Ringvorlesung WS 2017/2018:
Digitale Gesellschaft - eine Gestaltungsaufgabe
Das Wissenschaftliche Zentrum für Informationstechnik-Gestaltung (ITeG) der Universität Kassel veranstaltet im Wintersemester 2017/2018 in Kooperation mit der Gesellschaft für Informatik (GI) eine Ringvorlesung, welche die Dimensionen der Gestaltung einer digitalisierten Gesellschaft zum Thema hat. Die einzelnen Vorlesungen beginnen in der Regel mittwochs um 17.00 Uhr und finden im Konferenzraum des ITeG (Raum 0420, Pfannkuchstraße 1, 34121 Kassel) statt. Themen und Kurzfassungen zu den Vorträgen finden Sie hier.
28.09.2017 (Donnerstag) |
Professor Robert O. Briggs, San Diego State University „A Field Experiment to test the Yield Shift Theory of Satisfaction“ |
Die Gesellschaft kann das Potenzial von Informationssystemen (IS) nur dann voll ausschöpfen, wenn die IS-Stakeholder zufrieden sind. Drei Forschungsergebnisse belegen dies: a) Erfolg und Misserfolg millionenschwerer Systeme hängen mit der Zufriedenheit der Stakeholder zusammen; b) die Leistung und Bindung wichtiger IS-Fachleute steht in einem negativen Verhältnis zu Arbeitsstress und Burnout, die bei schrumpfender Erwerbsbevölkerung zunehmen; und c) der 4 Billionen Dollar schwere globale E-Commerce-Markt hängt von der Treue und den Wiederkaufsentscheidungen der Kunden ab, die wiederum mit der Zufriedenheit zusammenhängen. IS-Forscher untersuchen die Zufriedenheit aus verschiedenen Blickwinkeln, z. B. Assimilation, Diskonfirmation, allgemeine Negativität, Attributmodelle und Zielerreichung, um nur einige zu nennen. Die verschiedenen Modelle führen zu widersprüchlichen, sich sogar gegenseitig ausschließenden Vorhersagen, und doch gibt es jahrzehntelange überzeugende Beweise, die jedes einzelne Modell unterstützen. Zusammengenommen verdeutlichen diese Modelle die Komplexität der Zufriedenheitseffekte. Keines dieser Modelle ist jedoch allgemein genug, um alle Zufriedenheitsreaktionen unter allen Bedingungen für alle Zufriedenheitsobjekte vorherzusagen und zu erklären. Die Yield Shift Theory of Satisfaction (YST) ist ein allgemeines Modell zur Vorhersage und Erklärung des Beginns, der Richtung und des Ausmaßes von Zufriedenheitsreaktionen auf beliebige Zufriedenheitsobjekte unter beliebigen Bedingungen. In diesem Vortrag werde ich die Logik der YST darlegen und dann das erste formale Experiment vorstellen, mit dem ihre Gültigkeit getestet wird. Die Studie testet die aus dem vierten YST-Axiom abgeleitete Ziel-Ersatz-Vermutung. Dieses Axiom ist das am meisten kontraintuitive Axiom der YST und daher ein interessanter Ausgangspunkt für die Suche nach einem Bruch der Theorie. Es gibt wenig, was wir tun, das nützlicher ist und mehr Spaß macht, als die Logik einer neuen Theorie zu diskutieren. Der Vortrag wird auf Englisch gehalten. | |
18.10.2017 |
Prof. Dr. Shizuo Fujiwara, Chuo-Universität Tokyo „Das neue japanische Datenschutzrecht" |
Die Datenschutz-Grundverordnung dominiert die Datenschutzdebatte in Deutschland und in der Europäischen Union. Auch in Japan wurde das Datenschutzrecht einer grundlegenden Reform unterzogen, die kürzlich in Kraft getreten ist. Die Ziele waren ähnlich wie in Europa eine Modernisierung des Datenschutzrechts, aber auch die Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit der japanischen Wirtschaft im digitalen Zeitalter. Zugleich reagiert die japanische Regierung mit der Reform auf eine Reihe von Datenskandalen. Ein weiteres und ganz wesentliches Ziel ist die Angleichung des japanischen Datenschutzrechts an das europäische Recht, um einen erleichterten Datentransfer zwischen Japan und der EU zu ermöglichen. Der Beitrag erläutert die wesentlichen Änderungen der Reform, gibt Hintergründe zu ihrer Entstehung und zeigt den kulturellen Kontext auf. | |
