Naturkunde
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Vitrine 10
Einführung
Diese Vitrine zeigt die Entwicklung und den stilistischen Wandel naturwissenschaftlicher und künstlerischer Tierdarstellungen vom späten Mittelalter bis in die Renaissance. Das ‚Bestiarium aus Peterborough‘ [41] beinhaltet traditionell spätantikes naturkundliches und mythologisches Wissen über Aussehen und Verhaltensweisen wirklicher und fabelhafter Tiere. Dabei werden die beschriebenen Eigenschaften stets in einen christlich-moralischen Kontext gesetzt.
Das ‚Vogelbuch von Conrad Gessner‘ [38] markiert den Übergang von der allegorischen zur empirischen Beschreibung der Tiere und legte damit den Grundstein für ein neues Verständnis der Naturwissenschaften, in der die Tiere zunehmend als biologische Wesen in ihrem natürlichen Umfeld betrachtet wurden. Im Vergleich zu den vorherigen Werken zeichnet sich das Musterbuch [42] durch seinen künstlerischen Fokus aus, wobei die anatomische Genauigkeit und die Detailtreue der Tiere im Vordergrund stehen. Das ‚Vogel- Fisch-, und Thierbuch‘ [40] ist beides: ein wichtiges Werk früherer moderner Zoologie durch die Beschreibungen heimischer Tiere und ihrer Lebensweisen und Kunstwerk durch die detaillierten Illustrationen der beschriebenen Tiere in ihrem natürlichen Lebensraum.
Da Vincis Beobachtungen und technische Zeichnungen über den Vogelflug [39] ist ein Musterbeispiel für die fortschreitende wissenschaftliche Betrachtung der Tiere und ihren Nutzen für den Menschen. In seinen Zeichnungen untersuchte er nicht nur die Anatomie und den Flug von Vögeln, sondern versuchte auch, die Prinzipien des Vogelflugs auf Maschinen zu übertragen.
Objekte
Vitrine 10, Objekt 38
[38] Vogelbuch von Conrad Gessner
Erstdruck 1557
Zürich
Von den Papagayen – S. 94-95 (Doppelseite)
Original: In zahlreichen Bibliotheken nachgewiesen
– Faksimile: Stocker-Schmid, Dietikon-Zürich 1969
Vitrine 10, Objekt 39
[39] Codex vom Flug der Vögel
1505 – 1506
Nord-Italien
Zeichnungen mechanischer Flügel – fol. 16v-17r (Doppelseite)
Original: Turin, Biblioteca Reale, MsVaria95
– Faksimile: Popp-Verlag, Würzburg 1978
Vitrine 10, Objekt 40
[40] Leonard Baldner: Vogel- Fisch und Thierbuch
1666
Straßburg
Seemöwe – fol. 60r (rechte Seite)
Original: UB/LMB, Kassel – 2° Ms. phys. et hist. nat. 3
– Faksimile: Müller & Schindler, Simbach a. Inn 1972
Vitrine 10, Objekt 41
[41] Bestiarium aus Peterborough
1300 – 1310
Ost-England
Einhorn – fol. 190v (linke Seite)
Elefant – fol. 191r (rechte Seite)
Original: Cambridge, Parker Library of Corpus Christi College, Ms. 53
– Faksimile: Salerno-Verlag, Rom bzw. Faksimile-Verlag, Luzern 2004
Vitrine 10, Objekt 42
[42] Musterbuch des Giovannino de Grassi
1398
Mailand
Exotische und heimische Tiere – fol. 4v-5r (Doppelseite)
Original: Bergamo, Biblioteca Civica ‚Angelo Mai‘, Cassaf. 1.21
– Faksimile: Faksimile-Verlag, Luzern 1998
Vitrine 11
Einführung
Die Verbindung alchemischer und kräuterkundlicher Lehre zwischen dem 15. und 16. Jahrhundert spiegelt die zunehmende Synthese von mystischer Philosophie, naturwissenschaftlicher Beobachtung und medizinischem Wissen wider. Die Philosophie der Alchemie suchte nicht nur nach der Herstellung des „Steins der Weisen“ oder der Transmutation von Metallen in Gold, sondern erforschte auch Einflüsse der Naturelemente auf das Leben der Menschen.
Diese Vitrine zeigt unter anderem den Codex ‚Splendor Solis‘ [44 und 46], ein prachtvolles Werk aus dem späten 15. Jahrhundert, in dem alchemistische Prozesse, wie die Herstellung des Steins der Weisen, beschrieben und in meisterhaft illustrierten Miniaturen in Szene gesetzt werden. Auch Botanik und Kräuterkunde waren zentraler Bestandteil der Entwicklung alchemischer Prozesse. Das ‚Voynich-Manuskript‘ [43], ein rätselhaftes Werk in Geheimschrift verfasst, enthält neben alchemischen oder botanischen Illustrationen auch astrologische, astronomische und medizinische Abbildungen, wie die Darstellung von badenden Frauen in Teichen oder Thermalbädern neben einem Tierkreiszeichen.
