Leere Stadt?
Der Wohnungsmangel ist inzwischen nicht mehr nur Thema der deutschen Großstädte, sondern auch in Mittelstädten angekommen. Für die Stadt Kassel wird insgesamt ein Wohnungsbedarf von etwa 11.700 Wohnungen bis 2030 angenommen (Institut Wohnen und Umwelt, Darmstadt – 2019). Rund 8000 Wohnungen davon müssen laut Wohnraumversorgungskonzept bis 2030 neu gebaut werden, also im Schnitt 800 Wohnungen pro Jahr (Stadt Kassel/empirica ag, Kassel – 2022). Gleichzeitig weist Kassel einen hohen Leerstand auf. Angesichts des angespannten Wohnungsmarktes und der Klimakrise gilt es, Möglichkeiten der Reaktivierung von Leerstand zu entwickeln – bevor über Neubau nachgedacht wird, sollte der Bedarf an neuen Wohnungen zunächst im leerstehenden Bestand erschöpft werden.
Im letzten Wohnungsmarktreport gibt die Stadt Kassel eine Leerstandsquote nur für ihren belegungsgebundenen Wohnungsbestand an. Dieser lag für das Jahr 2021 bei rund zwei Prozent, was einer üblichen Fluktuationsreserve entspricht (Stadt Kassel, Kassel – 2022, S.19). Nicht dargestellt ist dysfunktionaler Leerstand, der u.a. auch zu Wohnungen umgenutzt werden könnte. Vermutlich ist die Zahl bisher nicht bekannten Leerstands und damit das Potenzial für die Umnutzung in Wohnraum in Kassel daher deutlich höher.
Für die Gesamtflächen der Stadt fehlen offizielle Kartierungen oder zumindest Schätzungen zum Leerstand. Eine Leerstandsquote zur Gesamtstadt fehlt ebenso wie Auswertungen nach unterschiedlichen Formen von Leerstand. Da der Kasseler Wohnungsmarkt, wie der vieler deutsche Städte, momentan angespannt ist, kann nicht nur von strukturellem Leerstand, sondern muss auch von spekulativen Formen des Leerstands ausgegangen werden.
Das Thema Leerstand ist ein laufendes Forschungsthema Fachgebiet. Bisher haben folgende Teilformate dazu stattgefunden:
Sommersemester 2023: Entwurfsstudio Leere Stadt? Entwerfen für ein Weiterbauen gefährdeter Räume in Kassel. Lehrende: Prof. Dr. Gabu Heindl und Florine Schüschke. Für drei Leerstände in Kasel wurden Umnutzungskonzepte entwickelt. Gefördert von der Koordinationsstelle für Service Learning und gesellschaftliches Engagement der Uni Kassel.
Sommersemester 2023: Seminar Less Leere Stadt. Lehrende: Nina Manz. Theorieseminar zur Ermittlung der Wirkungsweisen von Leerstand und einer alternativen, gemeinwohlorientierten Stadtentwicklung.
Wintersemester 2023/24: Leitung des Teams ‚Leergut‘ zur Teilnahme an der sdg+ challenge, ausgelobt vom sdg+ lab der Universität Kassel. Leitung: Prof. Dr. Gabu Heindl. Drei öffentliche Veranstaltungen, in denen die Thematik des Leerstands mit der Stadtgesellschaft, Verantwortlichen in der Politik und Expert:innen diskutiert wurde.
Wintersemester 2023/24: Seminar Critical Cartography against the Neoliberal City. Lehrende: Florine Schüschke. Studentische Mitarbeit: Vincent Hildenhagen. Geodatenbasierte Kartierung der Leerstände in Kassel. Gefördert von der Koordinationsstelle für Service Learning und gesellschaftliches Engagement der Uni Kassel.
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