29.11.2017 |
Prof. Dr. Kerstin Jürgens, Inst. für Soziologie, Universität Kassel "Arbeit in der digitalen Transformation - Herausforderungen und Gestaltungsoptionen" |
Der technologische Fortschritt eröffnet viele Möglichkeiten, Arbeit neu zu gestalten. Dies reicht von Arbeitsinhalten über Prozessabläufe und Kooperationsweisen bis hin zur formalen Einbettung von Erwerbsarbeit. Zugleich aber ergeben sich neue Geschäfts- und Produktionsmodelle; Umbrüche am Arbeitsmarkt sind absehbar und auch in der konkreten Arbeitsorgansiation stellen sich viele Fragen rund um den Umgang mit Arbeitskraft und den Einsatz des Menschen in neuer Brisanz. Der Vortrag leuchtet dieses Spannungsverhältnis von Chancen und Risiken aus und zeigt, wo die Debattenlinien gegenwärtig in Deutschland verlaufen. Die Referentin gibt Einblick in die Arbeit von Expertenkommissionen und zeigt auf, welche Herausforderungen sich ergeben und wie sich hierauf reagieren lässt | |
20.12.2017 |
Prof. Dr. Dennis Kundisch, Universität Padeborn "Platform Revolution - Wie digitale Plattformen den Wettbewerb grundlegend verändern" |
Internetplattformen wie Google, Amazon und Facebook gehören zu den erfolgreichsten und am schnellsten wachsenden Firmen weltweit. Die einzigartigen ökonomischen Mechanismen, welche sich Plattformen zu Nutzen machen - insbesondere Netzwerk- und Skaleneffekte - haben es diesen Firmen erlaubt, sich jeweils eine monopolartige Stellung zu verschaffen. Dieser Vortrag beleuchtet diese Wirkmechanismen an ausgewählten Beispielen und verdeutlicht die Implikationen einer Plattformstrategie für einzelne Firmenfunktionen. Zudem wird thematisiert, wie Firmen mit klassischen Organisationsstrukturen von erfolgreichen Plattformen lernen können. | |
17.01.2018 |
Prof. Dr. Michael Waidner, TU Darmstadt/Frauenhofer SIT „Security at Large“ |
Die Digitalisierung und die ihr zugrundeliegenden Informations- und Kommunikationstechnologien (IKT) sind von zentraler Bedeutung für Gesellschaft, Staat und Wirtschaft. Die Medien berichten regelmäßig über Cyberkriminalität, Identitätsdiebstahl, Cyberspionage und Eingriffe in die Privatsphäre. All dies legt die Befürchtung nahe, die Entwicklung von Cybersicherheit und Privatsphärenschutz hinkten der Digitalisierung hinterher. Vor diesem Hintergrund diskutieren wir den Stand der Cybersicherheit und die Gründe für die Angreifbarkeit von IT-basierten Systemen. Für die Forschung wird die Notwendigkeit abgeleitet, sich mehr auf die empirische Erforschung der Sicherheit großer, realer Systeme und deren evolutionäre Verbesserung zu konzentrieren -- also auf "Security at Large". Als Beispiel werden zwei Projekte des Fraunhofer SIT vorgestellt, der Mechanical Pentester zur Analyse der Sicherheit im Internet, und die Volksverschlüsselung, die flächendeckend und für jede und jeden benutzbar Ende-zu-Ende-Verschlüsselung für E-Mail und andere Dienste ermöglichen soll. Abschließend wird diskutiert, was passieren sollte, um Innovation in Deutschland und Europa zu fördern und der Idee einer digitalen Souveränität etwas näher zu kommen. |