Simon Kleinert
Ehrfurcht vor dem Leben? Der diachrone, reziproke Aushandlungsprozess der Tier-Mensch-Verhältnisse der ersten deutschen Vegetarismusbewegung von ca. 1850-1935.
Das Projekt analysiert die Rolle von Tieren im Umfeld der Vegetarismusbewegung. Dabei werden die Aushandlungsprozesse des Verhältnisses von Menschen zu Tieren als diachron und reziprok gelesen. Das bedeutet einerseits, dass ein zeitlicher Wandel in den vorherrschenden Beziehungen zu Tieren zu beobachten ist. Andererseits, bezogen auf den Punkt der Reziprozität, dass der menschliche Blick auf Tiere durch die Tiere selbst beeinflusst wurde, aber auch, dass menschliche Handlungen das Leben von Tieren beeinflussten. Die Tier-Mensch-Verhältnisse werden auch vor dem Spiegel vegetarischer Utopien betrachtet, die Tiere manchmal als dem Menschen gleichgestellt, manchmal als dem Menschen klar untergeben darstellten. Die Utopien und die damit verbundenen Tierbilder und Tiersymboliken bilden die “ideelle” Ebene der Analyse. Auf dieser geht es darum, den Blick vegetarisch lebender Menschen auf Tiere herauszuarbeiten. Das gelebte Verhältnis zwischen Vegetarier:innen und Tieren bildet die materielle Ebene. Hier wird untersucht, wie die Vorstellungen der Vegetarier:innen sich körperlich auf Tiere auswirkten und andersherum, wie die körperliche Interaktion von Mensch und Tier den deutschen Vegetarismus beeinflusste.
Zur Person:
Simon Kleinert wurde 1993 in Fulda geboren. Von 2013 bis 2020 studierte er Anglistik, Geschichte und Bildungswissenschaften an der Universität Trier. Seit Februar 2021 promoviert er im Bereich der Sozial- und Kulturgeschichte mit besonderem Fokus auf Tiergeschichte und Human-Animal Studies.