In der Handschrift ‚Dioskurides von Cibo und Mattioli‘ [45] einer alchemistischen und medizinischen Sammlung aus dem 16. Jahrhundert, findet sich eine detaillierte Übersicht über die Heilkräfte von Pflanzen und Substanzen, die den Alchemisten als Mittel zur Erreichung von transzendenten Zielen dienten. Die Arbeit von Pietro Andrea Mattioli kombiniert die antiken Lehren von Dioskurides mit alchemistischen Ideen und verdeutlicht, wie die Alchemie die medizinischen und chemischen Praktiken beeinflusste und den Weg zur modernen Chemie ebnete.
Objekte
Vitrine 11, Objekt 43
[43] Voynich-Manuskript
Ende 15. / 16. Jh.
Prag
Badende Frauen – fol. 74r (rechte Seite)
Original: New Haven (CT, USA), Yale University, Beinecke Rare Book and Manuscript Library, Ms 408
– Faksimile: Favoriten-Presse, Berlin 2022
Vitrine 11, Objekt 44
[44] Splendor Solis (London)
1582
Deutschland
Königspaar – fol. 10r (rechte Seite)
Original: London, British Library, Ms. Harley 3469
– Faksimile: M. Moleiro, Barcelona 2010
Vitrine 11, Objekt 45
[45] Dioscurides von Cibo und Mattioli
um 1564 - 1584
Mittelitalien
Gewöhnliche Haselwurz – fol. 92r (rechte Seite)
Original: London, British Library, Add. Ms. 22332
– Faksimile: M. Moleiro, Barcelona 2021
Vitrine 11, Objekt 46
[46] Splendor Solis (Berlin)
um 1531 – 1532
Nürnberg/Augsburg
Merkur und seine Kinder – fol. 55r (rechte Seite)
Original: Berlin, Kupferstichkabinett Staatliche Museen,
Cod. 78 D 3
– Faksimile: Wissen-Media-Verlag, Gütersloh 2005
Vitrine 12
Einführung
Diese Vitrine zeigt einen kurzen Exkurs in die spätmittelalterliche Entwicklung der Medizin im Umbruch zwischen natürlicher Pflanzenheilkunde, dem Glauben an christlich-spirituelle Heilung und den ersten Beiträgen praktischer, medizinischer Techniken. Die ‚Abhandlung über Heilpflanzen‘ [47] enthält Beschreibungen und farbenfrohe Miniaturen über Pflanzen und Kräuter, die im Mittelalter zur Heilung von Krankheiten und kleineren Beschwerden genutzt wurden.
Auch astrologische Aspekte waren Bestandteil des mittelalterlichen Verständnisses von Medizin. Der ‚Tierkreiszeichenmensch‘ [48] verdeutlicht diese Verbindung, indem er zeigt, welche Körperteile in bestimmten Zeiten des Jahres besonders anfällig für Krankheiten oder Heilung sind, abhängig von den astrologischen Konstellationen. Die ‚Zisterne von Bethesda‘ [49] dagegen stellt ein eher christlich-spirituelles Verständnis von Heilung dar. Als heilende Quelle im Johannesevangelium erwähnt, dient die Darstellung der Zisterne als visuelle Metapher für den heilenden Aspekt von Wasser und die Verbindung von göttlicher Intervention und medizinischer Heilung.
Doch neben astrologischen oder christlich geprägten Verständnissen von Medizin gewann auch die praktische und technische Anleitung von chirurgischen Eingriffen zunehmend an Bedeutung. ‚Chirurgia‘ [50] ist ein wichtiges medizinisches Manuskript aus dem späten Mittelalter, das vor allem chirurgische Praktiken und Techniken durch Miniaturen beschreibt. Es handelt sich dabei um eine besondere medizinhistorische Quelle, die Einblicke in die chirurgischen Kenntnisse der Zeit bietet und die Entwicklung der modernen Chirurgie maßgeblich beeinflusste.
Objekte
Vitrine 12, Objekt 47
[47] Abhandlung über Heilpflanzen (Tractatus de Herbis)
1140
Lombardei
Von Schafgarbe bis Myrte – fol. 60v-61r (Doppelseite)
Original: London, British Library, Sloane Ms. 4016
– Faksimile: M. Moleiro, Barcelona 2011-2013
Vitrine 12, Objekt 48
[48] Très Riches Heures des Duc de Berry
1414-1416 und 1485-1489
Frankreich
Tierkreiszeichenmensch – fol. 14v (linke Seite)
Original: Chantilly, Musée Condé, Ms. 65
– Faksimile: Faksimile-Verlag, Luzern 1984
Vitrine 12, Objekt 49
[49] Turin-Mailänder Stundenbuch
zwischen 1380/90 – 1440
Paris und Flandern
Zisterne Bethesda – fol. 109v (linke Seite)
Original: Turin, Museo Civico d'Arte Antica, Inv. nr. 47;
Paris, Musée du Louvre, RF 2022-2025; Turin, Biblioteca Nazionale Universitaria, MS K.IV.29
– Faksimile: Faksimile-Verlag Luzern, 1996
– Digitalisat einzelner Seiten auf der Seite Closer to van Eyck
Vitrine 12, Objekt 50
[50] Chirurgia (La Chirurgie)
letztes Viertel 13. / erstes Viertel 14. Jh.
Frankreich
Chirurgische Eingriffe – fol. 6v-7r (Doppelseite)
Original: London, British Library, Codex Sloane 1977
– Faksimile: Editions Medicina Rara, Stuttgart 1980