Niederzwehren
Der Stadtteil Niederzwehren gliedert sich in zwei Teile; oberhalb der Autobahn A 49 ein Wohn-gebiet, unterhalb ein kürzlich entstandenes Gewerbe- und Industriegebiet, früher ausschließlich landwirtschaftlich genutzt, sowie große Grünflächen, die sich bis zur Fulda erstrecken.
Der Stadtteil hat 11.860 Einwohner und eine Fläche von 8,27 Quadratkilometern.
Das Durchschnittsalter beträgt 44 bis 47 Jahre. Auffällig sind die Zu- und Fortzüge im Stadtteil, 2021 teilte sich Niederzwehren sich hier mit vier weiteren nördlichen Stadtteilen die Spitze mit 100 oder mehr.
Wir beginnen mit unserem Walk auf der Leuschnerstraße Richtung Osten, hinter uns die Dönche. Der erste Punkt befindet sich gleich auf der rechten Seite.
1. Kirche St. Theresia vom Kinde Jesu
Die Kirche St. Theresia vom Kinde Jesu wurde 1970 vom Kasseler Architekten Josef Bieling ge-plant und gebaut. Josef Bieling gründete im Jahr 1955 das gleichnamige Architekturbüro. Er plante vor Allem Sakralbauten in den Diözesen Fulda, Paderborn und Hildesheim.
Wir folgen der Leuschnerstraße, links von uns sehen wir eine Siedlung aus Mehrfamilienhäusern. Vorbei an einem kleinen Quartierszentrum mit ein paar Läden gelangen wir zum Magazinhof.
2. Magazinhof
Der ehemalige Magazinhof, früher „Ersatzverpflegungsmagazin“, war ein Lager der Wehrmacht Die Gebäude des Komplexes wurden 1939/1940 erbaut und dienten als Getreide- sowie Le-bensmittellager mit Heeresbäckerei. Seit den 1990er Jahren stehen die Gebäude leer, erst 2015 wurde das Areal gekauft und 2020 begannen die Sanierungsarbeiten der alten Silogebäude. Es entstand ein neues Quartier mit Büro- sowie Wohngebäuden. Zusätzlich dazu wurde ein großes Parkhaus gebaut, um die Stellplätze für PKWs an einem Ort zu bündeln.
Wir laufen nun über eine Brücke, unter uns die Gleise der Hochgeschwindigkeitsstrecke Kas-sel-Wilhelmshöhe/Fulda-Würzburg, die seit 1991 besteht. Parallel dazu verläuft die alte Strecke der Main-Weser-Bahn. Das Teilstück Kassel/Wabern ist aus dem Jahr 1849, die heutige Strecke verläuft bis nach Frankfurt am Main.
Eine weitere Schienenspur sind für Güterzüge vorgesehen, die auf ihrer Strecke von Süden nach Norden oder umgekehrt durch Kassel fahren. Besonders nachts sind diese in der Nähe der Gleise gut zu hören.
Neben den Schienen, verlaufen die Straßen bzw. Wege „Am Rennsteig“ und „Sophie Scholl Stra-ße“. Ab dem Helleböhnweg im Norden, fast am Bahnhof Wilhelmshöhe, ist es möglich beispiels-weise mit dem Fahrrad bis zum Gewerbegebiet Langes Feld, bis zur A 44 zu gelangen. Und dies auf einer autofreien Straße, quasi eine Schnellfahrstrecke für Fahrräder.
Wir laufen nun in die Brüder-Grimm-Straße.
3 .Kirche Herz Jesu
Auf der rechten Seite befindet sich die Kirche Herz Jesu mit ihrer sehr auffälligen Form. Es ist eine Pfarrkirche der römisch-katholischen Gemeinde Niederzwehrens.
