Antrittsvorlesung Dr. Inka Sauter: Grimmsche Wörterbuchmenschen: Franz Rosenzweig und Martin Buber

Bild: privat

Die Universität Kassel hat Dr. Inka Sauter zur Franz-Rosenzweig-Gastprofessorin für das Jahr 2025 berufen. Sie ist Wissenschaftliche Mitarbeiterin am Lehrstuhl für Jüdische Religionsphilosophie an der Goethe-Universität Frankfurt. Derzeit arbeitet Inka Sauter an ihrer Habilitation zum Thema „Die historische Semantik der Buber-Rosenzweig-Bibel“. Ihre öffentliche Antrittsrede mit dem Titel „Grimmsche Wörterbuchmenschen: Franz Rosenzweig und Martin Buber“ findet am 14. Mai 2025 um 18 Uhr c.t. in Raum 0019 (Erdgeschoss), Kurt-Wolters-Str. 5 statt.

Zur Ankündigung der Antrittsvorlesung heißt es:

"Gemeinsam mit Franz Rosenzweig begann Martin Buber Mitte der 1920er Jahre, den Tanach ins Deutsche zu übersetzen; zehn Bände übertrugen sie in engem Austausch, bevor Rosenzweig im Dezember 1929 starb. Buber setzte die Arbeit bis zu seiner Emigration im Frühjahr 1938 alleine fort. Er vollendete sie jedoch erst zu Beginn der 1960er Jahre, nach einer langen Unterbrechung und Revision der bereits veröffentlichten Teile. Mit Die Schrift legten Buber und Rosenzweig ein epochales Werk vor; ihr Ziel war nichts Geringeres, als den ursprünglichen biblischen Gehalt in ihrer und für ihre Zeit wieder vernehmbar zu machen. Dafür zogen sie die kanonischen Wörterbücher der deutschen Sprache heran – allen voran jenes von Jacob und Wilhelm Grimm. Eine vorausgegangene Faszination für die Wörterbücher ebnete den Weg zur Übersetzung und wurde im Prozess zu einem zentralen Bestandteil der sprachphilosophischen Reflexion. In diesem Sinne bezeichnete sich Rosenzweig Ende Dezember 1925, kurz nach dem Erscheinen des ersten Bandes der Bibelübersetzung, als „Grimmschen Wörterbuchmenschen“ und auch auf Buber traf diese Beschreibung zu – obgleich anders als auf Rosenzweig. Auf ihre je eigene Weise drangen sie in die historischen Tiefenschichten der deutschen Sprache vor. Der Vortrag widmet sich diesen „Wortspuren“, durch die Buber und Rosenzweig deutsch-jüdischer Zugehörigkeit neuen Ausdruck zu geben suchten."

 

Inka Sauter promovierte 2019 an der Universität Leipzig im Fachbereich Geschichte zum Thema „Offenbarungsphilosophie und Geschichte. Über die jüdische Krise des Historismus“. Während ihrer Promotionszeit forschte sie am Leibniz-Institut für jüdische Geschichte und Kultur – Simon Dubnow in Leipzig. Internationale Forschungserfahrung sammelte Inka Sauter als Postdoc-Fellow am Franz Rosenzweig Minerva Research Center an der Hebrew University of Jerusalem. Ihre wissenschaftlichen Schwerpunkte liegen in der jüdischen Geistesgeschichte und Philosophie der Moderne, der deutsch-jüdischen Geschichte des 19. und 20. Jahrhunderts sowie in der historischen Semantik und Begriffsgeschichte.

 

„Franz Rosenzweigs Werk übt eine ungebrochene Faszination aus“

„Es ist eine besondere Ehre, im Namen von Franz Rosenzweig forschen und lehren zu dürfen“, erklärt Sauter. „Sein Denken eröffnet nicht nur neue Perspektiven auf die jüdische Geistesgeschichte, sondern liefert zugleich bedeutende Impulse für die Reflexion über Fragen jüdischer Zugehörigkeit und Philosophie sowie für die Bewältigung gesellschaftlicher Herausforderungen.“

Im Rahmen ihrer Gastprofessur wird Inka Sauter im Sommersemester 2025 fernerhin zwei Seminare mit den Titeln „Gemeinschaftsphilosophie und -kritik im 20. Jahrhundert“ und „Sprachbilder deutsch-jüdischer Zugehörigkeit“ an der Universität Kassel anbieten. Diese werden sich mit zentralen Aspekten der jüdischen Geistesgeschichte und Philosophie befassen. Beide Veranstaltungen stehen Studierenden aller Fachrichtungen offen.

 

Hintergrund

Die Franz-Rosenzweig-Gastprofessur wurde 1987 an der Universität Kassel gegründet und ist nach dem jüdischen Religionsphilosophen Franz Rosenzweig (1886–1929) benannt. Mit seinem Hauptwerk „Der Stern der Erlösung“ und seiner Zusammenarbeit mit Martin Buber leistete Franz Rosenzweig entscheidende Beiträge zur Philosophie des Dialogs und zur jüdischen Geistesgeschichte. Ziel der Professur ist es, das Werk und Vermächtnis des in Kassel geborenen Philosophen zu ehren und die wissenschaftliche sowie kulturelle Auseinandersetzung mit jüdischer Kultur und Philosophie zu fördern. Seit ihrer Gründung wird die Professur jährlich zum Sommersemester verliehen und trägt dazu bei, die durch den Nationalsozialismus weitgehend zerstörte Kultur des europäischen Judentums zu bewahren und die Auseinandersetzung mit der jüdischen Gegenwart zu intensivieren.

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