Felsberg

Felsberg

Die den Ort weithin überragende Burg Felsberg war ursprünglich der Stammsitz der Grafen von  Felsberg.  Seit der zweiten Hälfte des 13. Jahrhunderts waren Ort und Burg im Besitz der Landgrafen von Hessen. Landgraf Philipp richtete 1544 in der Kapelle auf der Burg ein Pulver­magazin ein, das bis Ende des 18. Jahrhunderts bestand. Die übrigen Gebäude wurden wahrscheinlich schon seit dem Dreißigjährigen Krieg nicht mehr genutzt.[153]

Die Siedlung unterhalb des Burgbergs entwickelte sich zu Beginn des 13. Jahrhunderts, 1286 wurde sie erstmalig als Stadt bezeichnet.[154] Zwischen dem Obertor und dem Untertor erstreckte sich die Bebauung entlang mehrerer Längsachsen in Terrassen am Hang. Neben dem landgräflichen Renthof am Obertor, zu dem auch der außerhalb des Tores gelegene Schafhof gehörte, lag die Kommende des Deutschen Ordens in Marburg, der bis zur Reformation das Patronatsrecht über die Stadtkirche innehatte. Von hier aus verwaltete ein Komtur den Grundbesitz der Umgebung.[155]

Landgraf Moritz hielt in Felsberg im November und Dezember 1626 seinen letzten Landtag ab. Die vermutlich alle im Zusammenhang mit Besuchen im Sommer 1627 entstandenen Zeichnungen des Landgrafen zeigen neben einem Plan der Burganlage Ansichten und Entwürfe zum landgräflichen Renthof und zum zugehörigen Schafhof.

Im Dreißigjährigen Krieg wurde die an der Straße von Kassel nach Frankfurt gelegene Stadt durch Brand in weiten Teilen zerstört.[156]

 

2° Ms. Hass. 107 [164] recto, rechts

Burg und Stadt von Süden

Die schon zu einem frühen Zeitpunkt, eventuell vom Landgrafen Moritz selbst, mit einer Darstellung vom Hof Rückerode zusammengeklebte Zeichnung präsentiert eine skizzenhafte  Stadtansicht mit der auf dem Berg  gelegenen Höhenburg und ihrem charakteristischen, hohen „Butterfaß“-Turm. Die Stadt ist in Vogelschau gezeigt, deutlich erkennbar sind der Kirchturm sowie der Gebäudekomplex von Renthof/ Deutschordenshof links daneben, wobei es sich bei dem massiven Steingebäude im Hintergrund vermutlich um eine Ergänzung des Landgrafen handelt.

 

2° Ms. Hass. 107 [163] recto, rechts

Burg, Grundriss, 1627

Der Grundriss der Burg „Schloß platz des hauses / Felsberg abgerissen / den 11. Aug: 1627. M.H.L“, überliefert die langgestreckte Anlage rund um den „grossen thurm“, den aus dem 14. Jahrhundert stammenden, noch heute vorhandenen Bergfried. An der Nordseite erstreckt sich nach Osten hin der spätgotische Zwinger.

Vom „Vorzwinger“ im Westen aus führt eine vielstufige Treppe in die innere Burg. Vor der Nordmauer liegt der „alte pulver schopfen“, vermutlich in Fachwerk angelegt, und im Südosten hinter dem Turm ein Bau mit L-förmigem Grundriss anstelle der heutigen Gebäude (Pulverhaus und Burgkeller). Die nach Westen und Nordosten auslaufenden Mauern sind Teil der Stadtbefestigung und  zum Teil noch heute erhalten.

 

2° Ms. Hass. 107 [162] verso, rechts

Renthof, Lageplan und Grundriss, 1627

Der Lageplan, vom Landgrafen signiert und datiert "Forderhof des Rendt / hofes zu felsberg / 1627. den 22 Julij. M.H.L.",  gibt im Grundriss den gesamten Baukomplex des Renthofes mit anschließendem Deutschordenshof an der Stadtmauer neben dem „Casselthor“ (Obertor) wieder. Der "Forderhof“ wird gerahmt von den alten Wirtschaftsgebäuden an der linken Seite, ergänzt vom "Neue baw so anzuleg[en]" neben dem Küchenbau am Hinterhof und einem weiteren Neubau neben dem Portal, angrenzend an den "Landtcomptour / hof."

 

2° Ms. Hass. 107 [162] recto, oben links

Renthof von Osten, 1627

Die Ansicht des "Rendhof zu Felsberg wie er / auß des Landt komm thur hause anzuseh[en]“ zeigt die Situation des auf der Rückseite des Blattes im Grundriss wiedergegebenen Hofes, datiert „1627. den 6 Aug: M.H.L. zu Breidenawe". Diese Zeichnung ist also nicht vor Ort entstanden und datiert wenige Tage nach der anderen Darstellung. Im Unterschied zum Grundriss wird hier auch der Bau neben dem „fruchthauß“ als "Neuer hernbaw" bezeichnet, an den ein später eingefügter Treppenturm anschließt. Das bedeutet, dass möglicherweise in diesem Bereich des Hofes Umbauarbeiten geplant waren.

