Technische Physik: Nano Diamanten
Diamant ist ein Material mit hervorragenden Eigenschaften aufgrund seiner Struktur und Zusammensetzung. Sein kubisch-flächenzentriertes Kristallgitter ist ein perfekter Wirt verschiedener Defektzentren, sogenannter Farbzentren, deren Eigenschaften, insbesondere die Fähigkeit, einzelne Photonen zu emittieren, in der Quanteninformationstechnologie (QIT) dienen können. Als Material mit hohem Brechungsindex kann nur ein kleiner Teil der von diesen Farbzentren im Diamant emittierten Photonen gesammelt werden. Zur Erhöhung der Photonensammeleffizienz sind photonische Strukturen, wie photonische Kristalle, Nanosäulen, Wellenleiter usw., notwendig. Die Gruppe stellt solche Strukturen durch Top-Down- oder Bottom-Up-Techniken her. Diamant-Nanosäulen mit Durchmessern zwischen 1 µm und 50 nm wurden durch Elektronenstrahllithographie (EBL) und anschließendes induktiv gekoppeltes plasmareaktives Ionenätzen (ICP-RIE) mit Sauerstoffplasma hergestellt (Abb. 1 (a)). Stickstoff-Vakanz (NV)-Farbzentren wurden vor der Strukturierung in die monokristallinen Diamantproben eingearbeitet (Abb. 1 (b)). Durch Überwachsen von Diamant-Nanosäulen in Gegenwart von Silizium-Vakanz (SiV)-Zentren der Si-Quelle wurden diese in die Strukturen integriert. Beim Überwachsen von monokristallinen Diamantsäulen mit einem oberen Durchmesser von 30 nm wurden aufgrund der unterschiedlichen Wachstumsraten in verschiedenen kristallographischen Richtungen Arrays von Nanopyramiden erhalten (Abb. 1 (c)). In allen Fällen wurde eine erhöhte Intensität der Lichtemission für die Nanostrukturen beobachtet (Abb. 1 (d)).
Abb. 1. Monokristalline Nanosäulen aus Diamant (a) mit integrierten NV-Zentren (b); monokristalline Diamant-Nanopyramide (c) mit integrierten SiV-Zentren (d)
Darüber hinaus wurden photonische Kristalle in nanokristallinen Diamantmembranen (NCD) aus Filmen hergestellt, die auf Si-Wafern abgeschieden wurden, welche mit einer Opferschicht aus SiO2 beschichtet waren. Das Design beinhaltete Luftlöcher mit einem Durchmesser von 230 nm und einer Periode von 300 nm (Abb. 2 (a)). Die Herstellung der photonischen Kristalle umfasst ihre Definition durch EBL und RIE mit O2-Plasma, gefolgt von nasschemischem Ätzen der SO2-Opferschicht. Die erhaltenen photonischen Strukturen besaßen Löcher mit senkrechten und glatten Wänden (Abb. 2 (b)). Die Herstellung und Untersuchung diverser photonischer Diamantstrukturen wird derzeit vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) finanziell gefördert.
Abb. 2. Photonische Kristallstrukturen auf der Basis einer NCD-Membran: (a) Draufsicht und (b) Querschnitt.
Solid-State-Implementierungen von Qubits werden als vorteilhaft für verschiedene Anwendungen angesehen. Einzelne Qubits können unter Verwendung der NV-Farbzentren in Diamant erzeugt und kontrolliert werden. Dieses außergewöhnlich komfortable Quantensystem, das sogar bei Raumtemperatur arbeitet, kann optisch initialisiert, ausgelesen und mit Mikrowellen manipuliert werden. Lange Spin-Kohärenzzeiten können durch Vertauschen des NV-Qubit-Zustands mit dem eines in der Nähe befindlichen Kernspin-Qubits erreicht werden. Für die Fernverschränkung können die SiV-Zentren als Qubits verwendet werden. Ein von der Volkswagenstiftung gefördertes Projekt zusammen mit den Gruppen von Prof. C. Koch und Prof. K. Singer sowie Partnern aus Mainz und Stuttgart zielt auf die prototypische Realisierung von Diamantstrukturen mit integrierten Farbzentren als Quantengeld- und Nanosensoren. Das Quantengeld wird Arrays von Diamant-Nanosäulen darstellen, die mit einzelnen N-Ionen implantiert werden (Abb. 3 (a) und (b)). Als Nanosensoren werden AFM-Spitzen und Nadeln mit NV-Zentren in der Spitze verwendet (Abb. 3 (c) und (d)). Die Technologieentwicklung für beide Arten von Diamant-Nanostrukturen ist im Gange.
Abb. 3. REM-Aufnahmen von Arrays von Diamant-Nanosäulen (a), (b) und von Diamant-AFM-Spitzen (c), (d).
Der Schwerpunkt der Zusammenarbeit mit mehreren Gruppen des Instituts für Biologie (Prof. M. Stengl, Prof. F. Herberg) lag auf der Präparation und Anwendung von Diamantplattformen zur Anheftung von Neuronen und Immobilisierung von Proteinen. Eine verbesserte Anheftung der Neuronen, insbesondere auf den modifizierten hydrophilen ultrananokristallinen (UNCD) Oberflächen, wurde etabliert. Dies war besonders vorteilhaft für die immunzytochemischen Verfahren mit den Zellkulturen, bei denen die Zellverluste während der Waschschritte im Vergleich zu den Kontrollen um eine Größenordnung signifikant reduziert wurden. Die Strukturierung des Oberflächenabschlusses (hydrophil - hydrophob) führte zu einer bevorzugten Anheftung und zum Wachstum der Zellen auf dem hydrophilen Gitter (Abb. 4 (a)). Darüber hinaus können die verschiedenen Oberflächenterminierungen der UNCD zur Realisierung verschiedener Ansätze zur Immobilisierung von Proteinen genutzt werden (Abb. 4 (b)). Die ersten Ergebnisse werden im Rahmen der Graduiertenschule "Biological Clocks" zur Realisierung von Biosensoren für biochemische Messungen von zeitaufgelösten Zellsignalen umgesetzt.
(a)
(b)
Abb. 4. Gemusterte Termination der UNCD-Oberfläche (in diesem Fall mit O- und F-Terminierung), die zur gerichteten Anheftung und zum Wachstum von Neuronen führt (a); für die Immobilisierung von Proteinen kamen je nach Oberflächenmodifikation unterschiedliche Ansätze (kovalent und nicht-kovalent) zur Anwendung.
apl. Prof. Dr. Cyril Popov
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