Delinquenz durchkreuzt staatliche Souveränität, besonders dort, wo Gangs oder kriminelle Organisationen staatliche Domänen usurpieren – Gewalt- und Sicherheitsmonopol – oder darüber hinaus aus welchen Gründen auch immer sogar ‚sozialpolitische‘ Maßnahmen ergreifen. Die Erzählliteratur nimmt diese kriminellen Subjekte, die sich rund um den Drogenhandel und -schmuggel konstituieren, schon seit längerem in den Blick, die einschlägige Forschung zu diesem Genre ist beachtlich angewachsen.
Der Roman Trabajos del reino (2003, dt. Der Abgesang des Königs, 2011) des mexikanischen Schriftstellers Yuri Herrera bringt durch die Metapher des Königs, die auf einen Drogenboss angewandt wird, die Frage nach den Machtfaktoren kleiner Souveränität auf den Punkt. Neoliberale Regime in Lateinamerika – so deuten Romane wie derjenige Herreras an – bilden nicht nur den Hintergrund, sondern bereiten durch Begünstigung von Pauperisierung den Nährboden für Delinquenz, sie fördern allerdings darüber hinaus ökonomische Subjektentwürfe, die sozialen Aufstieg in Aussicht stellen (Santos López 2021). Zugleich wird häufig erkennbar, dass Akteuer:innen der organsierten Drogenkriminalität mit neuerworbener Finanzmacht den Rückweg in eine bürgerlich-ökonomische Gesellschaft anstreben.
Die Narco-Literatur hat längst die audiovisuelle Unterhaltungsindustrie erreicht. Serien wie Narcos (2015-17) erweisen sich hinsichtlich der Zeichnung kleiner Souverän:innen als aufschlussreich. Aber hierbei handelt es sich nur um das bekannteste Beispiel.