Trauer um Roland Höhne
In jungen Jahren wechselte er über die innerdeutsche Grenze, lebte für ein Jahr in den USA und studierte Politikwissenschaften in Paris. 1968 wurde er an der FU Berlin mit einer historisch-politologischen Arbeit über das Verhältnis von Gesellschaftssystem und Außenpolitik im Frankreich der 1930er Jahre promoviert.
Dem Schwerpunkt Frankreich blieb er in der Folge treu, mit zunehmender Fokussierung auf politisch brisanten Fragen der Gegenwart wie dem Wiedererstarken des Rechtsextremismus, dem Spannungsverhältnis von multikultureller Gesellschaft und unteilbarer Republik, dem politischen Reformstau und der Distanz zwischen Bürger und Staat. Ein besonderes Augenmerk galt über die Jahre hinweg dem Elysée-Vertrag, der 1963 den Grundstein für die deutsch-französische Freundschaft gelegt hatte und seither in vielfältiger Weise Austausch und Dialog beförderte. Als Höhne 1981 auf die Professur für romanische Landeswissenschaft an die (damals noch) Gesamthochschule Kassel berufen wurde, stand die Befähigung zum Dialog im interkulturellen Austausch auch in der Lehre für ihn ganz obenan. Auf studentischer Seite kam dieses Engagement immer hervorragend an und motivierte nicht wenige, nach dem Studium in der Wissenschaft oder der Lehre tätig zu sein.
Bundesweit wegweisend für den Dialog zwischen verschiedenen Fächern und Fachgebieten war die von ihm zusammen mit Prof. Ingo Kolboom (TU Dresden) angestoßene Debatte über die Landeswissenschaft als Teildisziplin der Romanistik (Von der Landeskunde zur Landeswissenschaft, 1982), die dem interdisziplinären Kasseler Diplomstudiengang Wirtschaftsromanistik wertvolle Anregungen verdankte und ihn seinerseits weiter profilierte. Und als sich in den späten 1990er Jahren der deutsche Romanistenverband nach Sprach- und Kulturräumen zu differenzieren und untergliedern begann, gründete Höhne zusammen mit seinem Kasseler Kollegen Prof. Konrad Schoell den Frankoromanistenverband (FRV), der sofort regen Zulauf fand und bis heute eine wichtige Plattform für den fachwissenschaftlichen Austausch und die Debatte über Status und Bedeutung des Französischen in Politik, Kultur und Gesellschaft bietet.
Der schon sprichwörtlich gewordene Unruhestand, in den Professoren nach ihrer Pensionierung häufig geraten, machte auch Höhne nach der Jahrtausendwende noch einmal zum Grenzgänger. Im Rahmen der vom DAAD geförderten Kurzzeitdozenturen für Hochschullehrer im Ruhestand war er mehrfach zu Gast an russischen Universitäten, um in englischer Sprache französische Landeswissenschaft zu lehren.
Seine ausgeprägte Kollegialität und Verbindlichkeit und die unermüdliche Energie, mit der er seine Begeisterung für alles Interkulturelle zu kommunizieren verstand, wird allen, die näher mit Roland Höhne zu tun gehabt haben, in Erinnerung bleiben.
Prof. Dr. Franziska Sick