Historie
CINSaT 2002-2022
Ein 1996 vom Hessischen Ministerium für Wissenschaft und Kunst in Auftrag gegebenes Konzept sah die Einstellung des Studienganges Chemie und den Abbau vieler Chemiestellen an der Universität Kassel vor. Da der Erhalt dieser Grundlagenwissenschaft für die Forschungsentwicklung der Natur- sowie Ingenieurswissenschaften an der Universität Kassel jedoch als immens wichtig erachtet wurde, galt es eine neue Schwerpunktsetzung vorzunehmen, die langfristige Perspektiven bot, die Stärken der Naturwissenschaften aufgriff und Lehre und Forschung unterschiedlicher Fachgebiete miteinander verband. Infolgedessen wurden erste Überlegungen und Kooperationen von Biologie, Chemie und Physik in Hinsicht auf die Gründung eines interdisziplinären Forschungsschwerpunkts „Nanostrukturwissenschaften“ angestellt, der durch externe Gutachten als förderungswürdig erachtet wurde.
Mit der Neuausrichtung der drei vakanten chemischen Fachgebiete Makromolekulare Chemie, Metallorganische Chemie und Chemie mesoskopischer Systeme, die bis 2003 besetzt wurden, wurde 1997 mit der Einstellung des Studienganges Chemie die Entwicklung eines neuen Studienganges Nanostrukturwissenschaften vorangetrieben.
Am 04.07.2000 erfolgte in einer Gründungsversammlung die Konstituierung des Center for Interdisciplinary Nanostructure Science and Technology (CINSaT) als loser Zusammenschluss von Wissenschaftlern, aber erst zwei Jahre später wurde das wissenschaftliche Zentrum CINSaT durch die Universität Kassel gegründet und am 14.11.2002 durch die Hessische Staatsministerin für Wissenschaft und Kunst, Ruth Wagner, und den Universitäts-Präsidenten, Prof. Rolf-Dieter Postlep, feierlich eröffnet. Im Gegensatz zu anderen Nanozentren, die meist federführend von der Physik gegründet wurden, zeichnete sich das CINSaT von Anfang an durch seine Interdisziplinarität aus. Die 8 Gründungsmitglieder - neben dem (damaligen) CINSaT-Sprecher Prof. Frank Träger waren dies die Professoren Baumert, Hillmer, Kassing, Maniak, Nellen, Salbeck und Siemeling - boten mit ihren 6 schon laufenden, interdisziplinären Projekten, die in den drei Projektbereichen „Synthese und Anwendung neuartiger Strukturen“, „Analyse von Nanostrukturen mit optischen Methoden“ und „Entwicklung von Rastersondenmikroskopien“ zusammengefasst wurden, den Kondensationskeim für die Arbeit des CINSaT.
Ihre Motivation war eine enge Kooperation von Wissenschaftlern aus Biologie, Chemie, Elektrotechnik und Physik zur Erstellung neuartiger Nanostrukturen, sowie zur Messung ihrer außergewöhnlichen Eigenschaften und zur Nutzung in Zusammenarbeit mit industriellen Partnern aufzubauen. Die Integration neuer Mitglieder - auch aus anderen Fachgebieten wie der Mathematik oder den Ingenieurswissenschaften - und die Nachwuchsförderung durch Aufnahme von promovierten Wissenschaftlern mit eigenen Forschungsprojekten unterstützten dabei das Ziel der Intensivierung interdisziplinärer Kooperationen. Und der Erfolg spricht für sich: Nach nur einem Jahr war die Mitgliederzahl auf 19 angewachsen und die Projektliste hatte sich um ein Vielfaches verlängert.
Der schon ab 1997 geplante Studiengang „Nanostrukturwissenschaft - Nanostructure and Molecular Sciences“ wurde zum Wintersemester 2003 erstmalig angeboten und bedurfte von Beginn an einer Zulassungsbeschränkung, da mit anfangs 80 Anmeldungen doppelt soviele Studenten Interesse zeigten wie Kapazität vorhanden war. Die Attraktivität zeigt bis heute, während die ersten Absolventen des Studienganges die Universität verlassen, keinen Abriss.