Wir folgen der Brüder-Grimm-Straße, wir kreuzen die Korbacher Straße, bis wir im alten Ortskern Niederzwehrens sind. Auffällig ist die Struktur der Siedlung, folgt man noch ein Stück der Leu-schnerstraße findet man Zeilenbauten mit vielen Wohnungen, biet man in die Seitenstraßen ein wie wir, befinden wir uns in einer Einfamilienhaussiedlung wieder.
4. Dorfkern
Der Stadtteil hat seinen Ursprung des kleinen Dorfes Niederzwehren, das man heute noch ein wenig rund um die Matthäuskirche sehen kann. Es war der Sitz eines Burgherren. Der Wehrturm der Kirche ist aus der zweiten Hälfte des 15. Jahrhunderts, in der das Dorf in Kriegszeiten von Truppen besetzt wurde. Hier im sogenannten Märchenviertel findet man heute noch viele erhal-tene Fachwerkhäuser.
Dieser Teil Niederzwehrens ist stark geprägt durch die Geschichtenerzählerin Dorothea Vieh-mann, die 1787 bis 1815 hier lebte. Ihre Bekanntheit erlangte sie durch die Brüder Grimm, die sie hier in Kassel kennenlernte. Viele der Grimmschen Märchen basieren auf den Erzählungen und Geschichten Viehmanns. Zahlreiche Straßen tragen hier deshalb thematisch passende Namen, wie zum Beispiel der Märchen- oder Sterntalerweg. Ihr eigenes Haus ist in der Brü-
der-Grimm-Straße 46 zu finden, ein altes Fachwerkhaus, das sie 1798 bis 1815 bewohnte. Zuvor lebte sie ab 1787 elf Jahre im Märchenweg 11.
Die zuvor bäuerliche Struktur veränderte sich zu Beginn des 20. Jahrhunderts durch die ent-stehenden Industrieunternehmen wie zum Beispiel die Waggonfabrik Credé, die wir uns gleich noch ansehen werden. Dieser Strukturwandel zog sich die folgenden Jahre fort und immer mehr landwirtschaftliche Betriebe gaben ihre Arbeit auf. Teil dieser Veränderung war das Entste-hen des VW Werkes sowie der Stadt Baunatal. Seit 1913 fuhr die Straßenbahn vom Park Schön-feld bis zur Dennhäuser Straße, ein paar Jahrzehnte später sogar bis Altenbauna. Die Einwohner-zahl stieg rasant in diesen Jahren: 1901 waren es 2500 Einwohner, 1926 schon 7000. 1936 wurde die Gemeinde mit 7300 Einwohnern in Kassel eingemeindet. In Zusammenhang mit der Dönche, die in den 1930er Jahren zum Truppenübungsplatz wurde, verloren die Bauern ihre landwirt-schaftlichen Flächen, einige Höfe standen nun leer. Dies hatte eine Stadtsanierung zufolge, bei der viele alte Gebäude abgerissen und durch neue ersetzt wurden. Dabei verloren 300 Bewohner ihr Zuhause.
Wir kommen über die Korbacher Straße wieder auf die Frankfurterstraße. Weiter links, Richtung Innenstadt erinnert die Tram Haltestelle Bahnhof Niederzwehren an den alten Bahnhof „Niederzwehren“ nord-westlich dieses Punktes, der von 1880 bis 1985 bestand. Die Gleise kreuzen hier auf einer Brücke die Frankfurter Straße.
Ein Stück Richtung Norden kommen wir auf die Credé Straße. Warum diese so heißt erfahren wir gleich.
5. DEZ
An der Stelle des großen Einkaufszentrums DEZ stand vor ein paar Jahrzehnten noch das Cre-dé-Werk, eine Waggonfabrik der Brüder Conrad und Adam Credé, gegründet 1897. Die Fertigung wurde 1967 eingestellt und Teile der Fabrik wurden abgerissen. Die Firma produzierte unter Anderem Güter- und Postwaggons für die Preußische Staatsbahn und hatte ungefähr 1500 An-gestellte. Die heute noch genutzten Gleise, die am DEZ entlanglaufen verweisen ebenso auf die nicht mehr bestehende Fabrik.