Die Bebauung rund um das Stadttor entspricht dem auf dem rückseitigen Plan angegebenen Bestand.

 

2° Ms. Hass. 107 [163] verso, oben rechts

Renthof und Deutschordenshof

Die auf der Rückseite des auf den 11.08.1627 datierten Burggrundrisses angelegte detailreiche Darstellung präsentiert Renthof und Deutschordenshof von der „haubtgasse“ her. Die Anlage der generell mit Fachwerkobergeschossen versehenen Gebäude entspricht dem Grundriss 2° Ms. Hass. 107 [162] verso. Hinter dem in ähnlicher Form auch in 2° Ms. Hass. 107 [162] recto, oben links geschilderten Küchengebäude neben dem Tor erstreckt sich der Hof mit einer Galerie an der Seite zur Kommende hin. Das Gebäude im Hintergrund, im Grundriss als "Neuer Bau“ bezeichnet, wird auch hier wie in der Darstellung vom 6.08. (2° Ms. Hass. 107 [162] recto, oben links) von einem angedeuteten Treppenturm ergänzt, der so nicht im Grundriss vorkommt – ein Hinweis auf den Entwurfscharakter der Zeichnungen an dieser Stelle.

 

2° Ms. Hass. 107 [161] recto, unten

Renthof, Entwurf für einen Neubau

Die sehr akkurat, mit Hilfe eines Lineals angelegte Zeichnung schildert den Renthof neben dem Stadttor in der Vogelperspektive als geschlossenen, regelmäßig gegliederten Hof mit zwei stattlichen Steingebäuden an drei Seiten und einem Säulenportal im zweigeschossigen Torbau. Die Stirnseiten der beiden dreigeschossigen Hofgebäude verfügen über doppelbahnige Fenster in den durch Gesimse untergliederten Geschossen und große durchfensterte Giebel (Fruchtboden). Das direkt anschließende Deutschordenshaus ist der Übersichtlichkeit halber im Grundriss gegeben.

Die sehr sorgfältige Darstellung, die durch präzise Angaben der räumlichen Verhältnisse und Schattenschraffuren eine gewisse Dreidimensionalität anstrebt, gibt dieser Zeichnung einen beispielhaften Charakter, die sie deutlich von den anderen Zeichnungen des Renthofes abhebt.

 

2° Ms. Hass. 107 [162] recto, unten links

Schafhof am Obertor

Der vor dem Obertor gelegene landgräfliche Schafhof bestand aus einer dreiseitig bebauten quadratischen Hofanlage und dem angrenzenden Schafgarten an der „Strasse von Cassel an Felsberg“. Die vermutlich in engem zeitlichen Zusammenhang mit der auf der oberen Blatthälfte angelegten, auf den 6.08.1627datierten Zeichnung entstandene Vogelschauansicht des Landgrafen gibt die Bebauungssituation vor dem Obertor bis zu diesem Wirtschaftshof wieder, wobei die Notiz an den Gebäuden direkt am Tor: "Alßo solten die heuser gestelt / werden" darauf schließen lässt, dass die damals vorhandene Häuserzeile tatsächlich anders aussah. Wie so oft, konnte der Landgraf anscheinend auch hier nicht umhin, ihn störende Unregelmäßigkeiten umgehend in seinen Handzeichnungen zu korrigieren.

 

2° Ms. Hass. 107 [163] verso, unten rechts

Schafhof am Obertor

Die zweite Ansicht des Schafhofes auf der Rückseite des Burgrundrisses vom 11.08.1627 gibt den einfachen Fachwerkhof in ähnlicher Form wie 2° Ms. Hass. 107 [162] recto, unten links, versehen mit Maßangaben.

 

2° Ms. Hass. 107 [161] verso, rechts

Vorstadt am Untertor

Die Bebauungssituation vor dem Untertor in Felsberg zwischen "Weg nach Niedenstein" und dem "under Weg nach Fritzlar" wird in dieser Zeichnung in Vogelperspektive geschildert. Im Zentrum steht der „schwemm deich“, der direkt an der Stadtmauer liegt. Daneben erstreckt sich rechts die Stadtmauer in die Tiefe, während links der "Spitahlsgart[en]" liegt.

 


[153] vgl. Langenbrinck 2008

[154] vgl. Hess 1966, S. 158f.

[155] Schaal 1996, S. 286-291

[156] vgl. Grotefend 1891, Brauns 1986