Bad Boll

Bad Boll

2° Ms. Hass. 107 [12]

Badeanlagen und Lustgarten, 1629

1596 untersuchte Dr. Johann Bauhin im Auftrage von Herzog Friedrich I. von Württemberg den „Wunderbrunnen“ in Boll, eine Schwefelthermalquelle in fossilienreichem Gestein, die noch im gleichen Jahr gefasst und durch das von Heinrich Schickhardt errichtete Badehaus für den Kurbetrieb nutzbar gemacht wurde.[399] Bereits 1598 erschien erstmals das mehrfach aufgelegte „New Badbuch“ des herzoglichen Leibarztes, das die Quelle, die Badeanlagen sowie die vermuteten Heilwirkungen ausführlich schilderte und damit die Grundlage für eine jahrhundertelang andauernde Kurtätigkeit legte. 1823 bis 1827 wurde das Bad durch König Wilhelm I. von Württemberg grundlegend umgebaut und modernisiert, das Kurhaus wird noch heute genutzt.

Auf den 24. Juni 1629 datierte Landgraf Moritz seine Vogelschauansicht der Badeanlagen mit dem Lustgarten. Die Anordnung der Gebäude und des Gartens entspricht weitgehend der anschaulichen Ansicht in Dr. Hieronymus Walchs "Ausführliche Beschreibung des Boller Bads", Heilbronn 1644 und 1655.[400] Das eigentliche Badehaus mit dem „Herrn Bad“ und den Räumen des Herzogs und die direkt anschließende Herberge bestanden aus einem steinernen Erdgeschoß und zwei Fachwerkgeschossen unter einem hohen Satteldach. Auf der anderen Seite des abgeschlossenen des Hofes sind diverse Nebengebäude gruppiert. Erwähnt sind namentlich ein „Viehauß“, ein „Marstal“, das „Bade Meister Hauß“ sowie die „Herrn Küche“. In ähnlicher Form erscheinen diese Gebäude auch in dem Kupferstich, allerdings in deutlich reduzierten Proportionen. In der Zeichnung des hessischen Fürsten erhält vor allem das Badehaus eine unverhältnismäßige Größe und Ausdehnung, die das Gebäude scheinbar an die Herberge anstoßen lässt. Es fehlt zudem der 1598 an der Stirnseite des Badehauses aufgesetzte Glockenturm, während der durch Schickhardts Entwürfe überlieferte  Röhrenbrunnen[401] im Hof sehr deutlich dargestellt ist. Das „Armen Bad“ und das „Brunn hauß“ mit den zwei charakteristischen Türmen, die außerhalb des Hofes lagen, entsprechen ungefähr der Darstellung des Stiches, wenn auch der tatsächliche Standort des Armenbades nicht eindeutig geklärt ist.

Die Anlage des symmetrisch gegliederten und mit der Mittelachse auf das Tor hin ausgerichteten Lustgartens wurde vermutlich von Bauhin und Schickhardt gemeinsam entworfen. Landgraf Moritz unterteilt den Garten in acht rechteckige, eingezäunte Parzellen, die mit lateinischen Pflanzennamen betitelt sind und ein Nebeneinander von Küchen- und Kräutergarten dokumentieren. So sind neben „Bulbi“ (Zwiebeln) und „Radices“ (Wurzeln) sowie „Olera“ (Kohl) und „Legumina“ (Hülsenfrüchten) auch „Medicinales plantae“ und „Acetabula“ (Koriander) vorgesehen. Unklar ist, ob es sich hierbei um die vorgefundene Bepflanzung oder um Vorschläge des hessischen Fürsten handelt. Die eingezeichneten Maßangaben, die allerdings von den überlieferten Maßen differieren, suggerieren jedenfalls ebenso wie die Datierung eine Bestandsaufnahme vor Ort. Das im Stuttgarter Raum beheimatete Wasserzeichen stützt zudem die Annahme eines längeren Aufenthalts von Landgraf Moritz in dieser Gegend im Juni/Juli 1629, die auch durch in den Archivakten erhaltene Briefe bestätigt wird.[402]

 


[399] vgl. Bad Boll 1995

[400] Bad Boll 1995, Abb. 29

[401] Bad Boll 1995, S. 60 f.

[402] Philippsburg 5.6., Göppingen 27.6., in: HStAM Best. 4a  Nr. 38 /19