Ziele
Nanostrukturen - eine Übersicht
Nanostrukturen sind aus Atomen oder Molekülen aufgebaute Systeme, die Abmessungen von der Größenordnung eines milliardstel Meters besitzen. Den verschiedensten Nanostrukturen sind aber nicht nur ihre geringen Dimensionen gemeinsam, sondern ihre speziellen physikalischen, chemischen und biologischen Eigenschaften. Mit der gezielten Präparation und Analyse solcher Systeme lassen sich daher völlig neue Materialien mit maßgeschneiderten Charakteristika und Funktionen realisieren. Nanostrukturen sind damit ein für die Grundlagenforschung wie auch für zahlreiche Anwendungen - sei es in der Informationstechnologie, den Materialwissenschaften, der Biosensorik, der Molekularbiologie oder der medizinischen Diagnostik - höchst interessantes, interdisziplinäres und zukunftsweisendes Forschungsgebiet. Ihm widmet sich das wissenschaftliche Zentrum der Universität Kassel, das
Center for Interdisciplinary Nanostructure Science and Technology - CINSaT.
Im Rahmen des Zentrums arbeiten die Institute für Biologie, Chemie, Physik, das Institut für Nanostrukturtechnologie und Analytik (INA), sowie die Fachbereiche Elektrotechnik, Bauingenieurwesen, Maschinenbau und Philosophie in interdisziplinären Forschungsprojekten eng zusammen, um die Grundlagenforschung auf diesem Gebiet voranzubringen, eine wichtige Zukunftstechnologie mitzugestalten und durch effizienten Technologietransfer an der Stärkung Hessens als Hochtechnologie-Standort mitzuwirken.
Motivation und Ziele
Die Nanostrukturwissenschaften sind nicht nur eines der wissenschaftlich aktuellsten und spannendsten Forschungsgebiete, sondern bilden auch die Basis für eine der Schlüsseltechnologien des 21. Jahrhunderts. Weltweite, umfassende Forschungsaktivitäten belegen immense Bedeutung von Forschung und Entwicklung auf diesem Gebiet. Die Zielsetzung des interdisziplinär ausgerichteten Wissenschaftlichen Zentrum Center for Interdisciplinary Nanostructure Science and Technology konzentriert sich auf zwei große Themenkreise:
- In enger Kooperation von Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern der Disziplinen Physik, Chemie, Biologie und Elektrotechnik sollen neuartige Nanostrukturen hergestellt, auf ihre außergewöhnlichen Eigenschaften hin untersucht und - soweit möglich - die Nutzung der Forschungsergebnisse in Zusammenarbeit mit industriellen Partnern gefördert werden. Dabei ist geplant, neue Wege zur Synthese von Nanostrukturen zu gehen, wobei weniger den klassischen lithographischen Verfahren als selbstorganisierenden und lichtinduzierten Prozessen maßgebliche Bedeutung zukommt. Im Mesokosmos der Nanostrukturen sollen biologische Bauprinzipien und Wachstumsprozesse als Vorbild, die Methoden der Supramolekularen Chemie, d. h. selbstorganisierende Aggregation durch molekulare Erkennung, als Instrumentarium dienen. Die Messung molekularer Kräfte in Biomolekülen und die Untersuchung ihrer Dynamik ist ebenfalls ein wichtiges Teilgebiet. Ein wesentlicher Gesichtspunkt wird ferner die Kombination anorganischer und organischer Materialien sein sowie deren Verknüpfung und Strukturierung auf molekularer Ebene bis hin zum Zusammenwirken von klassischer Halbleiterelektronik und lebender Materie.
- Ein bedeutender Aufgabenbereich besteht ferner darin, parallel zur Herstellung von Nanostrukturen Methoden zu deren Charakterisierung mit höchster Zeit- und Ortsauflösung weiterzuentwickeln und nutzbar zu machen. Dabei spielen zum einen bildgebende hochauflösende Rastersondenmikroskopien, zum anderen moderne optische Verfahren bis hin zur Entwicklung einer «Nano-Optik» die entscheidende Rolle. Beispiele sind grenzflächenspezifische optische Frequenzverdopplung, konfokale Mikroskopie, Mehrphotonenmikroskopie, optische Nahfeldmikroskopie sowie zeitaufgelöste Ultrakurzzeitverfahren mit Femtosekundenlaserpulsen. In diesem Zusammenhang sei angemerkt, daß optische Verfahren nach weltweit übereinstimmender Einschätzung eine technologische Schlüsselfunktion im neuen Jahrhundert mit ähnlicher wirtschaftlicher Relevanz wie elektronische Techniken im 20. Jahrhundert erlangen werden.
Das Forschungszentrum hat sich ferner zum Ziel gesetzt, Lehrveranstaltungen mit neuen, zukunftsträchtigen Curricula, insbesondere einen interdisziplinären Diplomstudiengang »Nanostrukturwissenschaft - Nanostructure and Molecular Science« anzubieten. Die inhaltliche Ausrichtung und Konzeption des Center for Interdisciplinary Nanostructure Science and Technology an der Universität Kassel unterscheidet sich wesentlich von anderen Forschungsschwerpunkten zum Themengebiet der Nanostrukturwissenschaften, die nahezu ausschließlich auf die Initiative einzelner Fachbereiche, insbesondere von Physik-Departments, zurückgehen. Im Gegensatz dazu stellt das Kasseler Zentrum bereits bei seiner Gründung den interdisziplinären Charakter des Forschungsgebiets in den Vordergrund.
Autor: Prof. Dr. Frank Träger