Wasserstoffmetabolismus
Photosynthetische Wasserstoffproduktion in Cyanobakterien
Der zentrale Kohlenhydratstoffwechsel ist in Cyanobakterien eng mit dem Wasserstoffmetabolismus verbunden. Das Cyanobakterium Synechocystis sp. PCC 6803 besitzt eine Hydrogenase, die die denkbar einfachste Reaktion katalysiert. Sie reduziert Protonen (H+) zu Wasserstoff (H2) bzw. oxidiert in umgekehrter Richtung Wasserstoff wieder zu Protonen. Für die Wasserstoffproduktion benötigt das Enzym energiereiche Elektronen. Unter bestimmten Bedingungen kann das Enzym für die H2-Produktion Elektronen aus der Photosynthese nutzen. Der sogenannte PhotoH2 wird von den Zellen jedoch im Anschluss wieder oxidiert und konsumiert.
Wenn Zellen unter anaeroben Bedingungen im Dunkeln gehalten werden, oxidieren sie ihre Kohlenhydrate und produzieren sogenannten fermentativen Wasserstoff. Bringt man diese Zellen ins Licht, dann startet die Lichtreaktion der Photosynthese unmittelbar. Der Calvin-Benson-Bassham (CBB) Zyklus der CO2-Fixierung, der die Elektronen aus der Photosynthese akzeptiert, benötigt jedoch etwas mehr Zeit, um im Licht aktiviert zu werden. In dieser Situation kommt es in den Zellen zu einem Elektronenstau in der Photosynthese. Die Hydrogenase löst diesen Stau auf, indem sie die Elektronen aus der Photosynthese auf Protonen überträgt und PhotoH2 produziert. Sobald der CBB-Zyklus aktiviert ist, fließen die Elektronen in die CO2-Fixierung. Wenn die Photosynthese auf vollen Touren läuft, entsteht an Photosystem II so viel O2, dass die Hydrogenase, die ein sauerstoffempfindliches Enzym ist, gehemmt wird. Um photosynthetischen Wasserstoff biotechnologisch nutzen zu können, muss der Sauerstoff also aus den Kulturen entfernt werden. Darüber hinaus konkurriert die Hydrogenase mit dem CBB-Zyklus der CO2-Fixierung und weiteren Prozessen in der Zelle um Elektronen aus der Photosynthese.
Um die photosynthetische Wasserstoffproduktion zu maximieren, haben wir die Hydrogenase genetisch an das Photosystem I der Photosynthese fusioniert (Appel et al., 2020). Die Mutanten erzeugen erfolgreich photosynthetischen Wasserstoff und nehmen ihn im Anschluss wie erhofft nicht wieder auf. Den Sauerstoff entfernen wir momentan enzymatisch. Dabei gelangt jedoch auch Glukose in die Zellen, welche von den Zellen oxidiert wird und ebenfalls über die anoxygene Photosynthese Elektronen an die Hydrogenase liefert. Die Wasserstoffproduktion in unseren Fusionsmutanten basiert daher momentan auf einer Mischung aus oxygener und anoxygener Photosynthese. Langfristig möchten wir, dass der Prozess ausschließlich auf oxygener Photosynthese basiert. Darüber hinaus möchten wir den Elektronentransfer vom Photosystem I zur Hydrogenase optimieren, da die Effizienz des Prozesses davon maßgeblich bestimmt wird.
Die Vision dieses Projektes, die wir mit vielen anderen Wissenschaftlern auf der Welt teilen, ist es, Sonnenenergie über die Photosynthese in Form von Wasserstoff zu speichern. Die Elektronen sollten dabei ausschließlich aus der Wasserspaltung an Photosystem II stammen. Speist man diesen photosynthetischen Wasserstoff in Brennstoffzellen, werden die Elektronen in der Knallgasreaktion zurück auf Sauerstoff übertragen. Die gespeicherte Sonnenenergie wird freigesetzt und als Nebenprodukt entsteht reines Wasser. Der Kreislauf ist geschlossen. Diese Form der Energiekonservierung und -nutzung ist die wohl denkbar nachhaltigste und umweltfreundlichste Form. Noch betreiben wir viel Grundlagenforschung und können nicht sicher sein, ob sich der Prozess bis zur Produktreife entwickeln lässt. Das Potential dieses Prozesses ist jedoch so groß, dass wir es mit vereinten Kräften auf jeden Fall versuchen möchten. Dafür benötigen wir sowohl detaillierte Kenntnisse zum Kohlenhydrat- als auch zum Wasserstoffmetabolismus in Cyanobakterien.
Referenzen
Appel, J., Hueren, V., Boehm, M. and Gutekunst, K. 2020. Cyanobacterial in vivo solar hydrogen production using a photosystem I–hydrogenase (PsaD-HoxYH) fusion complex. Nature Energy.