Dissertationsprojekt (abgeschlossen)

„Generationalität und Gewalt in Kriegergruppen des vorkolonialen Ostafrika.“
Das Verhältnis zwischen den Generationen ist ein grundlegendes Phänomen menschlichen Zusammenlebens. Im Ostafrika des 19. Jahrhunderts war die Beziehung zwischen Alt und Jung ein Bereich des Gemeinwesens, der von der Autorität des Älteren geprägt war und durch soziale Konventionen geregelt wurde. Initiations- und Übergangsriten schrieben diese Altersorganisation fort und boten Verhandlungsräume für die Beziehung zwischen den einzelnen Altersgruppen einer jeweiligen Lebensgemeinschaft.
In den Jahrzehnten nach 1850 weiteten sich bestehende lokale und regionale Handelsnetzwerke im Hinterland der ostafrikanischen Küste aus. Durch diese neuen überregionalen Strukturen entstanden Beschäftigungsfelder für die Bevölkerung, welche vorwiegend in dezentral organisierten Gemeinschaften lebte und stark mobilisiert wurde. Der Karawanenhandel bot besonders den jungen Mitgliedern dieser Gemeinschaften die Möglichkeit, auf Reisen zu gehen und selbst vom Umfeld der ausgeweiteten Handelsnetzwerke zu profitieren. Auch der Umgang mit Gewalt veränderte sich in dieser Zeit und führte zu einer weiten Verbreitung von Schusswaffen sowie zur stärkeren Mobilisierung und Professionalisierung von Kriegergruppen.
Das Dissertationsprojekt untersucht, wie sich die Autoritätsverhältnisse zwischen den Generationen innerhalb bestehender Gemeinschaften veränderten und welche Rolle Gewalt in diesen Zusammenhängen spielte. Wie wurde sie benutzt, wie und in welchem Kontext wurde Gewalt angedroht, wie veränderte sich die Rolle dessen, der Gewalt anwendete? Diese Fragen beziehen sich auf den Wandel tradierter Formen des Umgangs mit Gewalt, die Bedeutung von Schusswaffen, eventuelles Unterlaufen der Generationenordnung durch junge Krieger sowie das mögliche Vordringen junger Menschen in Bereiche, die traditionell für Ältere reserviert waren. Gegenstand der Untersuchung sind ostafrikanische Kriegergruppen und deren Selbstverständnis, innere Organisation und Wandel im Zuge der Umwälzungsprozesse des 19. Jahrhunderts.