Die enorme Präsenz und Bedeutung der Schlüsseltechnologie „Nanostrukturwissenschaften“ im 21. Jahrhundert spiegelte sich auch in den zahlreichen Besuchen des CINSaT von Personen aus Politik und Wissenschaft wieder. Neben dem damaligen hessischen Ministerpräsidenten Roland Koch besuchten der Kasseler Oberbürgermeister Georg Lewandowski, der hessische Wirtschaftminister a.D. Dieter Posch, der hessische Wissenschaftsminister Udo Corts, sowie diverse Mitglieder von Landtag und Bundestag das wissenschaftliche Zentrum der Universität Kassel. Zusätzlich wurde der Bekanntheitsgrad des CINSaT durch die Präsenz bei etlichen Messen wie der HannoverMesse, der NanoTech (Tokio) oder der NanoSolution (Köln) in der Region Kassel, in Hessen, Deutschland und diversen anderen Ländern wie China, den USA und Japan gestärkt. Für die Öffentlichkeits- und Nachwuchsarbeit wurden in Einkaufzentren, Schulen und öffentlichen Veranstaltungen diverse Ausstellungen und Vorträge durchgeführt und an Tagen der offenen Tür die beteiligten Fachgebiete des CINSaT vorgestellt. Seit 2004 werden zudem jährlich CINSaT-Kolloquien organisiert, die den wissenschaftlichen Austausch der Forscher durch Vorträge von internen und externen Gastrednern sowie fachlichen Diskussionen fördern und sehr hohen Anklang gefunden haben.
Mit der Bewilligung weiterer, finanzieller Unterstützung der Universität Kassel wurde das CINSaT 2006 in das NanoNetzwerk Hessen, ein Kooperationsprojekt der hessischen Universitäten und Fachhochschulen mit Unterstützung des Hessischen Ministeriums für Wissenschaft und Kunst, eingegliedert. Die zentrale Koordination wurde infolgedessen auch von Kassel übernommen. Im selben Jahr wurden die Forschungsschwerpunkte des CINSaT für die folgenden Jahre den sich veränderten Projektthematiken zu den Themen „Molekulare Interaktion und Mechanik“ und „Elektronensysteme und elektromagnetische Felder“ zusammengefasst.
Acht Jahre nach Gründung des wissenschaftlichen Zentrums wurde 2010 vom wissenschaftlichen Beirat eine Evaluation des CINSaT durchgeführt. Die dabei getätigte Empfehlung zur Fortführung der Arbeiten wurde von der Universität Kassel entsprochen und eine Neuausrichtung durchgeführt: Neuer CINSaT-Vorstand waren die Professoren Faust und Witzigmann, zusammen mit ihrem Sprecher Prof. Ehresmann, der die Aufgaben von Prof. Frank Träger übernahm. Neben der sich anschließenden Überarbeitung der CINSaT-Geschäftsordnung mit der eindeutigen Unterscheidung zwischen ordentlichen und assoziierten Mitgliedern – inzwischen besaß das CINSaT 25 Mitglieder – wurde wegen ablaufender Amtszeit und Krankheit ein neuer wissenschaftlicher Beirat unter dem Vorsitzenden Prof. Markus C. Amann eingesetzt und folgende neue Forschungsschwerpunkte mit Schwerpunktssprechern gefunden: „Dreidimensionale Nanostrukturen“, „Biosensorik“, „Photooxidative Nanopartikel“, „Photonik“ und „Nanostrukturwissenschaften in den Naturwissenschaften, Ingenieurswissenschaften und der Kunst“. Das CINSaT-Kolloquium wurde zeitlich auf zwei Tage ausgedehnt, um viel mehr Zeit für Vorstellungen von Projekten, Ideen und Techniken sowie Diskussionen zu haben, die das Kolloquium so erfolgreich machen.