Folgt man ihnen, erkennt man, dass durch die Gleise zum Beispiel das Kohlekraftwerk mit dem Bahnhof Wilhelmshöhe verbunden sind und die Credé Straße kreuzen.
Wir laufen nun auf der Neuen Straße Richtung Dennhäuserstraße. Wir folgen ihr und gelangen wieder auf die Frankfurter Straße. Diese prägt den Stadtteil durch ihre Funktion, beispielsweise als schnelle Verbindung zwischen der Innenstadt und dem VW Werk. Ungefähr hier befindet sich auch die Abzweigung der Korbacher Straße, nach Westen die Verbindung zur Autobahn 44. Die Frankfurter Straße ist vielbefahren und geprägt von Durchfahrtsverkehr. Weiter auf der Altenbaunaer Straße, führt diese uns zur Grenze des Stadtteils, zum Dorothea Viehmann Park.
6. Dorothea-Viehmann-Park
Im Zuge der Bebauung der Goldbachaue wurde der 7,3 hektar große Park in den Jahren 2006 bis 2007 gestaltet. Im Park finden sich unterschiedliche Bereiche, die jeweils eine andere Gestaltung aufweisen. Der erste Teil beinhaltet vor Allem Spielmöglichkeiten für Kinder, ein weiterer, südlich der Wintertalstraße, wurde naturnäher gestaltet. Hier findet man Obst- sowie Walnussbäume, die zum Pflücken der Früchte einladen. Wir möchten noch einen kurzen Blick in das neu entstande-ne Gewerbegebiet werfen. Dafür folgen wir dem Weg entlang der Gleise, unter der Autobahn. So nah an den Einfamilienhaussiedlungen sieht es hier nun so anders aus. Rechts die Straße hoch „Am Keilsberg“ haben wir eine tolle Sicht über die Stadt. Ein wenig erhöht sehen wir den Berg-park mit dem Herkules. Doch wir sind nun auch schon mitten im Gewerbepark.
7. Gewerbepark Langes Feld
Noch gar nicht so alt ist der Gewerbepark Langes Feld, ein Gebiet mit 76 Hektar Fläche für Unter-nehmen mit einem Anschluss an die anliegende Autobahn 49.
Hier sollte vor Allem um städtische Unternehmen geworben werden, die ein Interesse daran hatten zu expandieren. Teil dieser Stadtentwicklung war es, auf den ursprünglichen Firmen-grundstücken in der Stadt Wohnraum zu schaffen. Dies betraf beispielsweise die Firma Jordan, die ursprünglich in Süsterfeld-Helleböhn ansässig war, auf ebendiesem 25 000 Quadratmeter großen Jordan Areal sollen mehr als 200 Wohnungen in einem eigenen Quartier entstehen. Die Firma Louis Scheuch GmbH verlässt sein Grundstück in der Fiedlerstraße und verkauft es an die Stadt Kassel. An dieser Stelle im Stadtteil Nord-Holland soll im Zuge des Schulbau- und Sanie-rungsprogramms ein neuer „Bildungspark Nord“ entstehen.
Das Lange Feld erhält darüber hinaus eine städtebauliche Gestaltung um ebenso ein Grünflä-chenkonzept zu erstellen. Die Planungen beinhalten beispielsweise ein drittel Fläche, die unter Anderem als öffentliche Grünfläche zur Verfügung stehen soll.
Wenn wir nun nach Osten laufen würden, sehen wir, dass sich der Stadtteil noch bis zur Fulda erstreckt, auch noch das Wasserkraftwerk Neue Mühle ist ein Teil davon.
Es ist gar nicht so weit bis wir wieder auf der Frankfurter Straße sind. Ungefähr zwanzig Minuten sind es, wenn wir über die Dittershäuser Straße wieder auf die Frankfurter Straße gelangen bis zur Tramhaltestelle.