Das Molekül HOOD - Interner Rotor und interstellares Molekül
Die im Jahr 2012 neu gegründete Kasseler Laborastrophysik-Gruppe widmet sich in einem ihrer Projekte der einfach deuterierten Form von Wasserstoffperoxid: Dem Molekül HOOD.
In diesem Molekül ist im Gegensatz zu Wasserstoffperoxid HOOH ein Wasserstoffatom durch ein Deuterium-Atom (schwerer Wasserstoff) ersetzt.
Dieses Molekül liegt in seinem Vibrations-Grundzustand (d.h. wenn es keine internen Schwinungen vollführt) in zwei chiralen (spiegelbildlichen) Formen vor, die ineinander übergehen können und nur durch eine ungewöhnlich niedrige Energiebarriere voneinander getrennt sind. Aus diesem Grund reicht relativ wenig Energiezufuhr aus, um HOOD diese Barriere überwinden zu lassen und es zu internen Rotationen anzuregen. Dabei drehen sich die OH- und OD-Untergruppen um die OO-Achse des Moleküls.
Dadurch, daß HOOD so leicht zu interner Rotation angeregt werden kann und weil es als vieratomiges Molekül die einfachst mögliche Form eines internen Rotor-Moleküls darstellt, ist es ein ideales Studienobjekt, um die interne Dynamik molekularer Systeme zu ergründen.
Interne Rotor-Moleküle haben ein deutlich komplexeres Spektrum als „starre“ Moleküle. Wenn man das Spektrum eines solchen Moleküls aufzeichnet und analysiert, kann man viele Informationen über die Gesetzmäßigkeiten der internen Rotation gewinnen.
Abgesehen von der Bedeutung, die die Analyse des HOOD-Spektrums für die Molekülphysik hat, ist das Molekül auch von astrophysikalischem Interesse. Die undeuterierte Form HOOH wurde im Jahr 2011 erstmals von P. Bergman et al. im interstellaren Medium nachgewiesen. Es gilt unter anderem als ein wichtiger Indikator für die Bildung von Wasser im Weltraum, dessen Entstehungsprozeß im interstellaren Medium noch nicht vollständig geklärt ist.
Im Rahmen unseres HOOD-Projekts wurden umfassende Messungen des Rotations-Vibrations-Spektrums des Moleküls an der Teilchenbeschleuniger-Anlage "SOLEIL" in Frankreich durchgeführt. Darüberhinaus werden in den Laboren unserer Arbeitsgruppe in Kassel sowie im Rahmen einer engen wissenschaftlichen Kooperation in den Laboren der Laboratory Astrophysics-Gruppe der Universität zu Köln weitere, höher aufgelöste Messungen besonders interessanter Bereiche des Spektrums vorgenommen.
Die Messungen und die Analyse der Daten werden im Rahmen einer Doktorarbeit vorgenommen und versprechen neue Erkenntnisse zur internen Rotation von HOOD im Speziellen und den Gesetzmäßigkeiten der internen Dynamik von Molekülen im Allgemeinen.
Als „Krönung“ des Projekts wird in Kooperation mit beobachtenden Astronomen Meßzeit am 30m-IRAM-Teleskop in der Sierra Nevada / Spanien beantragt werden. Mithilfe der im Labor gewonnenen Kenntnisse über das HOOD-Spektrum werden wir versuchen, das Molekül im interstellaren Medium nachzuweisen.
Zu diesem Projekt haben wir eine interessante, experimentelle Masterarbeit zu vergeben.
Ausschreibung der Masterarbeit zu HOOD.
Kontakt zur Projektleiterin und die Masterarbeit betreuenden Doktorandin:
herberth[at]physik.uni-kassel[dot]de