Zum 10jährigen Jubiläum, das am 17.10.2012 im Konzertsaal der Universität Kassel gefeiert wurde, betrug die Mitgliederzahl des CINSaT mit 28 mehr als dreimal so viel wie bei der Gründung. Neben den Grußworten des hessischen Staatssekretärs Ingmar Jung, des Universitätspräsidenten Prof. Rolf-Dieter Postlep, des Vorsitzenden vom wissenschaftlichen Beirat des CINSaT Prof. Markus C. Amann und des Direktors des Nanotechnologiezentrum Shanghai Prof. Li-Yi Shi, trug Dr. Karl-Heinz Haas von der Fraunhofer Allianz Nanotechnologie einen spannenden Grundsatzvortrag über die aktuelle Forschung und die Zukunft der Nanotechnologie vor. Abgerundet wurde die Feierlichkeit mit einem Streichtrio und einem anschließenden, gemütlichen Beisammensein mit Buffet. Zusätzlich zu den Feierlichkeiten „10 Jahre CINSaT“ fand eine spezielle, vom CINSaT organisierte, zweitägige Konferenz mit dem bisher einzigartigen Thema der 3D-Nanostrukturen statt, zu der hochrangige Wissenschaftler aus dem In- und Ausland kamen.
Die zweite Evaluation wurde 2013 vom wissenschaftlichen Beirat unter der Leitung von Prof. Dr. Markus Christian Amann durchgeführt. Der aufstrebende Trend des CINSaT wurde gelobt und die Neuausrichtung der Forschungsschwerpunkte von 2010 als richtig befunden. Einzig der Schwerpunkt „Photooxidative Nanopartikel“ wurde aufgrund vom Ausscheiden teilnehmender Gruppen auf Empfehlung des Beirats aufgegeben und durch den Schwerpunkt „Chirale Strukturen“, der seine Grundlage maßgeblich aus dem vom Land Hessen unterstützten LOEWE-Projekts „Elektronendynamik chiraler Systeme (ELCH)“ zieht, ersetzt.
Durch den Amtsantritt des Sprechers Prof. Ehresmann als Vizepräsident der Universität Kassel mit Beginn des WS 2015/16 erfolgte in der Mitgliederversammlung im Februar 2016 eine Neuwahl des Vorstands und des Sprechers. Neuer CINSaT-Vorstand sind die Professoren Herberg, Fuhrmann-Lieker und Witzigmann mit ihrem neuen Sprecher Prof. Reithmaier, der die Aufgaben von Prof. Ehresmann übernahm. Im Zuge der strukturellen Weiterentwicklung und Professionalisierung des CINSaT wurde die CINSaT Ordnung von 2013 komplett überarbeitet und u.a. mit der Forschungskoordination ein neues Instrument geschaffen, um koordinierte Forschungsprojekte zu initialisieren und stärker zu fördern. Die Neufassung der CINSaT Ordnung wurde im August 2016 vom Präsidium der Universität Kassel beschlossen. Um mehr Präsenz in der Öffentlichkeit zu zeigen, wurde 2016 beschlossen, dass das CINSaT jedes Semester einen Newsletter veröffentlicht, in denen sich die einzelnen Gruppen präsentieren, neue Mitglieder sich vorstellen, aber auch aktuelle Forschungsarbeiten und Veröffentlichungen vorgestellt werden können. Die Newsletter sind in gedruckter oder in digitaler Form verfügbar.
Zum Jahr 2017 wurde das Forschungsfeld des CINSaT um einen weiteren Schwerpunkt bereichert. Durch die Berufung von Prof. Singer an die Universität Kassel und seine zügige Aufnahme als CINSaT Mitglied wurde durch sein Engagement der Schwerpunkt „Quantentechnolgie“ geschaffen. Nachdem 2019 der Schwerpunkt „Biosensorik“ in „Multiscale Bioimaging“ umbenannt wurde und 2021 die Umbenennung und thematische Fokussierung des Schwerpunkts „Nanostrukturwissenschaften in den Naturwissenschaften, Ingenieurswissenschaften und der Kunst“ in „Nanomaterialien“ folgte, hat das CINSaT seine bis heute bestehende Organisationsstruktur erhalten. Sechs Schwerpunkte, welche die breite interdisziplinäre Aufstellung und die Aktualität der Forschungsinteressen unserer Mitglieder mehr als verdeutlicht.