Treffurt

Treffurt

Aufgrund seiner Lage am einzigen Werra-Übergang zwischen Creuzburg und Wanfried und an der  Kreuzung  zweier wichtiger Handelsstraßen erlangte Treffurt bereits im Mittelalter Bedeutung. Nach dem Bau der Burg Normannstein im 11. Jahrhundert entwickelte sich der Ort schnell zu einem wichtigen Handelsplatz. Nach einer Fehde der Tref­fur­ter Rit­ter zu Beginn des 14. Jahrhunderts beschlossen die drei an­gren­zen­den Für­sten­tü­mer 1336 ei­ne Be­frie­dung durch Auf­tei­lung. Fort­an wur­de die Stadt zu je ei­nem Drit­tel von Kur­sach­sen, Hessen-Kassel und vom Kur­für­sten­tum Mainz ver­wal­tet (Ganerbschaft). Das hat­te zur Fol­ge, dass die  Stadt fortan drei  Für­sten­äm­ter und drei Bür­ger­mei­ster hat­te. Die fürst­li­chen Amts­leu­te re­si­dier­ten an­fangs in den Tür­men des Nor­mann­steins und  zo­gen im 16. Jahrhundert in die Stadt, wo neue Amtshöfe errichtet wurden: der Säch­si­sche Hof, der Hes­si­sche Hof und der Main­zer Hof, alle drei am Fuß des Burg­ber­ges gelegen. Der hessische Amtssitz gehörte seit 1627 zur „Rotenburger Quart“, dem Erbteil der Söhne aus der zweiten Ehe des Landgrafen Moritz mit Juliane von Nassau.

Die Zeichnungen des Landgrafen zeigen den Hessischen Hof, der um 1600 errichtet worden sein soll,[459] und heute noch in Teilen in der Torstraße erhalten ist, wobei eine  der Darstellungen den alten Bestand um den Entwurf für einen neuen Bau im Garten zwischen Mühle und Amtshof ergänzt.

Beide Blätter sind 1630 datiert. Der Aufenthalt des Fürsten in Treffurt zu diesem Zeit­punkt wird belegt durch einen Brief mit Instruktionen an den Quartier­meister vom 20./30. April 1630.[460] Landgraf Moritz wollte anschließend nach Eschwege reisen.[461]

2° Ms. Hass. 107 [316]

Hessischer Hof und Umgebung, 1630

Die querformatige Darstellung, erläutert als "der hessisch / hof zu Tref / furdt / 1630",  zeigt das Areal des Hofes nebst den angrenzenden Straßen und Höfen. Links erstreckt sich die Stadtmauer, an die auch der „Sächsische Hof“ im Hintergrund angrenzt. Im Vordergrund zieht sich neben dem "Ambts gericht hauß" der "Weg vom Ambtgerichthause nach dem Spring bronnen". Das dahinter liegende Hofgelände erstreckt sich von der „hessischen Mühle“ auf der Linken über mehrere Gärten bis zum geschlossenen Amtshof mit seinen Fachwerkbauten auf der rechten Blattseite. Detailliert ist der Verlauf der Mauern mit ihren Vor- und Rücksprüngen wiedergegeben.

Vermutlich handelt es sich hier, im Gegensatz zu der zweiten Zeichnung 2° Ms. Hass. 107 [107] recto oben, um eine reine Bestandsaufnahme, wobei Landgraf Moritz in der für ihn charakteristischen Weise Vogelperspektive, Grundriss und Lageplan miteinander kombiniert. Eine Zeichnung von 1626[462] zeigt jedenfalls einen weitgehend übereinstimmenden Baubestand, der einzig in der Mitte,  an der Stelle des „neuen garten“ noch ein kleines Fachwerkgebäude aufweist.

Die mittige Klebung des Blattes dokumentiert, wie auch in anderen ähnlichen Fällen, eine Erweiterung der ursprünglichen Zeichnung im Fortgang des Zeichenprozesses.

2° Ms. Hass. 107 [107] recto, oben

Hessischer Hof, 1630

Ähnlich wie 2° Ms. Hass. 107 [316] präsentiert diese Zeichnungdas Gelände des Hessischen Hofs hinter dem „Gerichtshauß“, das auch hier der Übersichtlichkeit halber auf einen Horizontalschnitt reduziert ist. Neu ist der„neue baw“ in der Bildmitte vor dem „Bleichgarten“, begleitet von der Beschriftung „Inventiert durch M. H. L. / den 21 Aprilis 1630“. Es handelt es sich hier um einen Entwurf von Moritz für einen repräsentativen zweigeschossigen Steinbau mit geschweiften Stirngiebeln.


[459] vgl. Gertler 1984

[460] in: HStAM Best. 4a 38­/20

[461] Löwenstein 1989, S. 105

[462] Gertler 1984, Abb. S. 173 (Nachzeichnung), leider heute nicht mehr auffindbar