Heidelberg

Heidelberg

Die beiden Heidelberg zugeordneten Graphitstudien stammen mit großer Wahrscheinlichkeit  nicht von der Hand des Landgrafen Moritz. Wie ein Vergleich der Handschrift nahelegt, handelt es sich vermutlich aber um denselben, bisher unbekannten  Zeichner, der auch die Ansicht des Butzbacher Landgrafenschlosses (2° Ms. Hass. 107 [87]) und möglicherweise noch weitere der wenigen Graphitzeichnungen im Bestand angefertigt hat.

Die ausführlich beschrifteten Zeichnungen, die Vogelschauansicht und Plan verknüpfen, zeigen Details des Befestigungswerks der Stadt („Trutzkaiser“, „Trutzbayer“, Hornwerk am Schlossgarten) und sind zwischen 1622 und 1632 zu datieren.

 

2° Ms. Hass. 107 [195]

Unbekannter Zeichner, Ruine von "Trutzkaiser" und "Trutzbayer" auf dem Gaisberg

Die Recto-Zeichnung zeigt im Vordergrund die südwestliche Ecke der Stadtbefestigung mitsamt den Plänen der Bollwerke von „Trutzbaijer“ und „Trutzkaijser“,  hier gezeichnet und beschriftet als „ruine“. Der sog. Trutzkaiser war 1462 von Kaiser Friedrich II. am Hang des Gaisbergs errichtet worden, 1621/22  kam der sog. Trutzbayer  hinzu.[432] Beide waren mit einer Brustwehr untereinander verbunden und durch einen Laufgang fest an die Stadtbefestigung angeschlossen. Im September 1622 wurden beide von Tillys Truppen erobert und zerstört. Die westlich davor gelegene Schanze, genannt „Tabakspfeif“ (hier bezeichnet als „Redoutte“), sowie das  „Hornwerk“ dienten dazu, das Neckartal abzuriegeln und den Zugang zu kontrollieren,[433] sie sind allerdings in dieser Zeichnung sehr dicht am Trutzkaiser positioniert und entsprechen damit nicht dem damaligen Zustand.

Die am linken Bildrand eingezeichnete doppelte Schanze gehört ebenfalls nicht an diese Stelle, vielmehr handelt es sich vermutlich um ein Teil der auf der Rückseite und in dem zweiten Blatt dargestellten dreifachen Schanze vor dem Schlossgarten im Osten der Stadt.

Die beiden kleinen Detailskizzen auf der Rückseite zeigen zum einen das „Hornwerg hinderm hohen garten“, die auch in 2° Ms. Hass. 107 [196] dargestellte Befestigung vor dem Schlossgarten, und das „Hornwerg vor der brücken“, d.h. das Außenwerk an der Brücke auf dem nördlichen Ufer des Flusses.

 

2° Ms. Hass. 107 [196]

Unbekannter Zeichner, Hornwerk am Schlossgarten

In der zweiten Graphitskizze ist wiederum ein Teil der Befestigung der Stadt Heidelberg dargestellt, in diesem Fall die südöstliche Ecke, wo der ungeschützte Schlossgarten lag.[434] Aus diesem Grunde  legte man hier ein dreifach gesichertes, vorgeschobenes Außenwerk an, das  „Hornwerg am Schloß“. Der Zeichner gibt zwei der inneren Befestigungen an, dazu den  Laufgang, der  zu einer weiteren viereckigen Schanze im Fasanenwäldchen führte, gekennzeichnet als „redoute“ zur Sicherung des Vorfeldes. Der „Lustgarte“ hinter dem Burggraben neben dem Turm (sog. „Seltenleer) und die weitere Umgebung sind nur angedeutet.

 


[432] vgl. Derwein 1940

[433] vgl. Merz 1956

[434] Merz 1956, S. 155