Lich, Schloss der Grafen von Solms-Lich
Lich, Schloss der Grafen von Solms-Lich
Das Schloss der Grafen von Solms-Hohensolms-Lich, die mit den Landgrafen von Hessen-Kassel verwandtschaftlich verbunden waren (u.a. über Moritz erste Frau Agnes von Solms), bestand zu Landgraf Moritz Zeiten noch aus der von den Falkensteinern im 13. Jahrhundert errichteten quadratischen Wasserburg mit Ecktürmen. „Der mittelalterliche Bau bildete ein Viereck, das sich um einen Binnenhof legte. Er war mit Erkern und Giebelaufbauten reichlich versehen, wie die alten Stadtbilder von Döring, Meißner und Merian erkennen lassen. An den vier Ecken standen Rundtürme mit spitzen Kegeldächern“.[302] Anfang des 16. Jahrhundert ließ Festungsbaumeister Reinhard von Solms in Lich eine neue Stadtbefestigung anlegen. Möglicherweise in diesem Zusammenhang entstand auch die weitere Befestigung der alten Burg mit einer in den Wassergraben vorgeschobenen Plattform mit auffälligen rechteckigen Ausbauten in den Mitten und an zwei Ecken sowie zwei Rundtürmen im Nordwesten und Südosten. Der Nordwestturm des Schlosses musste 1617 abgerissen werden und wurde nicht wieder aufgebaut. 1673-82 wurde diese Anlage zu einem repräsentativen Schloss umgebaut, wobei die alten Ecktürme im Kern aber erhalten blieben. Nachdem 1764-66 der südliche Flügel gänzlich niedergelegt worden war, wurde 1836 durch Georg Moller ein Querflügel im Ehrenhof errichtet, und schließlich 1911/12 an der Nordostecke ein zweigeschossiger Bau angefügt.[303]
Während der diesbezügliche Lageplan eines Vermessers aufgrund der Darstellung des nordwestlichen Schlossturms vor 1617 zu datieren ist, muss die vermutlich aus der Erinnerung entstandene Ansicht des Landgrafen Moritz aufgrund der rückseitig überlieferten Adresse, die auf die Zweitverwendung eines Schriftstücks schließen lässt, nach 1610 entstanden sein.
Unbekannter Zeichner, Grundriss
Die „Ichnographia oder grundt, / riß des Schloßes zue / Licha" verzeichnet in einer sorgfältig in Feder über Graphit angelegten Zeichnung das Areal des von einem Graben umgebenen Schlosses. Die sehr regelmäßige quadratische Anlage des Schlossbaues um den „Inwendige Schloßplatz“ („A“) wird geprägt von den vier „rundeel od[er] ercker“ („D“) an den Ecken, wovon einer eine Wendeltreppe enthält. Weitere „Schnecken“(“C“) befinden sich in zwei der inneren Hofecken. Die Grundform des Schlosses wird in der Einfassungsmauer wiederholt, wobei hier Rondelle mit eckigen Vorbauten abwechseln. Der Marstall liegt auf dem Schlossplatz außerhalb des „Schloßgrab[en]“ („K“.)
Das Aussehen der Anlage entspricht genau dem bei Walbe[304] rekonstruierten Zustand mitsamt dem nordwestlichen Schlossturm, der 1617 abgerissen wurde. Deutlich sichtbar ist die Verbindung des Nordostturms, der eine Wendeltreppe beherbergte, mit dem äußeren Turmbau („G thor zwischen dem haus und großen thurm“), durch eine Bogenbrücke im Obergeschoß.[305] Weitere Treppentürme befanden sich an der Innenseite des Südflügels. Die Schlosskapelle („F“) ist am Ostflügel neben dem Eckturm eingezeichnet.
Die sorgfältige Darstellung über einer Graphitvorzeichnung und die Legende sprechen für die Urheberschaft eines professionellen Vermessers oder Bauverwalters, der den Plan vermutlich zwischen 1600 und 1617 angelegt hat.
Ansicht
Die Vogelschauansicht des Landgrafen Moritz zeigt die alte Burganlage vermutlich von Osten, wobei allerdings der "Vorhoff." auf der rechten Seite, der sich eigentlich auf der Westseite befindet, falsch positioniert ist.[306]
Im Vordergrund befindet sich links das untere Stadtor mit der "lange gasse von dem undern thor an das Westtor". Direkt neben dem Tor führt ein Portal zu dem "Lange baw" entlang der Stadtmauer, der auch im Plan 2° Ms. Hass. 107 [220] eingezeichnet ist. Die von Wassergräben umfangene Plattform mit dem Schlossbau weist in diesem Fall kleine Nutzbauten in den rechteckigen Ausbuchtungen auf. Der Vorhof mit der Kanzlei und dem Marstall ist über eine Brücke mit dem Schloss verbunden, befand sich aber nachweislich nicht auf dieser Seite der Anlage. Diese deutliche Abweichung von der Realität lässt sich nur damit erklären, dass der Landgraf diese Zeichnung, wie in anderen Fällen auch, aus der Erinnerung angefertigt hat.
Rückseitig enthält das Blatt eine Adresse: "Der hochgeborenen fürstin unserer freundtliche liebe Basen, / dochter undt gevatterin, frawe Anna Geborene landgrävin / zu Hessen dermahlen graven zu Solms wittibe", gemeint ist die Schwägerin des hessischen Fürsten Landgräfin Anna von Hessen-Darmstadt, die Witwe des 1610 verstorbenen Albrecht Otto von Solms. Aus der Sekundärverwendung dieses Schriftstücks lässt sich eine Datierung zwischen 1610 und 1630 schlussfolgern, auch wenn Vorder- und Rückseite nicht zwingend in ursächlichem Zusammenhang stehen müssen.