Über das Studium hinaus
1980 hieß die Uni Kassel noch Gesamthochschule, der Bundeskanzler Helmut Schmidt, die Partei „Die Grünen“ gründete sich, John Lennon wurde erschossen – und Michaela Claus, Harald Strack und Günther Ziegler begannen in Kassel ihr Studium der Elektrotechnik. Zusammen mit ihren Kommilitonen ist ihnen etwas gelungen, was wohl nur die wenigsten schaffen: nach dem Studienabschluss über all die Jahre in Kontakt zu bleiben und sich einmal im Jahr zu einem Absolventen-Stammtisch zu treffen.
Harald Strack und Günther Ziegler sind die Initiatoren des Stammtisches, dessen Anfänge eigentlich schon in der Studienzeit liegen: „Im Studium haben wir uns in Lerngruppen getroffen, um die Vorlesungsinhalte zu lernen und für Klausuren oder Prüfungen zu pauken“, erzählt Günther Ziegler. Doch auch Pausen waren wichtig: „Die eine oder andere Runde Doppelkopf zwischendurch war schon drin“, lacht Harald Strack.
Diese Runden wollten die frisch gebackenen Diplom-Ingenieure auch nach Ende des Studiums 1985 nicht missen und so wurde ein Stammtisch ins Leben gerufen. Eine kleinere Gruppe von sieben oder acht Männern traf sich anfangs einmal im Monat in der „Zwylle“ in der Goethestraße. Im Laufe der Zeit entwickelte sich dann ein jährliches Treffen, das mittlerweile im „Komödienstadl“ einen festen Ort gefunden hat. Die Zusammensetzung wechselte, Kontakte brachen ab, wurden neu geknüpft, Adressen ausgetauscht. Michaela Claus ist die einzige Frau am Stammtisch: „Das kenne ich schon aus dem Studium, denn auch schon damals war ich die einzige Studentin aus dem Jahrgang“, sagt sie.
Harald Strack und Günther Ziegler ist es zu verdanken, dass die Tradition fortgeführt wird: „Wichtig ist, dass jemand die Initiative ergreift“, erklärt Harald Strack. Um die 20 Ehemalige finden sich jedes Jahr zusammen. Einige wohnen in Kassel oder in der Umgebung, andere hat es in die Ferne verschlagen. Doch für den Stammtisch kommen sie gerne zurück an ihren Studienort. Sie studierten bei so renommierten Figuren wie Werner Kleinkauf, dem Mitbegründer von SMA oder Heinz Theuerkauf. Heute kennzeichnet die Nachhaltigkeitsforschung das Profil der Universität, doch auch schon in den 1980er Jahren forschten die Studierenden der E-Technik beispielsweise an Systemen zur Entwicklung von erneuerbaren Energien.
Die Studierenden begannen ihr Studium 1980 mit einer Besonderheit: Sie waren der erste Jahrgang des integrierten Studiengangs Elektrotechnik. Die damalige Gesamthochschule legte bei den Diplom-Studiengängen viel Wert auf den Praxisbezug. „Wir studierten nicht nur im Hörsaal, sondern auch in Werkstätten und Laboren“, erinnert sich Harald Strack. Zusammen mit einem Kommilitonen entwickelte er ein neuartiges System zur Verbesserung der Batteriequalität. Zudem mussten die Elektrotechnik-Studierenden zwei sogenannte BpS-Semester absolvieren. „Die Berufspraktischen Studien waren für uns sehr hilfreich zur Orientierung, welche Schwerpunkte wir im Studium setzen wollten und in welche Richtung es beruflich gehen sollte“, so Günther Ziegler. Der Berufseinstieg gelang den Kommilitonen ganz unterschiedlich. Während Günther Ziegler und Harald Strack schnell einen guten Job fanden, gestaltete sich das Arbeitsleben für Michaela Claus schwieriger und sie musste häufiger die Stelle wechseln. Daher gibt sie heute den Interessen von Ingenieurinnen eine Stimme und engagiert sich für Chancengleichheit im „Netzwerk Frauen im Ingenieurberuf“ des „Vereins deutscher Ingenieure“. Für den „Deutschen Ingenieurinnenbund“ organisiert sie eine große Tagung, die nächstes Jahr an der Uni Kassel stattfinden wird.
Enge Freundschaften
Am Stammtisch geht es selten um den Beruf und fachliche Inhalte. Vielmehr stehen Erinnerungen an das Studium im Mittelpunkt und die ehemaligen Kommilitonen erzählen sich lustige oder auch nachdenkliche Anekdoten. „Im Laufe der Jahre sind enge Freundschaften entstanden“, erzählt Harald Strack, „wir unternehmen auch unabhängig von den jährlichen Treffen etwas.“ Da mittlerweile viele von ihnen nach einem langen Berufsleben im Ruhestand sind, ist dafür auch wieder mehr Zeit.
Im nächsten Frühjahr steht ein Jubiläum an, dann liegt der Abschluss an der GhK vierzig Jahre zurück. Michaela Claus hat dazu eine Idee: „Wir könnten doch mal in unserer Runde einen Aufruf machen und Fotos sammeln – aus dem Studium und von unseren Stammtischen.“
Dieser Beitrag erschien im Universitäts-Magazin publik 2024/3. Text: Kathrin Meckbach.