Mittelhof b. Felsberg

Mittelhof b. Felsberg

Zur ehem. Kartause Eppenberg gehörten am Ende des 16. Jhdts. drei Meyerhöfe: der Oberhof, d.h. die ehemalige Klosteranlage, der Mittelhof sowie der Unterhof, d.h. der alte Hof Wimmenhausen bei Altenbrunslar.[348] Landgraf Moritz ließ den Unterhof abreißen.[349] Der nördlich des ehem. Klosters gelegene Mittelhof wurde aber weiterhin genutzt.

In den fünfziger Jahren des 17. Jhdt. wurde der Mittelhof  mit der Errichtung des Herrenhausesin einen fürstlichen Sommersitz verwandelt. [350] Später diente er aber vor allem zu wirtschaftlichen Zwecken und wird noch heute als hessische Staatsdomäne bewirtschaftet.

Die vermutlich um 1627 entstandenen eigenhändigen Zeichnungen des Landgrafen zeigen den damaligen Bestand vor dem Bau des Herrenhauses.

 

2° Ms. Hass. 107 [271]

Landgräflicher Gutshof

Die Vogelschauansicht des Hofes und der angrenzenden Grundstücke zeigt eine nahezu quadratische Anlage, die innerhalb einer schlichten Einfassungsmauer zwei  versetzt gegenüberliegende, langgestreckte Gebäude und einen kleinen, erhöht gelegenen Garten umfasst. Angefügt an die mit Maßangaben versehene Zeichnung ist die ausführliche "Ausrechnung der Mauren so zu Mittelhof bey der Carthauß, erbaut werden soll, wie viel sie helt / undt was dieselbe zu erbauen kosten will“. Das Interesse des Landgrafen Moritz lag also auch hier wie bei anderen Besitzungen (vgl. Rohna) in der Sicherung der Gebäude durch eine solide Einfriedung.

 

2° Ms. Hass. 107 [240] recto, unten rechts

Landgräflicher Gutshof, Ansicht von Südwesten

Ähnlich wie in 2° Ms. Hass. 107 [271] thematisiert der Fürst in dieser kleinen Zeichnung, die schon zu einem frühen Zeitpunkt mit anderen Zeichnungen des Landgrafen zusammengefügt wurde, die Anlage des Mittelhofes mit seiner Umfassungsmauer und den Zugangswegen aus einem etwas veränderten Blickwinkel. Die Mauer rückt hier auf der rechten Seite direkt an das Gebäude, wodurch sich die Länge des unteren Abschlusses auf 200 Schuh verringert. Beibehalten ist aber die innere Aufteilung des Hofes mit dem Garten in der rechten oberen Ecke, ergänzt durch den unabdingbaren Brunnen, der auch im Grundriss 2° Ms. Hass. 107 [270]eingezeichnet ist.

 

2° Ms. Hass. 107 [269]

Landgräflicher Gutshof

Die mit einem sorgfältig bezifferten Maßstab in Schuh und Ruten versehene Darstellung mit der Bezeichnung "der Mittelhof bey / der Carthause wie er / mit der mauren wieder Zu / richt[en]", zeigt den Hof aus der gleichen Perspektive wie 2° Ms. Hass. 107 [240] recto, unten rechts. Auch hier erscheinen die beiden Gebäude, - der große Scheunenbau auf der linkenmit zwei großen Einfahrten auf der Hofseite und das kleinere Fachwerkhaus mit rückwärtigem Anbau auf der rechten Seite – mitsamt dem durch die Aufböschung abgetrennten Garten  in gleicher Anordnung. Die von Landgraf Moritz geplante Einfriedung wird aber in diesem Entwurf durch kleine Eckpavillons akzentuiert, wie sie in ähnlicher Form auch im Grundriss  2° Ms. Hass. 107 [270] dargestellt sind. Der Eingang auf der unteren Seite rückt in dieser Variante auf die rechte Seite, wodurch auf der linken ein größerer Garten neben der „schaf Wiese“ möglich wird.

 

2° Ms. Hass. 107 [270]

Landgräflicher Gutshof, Grundriss

In diesem sorgfältig angelegten Grundriss gibt Landgraf Moritz der Hofanlage eine regelmäßigere Form, indem er sie mit einer rechteckigen Einfassung umgibt  und  durch ein zentrales Hofportal mit flankierenden Gebäuden in der unteren Mauer zugänglich macht. Quadratische Pavillons an den Ecken und am oberen Eingang verstärken die Tendenz zu einer repräsentativen Aufwertung dieses Hofes.

Anhand der Beschriftung der Räume in den beiden Hofgebäuden lassen sich ihre Funktionen erschließen. Das große Scheunengebäude auf der linken Seite ist in große Abschnitte unterteilt,  während das kleiner Gebäude rechts neben der Küche und Stuben auch noch kleine Ställe enthält. Die beiden neuen Häuser am Eingang („Ackerhaus“) enthalten Unterteilungen, die eine Nutzung als Pferdestall gestatten.

 

2° Ms. Hass. 107 [342] verso, unten links

Landgräflicher Gutshof

Die kleine Zeichnung auf einem Blatt mit mehreren Darstellungen von Bauwerken  (Weissenstein, Melsungen, Fahre) zeigt eine weitere Variante der von Moritz geplanten Einfriedung des Mittelhofes. Auch hier liegt der Eingang auf der unteren Seite zentral, flankiert jedoch von zwei zweigeschossigen Eckhäusern, die das Motiv der Eckpavillons durch Anbauten entlang der Mauer ausbauen und dem Hof einen stärker befestigten Charakter verleihen.

 


[348] Heimerich 1979, S. 208

[349] Reimer 1926, S. 526

[350] lt. Aussage von Dr. U. Klein vom  Freien Institut für Bauforschung und Dokumentation Marburg  Datierung nach dendrochronologischer Untersuchung 1653