft, dass im gemeinsamen Transfer- und Anwendungszentrum für Sport in Kassel (Task) von Stadt und Uni künftig auch Reha-Sport einen Schwerpunkt bildet. Für Studienteilnehmerin Thea Holleck steht jetzt schon fest: Sie wäre dabei, wenn das Training dauerhaft angeboten würde.